Wahlkampfplakate vor der Landtagswahl in Sachsen Wahlkampfplakate vor der Landtagswahl in Sachsen  (ANSA)

Ostdeutschland wählt: Christliche Werte in den Wahlprogrammen

Im Vorfeld der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg hat der Sozialwissenschaftler und Moraltheologe Peter Schallenberg die Wahlprogramme der Parteien auf christliche Werte untersucht. Die Analyse, die im Auftrag der Länderbüros der beiden großen Kirchen in Sachsen durchgeführt wurde, zeigt, welche Partei den christlichen Sozialprinzipien am ehesten entspricht.

Die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen am 1. September und in Brandenburg am 22. September 2024 werfen ihre Schatten voraus. Die Länderbüros der großen Kirchen in Sachsen haben den katholischen Sozialwissenschaftler und Moraltheologen Peter Schallenberg damit beauftragt, die Wahlprogramme der relevanten Parteien auf ihren Bezug zu christlichen Werten zu prüfen. Schallenberg, Lehrstuhlinhaber für Moraltheologie an der Theologischen Fakultät Paderborn und Leiter der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle (KSZ) in Mönchengladbach, hat die Programme der Parteien, die im Landtag vertreten sind oder laut Umfragen die 5-Prozent-Hürde überschreiten könnten, gründlich analysiert.

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Begriffsanalyse

„Wir haben zunächst geschaut, wie oft Begriffe wie Religion, Kirche, Christentum oder christlich in den Programmen vorkommen“, erklärt Schallenberg. Wenig überraschend ist, dass diese Begriffe bei der CDU am häufigsten auftauchen. Überraschenderweise wird Religion aber auch in den Programmen der AfD und der Grünen vergleichsweise häufig erwähnt, während sie bei der SPD und den Linken nahezu vollständig fehlen.

Die inhaltliche Analyse zeigte, dass die christlichen Sozialprinzipien – Personalität, Solidarität, Subsidiarität, Gemeinwohl und Nachhaltigkeit – unterschiedlich stark in den Programmen verankert sind. Besonders die CDU hebt sich hier positiv ab, indem sie insbesondere das Prinzip der Personalität, also die Würde und den Schutz des menschlichen Lebens, stark betont. Interessanterweise findet sich auch im Programm der AfD eine Betonung des Lebensschutzes, allerdings wird dies durch andere politische Forderungen, die Ausgrenzung und exklusive Politik betreffen, wieder relativiert.

Die Grünen hingegen rufen die Kirchen als Partner in der Durchsetzung einer nachhaltigen und ökologischen Politik auf, ohne jedoch diese Partnerschaft auf christliche Sozialethik zu gründen. „Die Solidarität ist bei den Grünen stark ausgeprägt, allerdings findet man kaum Begründungen, die auf christliche Werte zurückzuführen sind“, so Schallenberg.

Recht auf Abtreibung im Programm

Besonders kritisch sieht Schallenberg die Entwicklungen bei der SPD und den Grünen, die beide ein Recht auf Abtreibung in ihren Programmen verankert haben. Diese Position widerspricht fundamental den Prinzipien des Lebensschutzes, die aus christlicher Sicht unverzichtbar sind.

Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen zeigt sich, dass es für christlich orientierte Wähler schwierig sein könnte, eine Partei zu finden, die alle Aspekte christlicher Soziallehre vertritt. „Die CDU entspricht in den meisten Fragen noch am ehesten den Maßstäben christlicher Politik“, erklärt Schallenberg, „doch auch hier ist die Frage, wie viel von diesen Werten in möglichen Koalitionen erhalten bleibt.“

Die steigende Zustimmung für die AfD in den Umfragen sieht Schallenberg mit Sorge. Obwohl die AfD in ihrem Programm den Lebensschutz betont, stehen andere Forderungen im Widerspruch zu den christlichen Werten von Solidarität und Menschenwürde. Die Entscheidung, ob und wie man eine Regierung bildet, wird für alle Beteiligten eine Gratwanderung zwischen den politischen Notwendigkeiten und den ethischen Ansprüchen sein.

Schallenberg betont abschließend die Pflicht der Christen, an den Wahlen teilzunehmen und eine fundierte Wahlentscheidung zu treffen. „Wir sind als Christen politische Menschen und tragen Verantwortung für die Gestaltung gerechter staatlicher Zustände“, so der Moraltheologe. „Wählen zu gehen ist daher nicht nur Bürgerpflicht, sondern auch Christenpflicht.“

Dieser Appell ist insbesondere vor dem Hintergrund einer zunehmend polarisierten politischen Landschaft von Bedeutung, in der die Ränder stärker werden und die Mitte schwächer besetzt ist. „Wir müssen uns fragen, welche Kompromisse wir als Christen bereit sind einzugehen“, resümiert Schallenberg.

Die vollständige Analyse von Professor Peter Schallenberg kann in den kommenden Wochen auf den Websites der Länderbüros der Kirchen eingesehen werden. Für viele Christen wird sie eine wichtige Orientierungshilfe bei der Wahlentscheidung sein.

(radio horeb – mg)

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21. August 2024, 10:28