Saint-Maurice, Kanton Wallis, Schweiz Saint-Maurice, Kanton Wallis, Schweiz  (AFP or licensors)

Schweiz: Missbrauchsopfer kandidiert für Prix Courage

Mélanie Bonnard kämpft um Anerkennung als Missbrauchsbetroffene. Ein Priester der Abtei Saint-Maurice habe sie als Zwölfjährige missbraucht, sagt sie. Als Engagierte gegen Missbrauch in der Kirche ist sie Kandidatin für den diesjährigen Mut-Preis des Beobachters – als eine von fünf Kandidierenden.

Als sie zwölf Jahre alt ist, vergeht sich ein Priester der Abtei Saint-Maurice im Unterwallis an ihr, erzählt sie dem „Beobachter". Bonnard erstattet Anzeige. Ein Gerichtspsychiater schätzt ihre Aussagen als „authentisch und glaubwürdig" ein. Dennoch wird das Verfahren später eingestellt. Das Ganze lässt Bonnard aber nicht los. Als junge Erwachsene konfrontiert sie den mutmasslichen Täter während der Beichte und filmt alles mit versteckter Kamera. Unter falschem Namen erzählt sie ihm ihre Geschichte. „Das scheint mir nicht allzu schlimm zu sein", habe der Priester gesagt. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Im November 2023 strahlt der Sender RTS einen Beitrag über das Kloster aus. Mehrere Opfer sagen aus, darunter auch Bonnard. Der Beitrag rüttelt die Öffentlichkeit auf. Eine Untersuchung wird eingeleitet, der Priester seiner Aufgaben enthoben. Im Mai 2024 tritt er deswegen in den Hungerstreik – und prompt setzen die Kirchenoberen ihn wieder ein. Inzwischen läuft noch ein weiteres Verfahren gegen den Geistlichen, schreibt der „Beobachter". „Man hat mir schon als Kind nicht geglaubt, und jetzt als Erwachsene auch nicht", sagt Mélanie Bonnard gegenüber dem „Beobachter". Bonnard will, dass pädophile Priester nicht mehr praktizieren dürfen. Und zwar nie mehr.

Weitere Kandidaten

Auch Samuel Zülli ist ein Prix-Courage-Kandidat. Zülli hat durchgezogen, was den meisten nicht gelingt: Der in der Sekte diskriminierte Homosexuelle konnte sich aus den Fängen von Scientology befreien. Dies nach langen Jahren des Leidens und mehreren Suizidversuchen. Die heute 55-jährige Chantal Britt ist eine der Ersten, die in der Schweiz an Long Covid erkrankten. Sie gründete die Patientenorganisation Long Covid Schweiz. Mit dieser setzt sie sich für Betroffene im ganzen Land ein. Auch sie kandidiert für den Preis.

Lebensretter und Sexismus-Aufdeckerin

Karin und Hans Dürrenberger retteten im Februar 2024 eine Rollstuhlfahrerin vor dem sicheren Tod. Und brachten sich dabei selbst in Gefahr. Bei einem Spaziergang hörten sie einen Hilfeschrei. Eine Rollstuhlfahrerin lag bei Kaiseraugst auf den Gleisen. Den beiden gelang es, sie vor dem ankommenden Zug zu retten. Der Mann erlitt Bein- und Wadenbrüche. Die Dürrenbergers sind ebenfalls Kandidierende, wie auch die GC-Fussballerin Leandra Flury.

Die 25-Jährige erlebte es am eigenen Leib: Sexistische Anfeindungen sind im Frauenfussball Alltag – und zugleich ein Spiegel der Gesellschaft. Sie will das nicht länger hinnehmen. Als sie sich vor einem Spieleinsatz aufwärmt, pöbeln Männer gegen sie. Sie machen Stöhngeräusche, kommentieren ihren «geilen Arsch», 20 Minuten lang. Niemand greift ein. Das lässt sie sich nicht gefallen. Nach dem Match schildert sie den Vorfall auf Instagram, der Beitrag findet breite Beachtung. Prompt erhält sie unliebsame Reaktionen, doch mehrheitlich gibt es Zuspruch – gerade von Frauen.

Publikum stimmt mit

Der  „Beobachter" organisiert zu den Prix-Courage-Kandidaten ein Publikumsvoting. Dieses läuft bis am 18. Oktober 2024. Aus den drei Nominationen mit den meisten Stimmen wählt die Jury – unter der Leitung von Eveline Widmer-Schlumpf – die Gewinnerin oder den Gewinner des Prix Courage 2024. Preisvergabe ist am 21. November im Papiersaal in Zürich.

(kath.ch - sst)

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22. September 2024, 14:13