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Gymnicher Ritt zu Himmelfahrt: Fast 800 Jahre Tradition

Ein besonderes Brauchtum in Deutschland an Christi Himmelfahrt ist der Gymnicher Ritt. Die Reiter- und Fußprozession fasziniert auch heute noch, sagt Organisationsleiter Joachim Axer im Interview mit dem Kölner Domradio.

Schauen wir in die Geschichte. 1227 soll es die erste Reiter- und Fußprozession gegeben haben. Die Pferde sind die Hauptattraktion beim Gymnicher Ritt. Welchen Ursprung hat dieser Brauch? 

Joachim Axer (Organisationsleiter des Gymnicher Ritts): Der Ursprung liegt im fünften Kreuzzug, als Ritter Arnold von Gymnich, Wilhelm von Jülichs Lehnsmann, Teilnehmer am fünften Kreuzzug war. Die Teilnahme ist durch eine Urkunde belegt, in der Arnold als Zeuge erscheint. 

Beim Rückzug der Ritter aus dem Bereich gerät Arnold in einen Sumpf und droht zu versinken. Daher bittet er Gott, ihm aus dieser Notlage zu helfen und verspricht dafür jährlich eine Prozession um seine Güter in Gymnich. Daraufhin fliegt ein Schilfhuhn auf und erschreckt das Pferd derart, dass es sich aus dem Sumpf aus eigener Kraft befreien kann.

Dieser Brauch hat sich bis ins Jahr 2024 gehalten. Es hat kaum Ausfälle gegeben, oder? 

Axer: Es hat gar keine Ausfälle gegeben. Es sind immer Leute gegangen, selbst in schwierigen Zeiten. Im Dritten Reich durften die Schützen nicht in der Uniform reiten. Da sind sie im Frack und Zylinder geritten. Während der Corona-Pandemie sind die Leute die Prozession in Eigenregie gegangen.

„Es hat gar keine Ausfälle gegeben. Es sind immer Leute gegangen, selbst in schwierigen Zeiten“

In jedem Jahr zieht der Gymnicher Ritt viele Menschen aus der Stadt und der Region an. Welche Bedeutung hat die Veranstaltung für Erftstadt, für Gymnich, für die gesamte Region?

Axer: Für Gymnich ist es eine Veranstaltung der Kirche vor Ort zum Erhalt von Glauben und Tradition. Die besondere Kombination von Glauben und Jahrmarkt zieht auch Leute aus den umliegenden Orten an.

Es werden Pilger unterwegs sein, es werden Pferde unterwegs sein. Sie sind quasi die "Stars" des Gymnicher Ritts. Wie ist der Ablauf am Himmelfahrtstag?

Axer: Am frühen Morgen wird an zwei Sattelplätzen mit dem Aufsatteln gestartet. Wir haben in Gymnich zwei Schützenvereine, das ist auch eine Besonderheit hier. Die Schützenvereine ziehen nacheinander ins Schloss Gymnich und erhalten dort die Schloss-Standarte und die Kreuzpartikel. Kreuzpartikel sind Teile vom Kreuz Christi, die auch ein Gymnicher Ritter im 14. Jahrhundert mit nach Gymnich brachte. 

„Die Pilgerzahlen reduzieren sich schon seit Jahren. Das liegt in der Hauptsache daran, dass der Glaube im Leben der Menschen nicht mehr so eine große Rolle spielt“

Die Reiter ziehen auf den Reitplatz, dort findet die Reitermesse um 9 Uhr statt. Zu dem Zeitpunkt sind die Fußpilger bereits mit ihrer Messe fertig und begeben sich auf die Prozessionsstrecke. Nach der Reitermesse folgen die Reiter den Fußgängern. Beide Gruppen kommen gemeinsam gegen 12.15 Uhr im Ort an. Auf dem Marktplatz erfolgt dann der Schlusssegen. 

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen am Gymnicher Ritt so viele Menschen wie noch nie zuvor teil. 1949 sollen es 3.600 Pilger und fast 500 Reiter gewesen sein. Dieses Niveau konnten sie nicht halten. Woran liegt das? Passen katholisches Brauchtum und kirchliche Krisenzeiten nicht zusammen? 

Axer: Die Pilgerzahlen reduzieren sich schon seit Jahren. Das liegt in der Hauptsache daran, dass der Glaube im Leben der Menschen nicht mehr so eine große Rolle spielt. Wir hatten eine leichte Erholung während des ersten Golfkriegs. Aber zu den Kosten machen wir es lieber mit weniger Pilgern.

2025: 800-Jahr-Jubiläum

Schauen wir auf nächstes Jahr. Da wird das 800-jährige Jubiläum gefeiert. Haben Sie das schon im Blick? 

Axer: Ja, in diesem Jahr haben wir die Besonderheit, dass wir zwei Ritte gleichzeitig vorbereiten, den diesjährigen und den im nächsten Jahr. Wir sind in der Vorplanung. Die konkretisierte Planung beginnt im Juni. Das Ganze soll im nächsten Jahr eine Woche lang mit Feierlichkeiten, Konzerten, Vorträgen und Ausstellungen gefeiert werden. 

Das Interview führte Carsten Döpp für das Domradio

(domradio - sst)

 

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09. Mai 2024, 10:59