Österreichischer Jesuit: Arbeit mit und für Roma im rumänischen Siebenbürgen
Die deutsche Theologin und Sozialarbeiterin Ruth Zenkert gründete „Elijah" 2012. Fast von Anfang an war auch P. Sporschill mit dabei. Inzwischen ist „Elijah" in vielen Dörfern im Harbachtal bei Sibiu aktiv. Ein Mangel an Bildung, Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit kennzeichnet das Leben vieler Roma, von denen immer noch viel zu viele Analphabeten sind. Zehnköpfige Familien leben unter unvorstellbaren Bedingungen in baufälligen Häusern und Hütten mit nur einem Raum. Dass Mädchen mit 13 Jahren verheiratet und dann auch oft gleich schwanger werden, sei ganz normal, berichtet Sporschill im Podcast. „Elijah" geht es in diesem Umfeld vorwiegend darum, die Verwahrlosung der Kinder zu beenden, ihnen einen Schulbesuch zu ermöglichen und Basisfähigkeiten in den Bereichen Hygiene und geregelter Tagesablauf einzuüben. Sporschill: „Wir besuchen die Leute zu Hause und sind viel mit ihnen zusammen. Und dann versuchen wir, um die Kinder zu werben. Wir bieten ihnen in unseren Sozialzentren warmes Essen oder Waschmöglichkeiten und versuchen, sie zum Schulbesuch zu motivieren."
Von der Musikschule zur Schule
Ruth Zenkert startete ursprünglich mit einem Musikprojekt, um das Vertrauen der Roma zu gewinnen. So wurden von „Elijah" u.a. zwei Musikschulen in Nou und Hosman gegründet, in denen inzwischen rund 300 Kinder unterrichtet werden. Sporschill: „Vor zwölf Jahren gab es in unseren Dörfern keine Stimme, kein Musikinstrument, und jetzt spielen Hunderte Kinder Musik." Die Roma hätten eine besondere Begabung für Musik. Das Beherrschen eines Musikinstruments gebe den Kindern Selbstwertgefühl. Und: „Wer musiziert, ist nicht verwahrlost." Der Besuch einer Musikschule sei oft der erste Schritt zum Besuch einer normalen Schule.
Sporschil räumt ein, dass die sozialen Gräben zwischen Roma und der sonstigen Bevölkerung immer noch tief seien, aber gerade über die Musikschulen ließen sich erste Barrieren überwinden: „Wenn solche Brücken funktionieren, freut man sich."
100 winterfeste Häuser - aber oft kein fließendes Wasser und Strom
Von „Elijah" wurden in den vergangenen Jahren gemeinsam mit und für Roma-Familien rund 100 winterfeste Häuser errichtet. Die Bedingung für die Roma ist, dass sie ihre Kinder zur Schule gehen lassen und ein Elternteil einer Arbeit nachgeht. Zudem gehe es auch darum zu lernen, in einem Haus zu wohnen, dieses sauber zu halten und nicht verkommen zu lassen, so der Jesuit. Alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Sporschill: „Neuerdings gibt es in unseren Dörfern auch Wasser und Kanalisation. Das ist ein Projekt der EU. Es muss aber jeder von der Straßen die fünf Meter bis zu seinem Haus selbst graben bzw. organisieren. Und das überfordert die Menschen schon finanziell. Also hat etwa ein Bürgermeister gesagt, die Gemeinde übernimmt auch noch das. Aber dann müssen die Roma monatlich die Gebühren für Wasser und Kanal zahlen. Vorher haben sie einfach das Wasser aus dem Brunnen genommen - sehr schlechtes Wasser - und es nachher einfach irgendwohin geschüttet. Jetzt müssen sie zahlen und bis das funktioniert, vergehen ganze Generationen." Auch Strom gebe es inzwischen in vielen Hütten, „der wird aber immer wieder abgestellt, weil sie halt nicht monatlich zahlen können". Die meisten Roma, die Arbeit haben, verdingen sich als Tagelöhner. Bei den Männern werde der Lohn des Tages dann oft in Alkohol investiert, deshalb arbeite „Elijah" vor allem mit Frauen zusammen, so Sporschill. So gibt es inzwischen eigene Angebote für Mütter.
Vielfältige Hilfe
Aus der musikpädagogischen Arbeit von „Elijah" entwickelte sich im Laufe der Jahre ein vielfältiges Hilfsangebot. Es entstanden Horte, Sozialzentren, Arztpraxen, Nachhilfekurse, Jobtrainings, Sportangebote, Familienhäuser, Kinderkrippen für berufstätige Mütter, ein Bauhof für Hausrenovierungen, eine Töpferei und Weberei, Familienhilfen, ein Schülerwohnheim im nahen Sibiu und vieles andere mehr. In den vergangenen zwölf Jahren kam praktisch jedes Jahr eine neue Einrichtung hinzu. Viele Jugendliche haben mithilfe von Nachmittagsbetreuung die Schule abgeschlossen, einige haben es bis zum Studium geschafft. All das sei nur möglich dank der vielen treuen Spenderinnen und Spender, bekräftigte Sporschill.
Rumänen arbeiten auch im Projekt mit
Insgesamt arbeiten inzwischen auch 80 Rumäninnen und Rumänen in Voll- oder Teilzeit für „Elijah"-Programme. Auch einige Roma-Schützlinge gehören inzwischen zu den Stützen des Projekts. Eine weitere Stütze sind Ehrenamtliche aus allen Altersgruppen. Regelmäßig gibt es Volontäre aus Österreich, die für einige Monate bis ein Jahr ins Harbachtal kommen. Für viele ist es auch die erstmalige Erfahrung des Mitlebens in einer ökumenischen Basisgemeinde, zu der auch das tägliche Gebet gehört.
Religion wichtig
Die Religion sei tief in den Seelen der Roma verwurzelt, berichtet der Jesuit. „Als Priester habe ich es so gesehen leicht. Das erlebe ich natürlich als Geschenk und als wirkliche Freude." Wobei die Menschen natürlich orthodox seien. Sporschill: „Wir verstehen uns auch mit den orthodoxen Pfarrern in den Dörfern gut. Ich sage immer: Wir machen die Jugendarbeit für die Pfarrer. Und wenn dann ein Kind getauft wird, dann macht das natürlich der Pfarrer. Und ich bin bestenfalls der Taufpate. - Weil einer muss ja das Festessen zahlen." Insofern sei er auch ein sehr beliebter Taufpate.
Hier gibts den Podcast
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