Die Skulptur von Kardinal Franz Hengsbach im Innenhof des Essener Doms wurde 2023 entfernt Die Skulptur von Kardinal Franz Hengsbach im Innenhof des Essener Doms wurde 2023 entfernt  (ANSA)

Betroffenensprecher Norpoth lobt Konzept von Hengsbach-Studie

Betroffenensprecher Johannes Norpoth befürwortet das Konzept der neuen Studie, die nicht nur die Missbrauchstaten, sondern das gesamte Leben von Kardinal Franz Hengsbach (1910-1991), dem damaligen Bischof von Essen, untersuchen wird. Das Prinzip Gründlichkeit vor Schnelligkeit werde von Betroffenen gelobt. Mit einer soziologisch-historischen Studie wollen Forscher die Vorwürfe sexualisierter Gewalt wissenschaftlich aufarbeiten.

„Hier geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit", sagte Norpoth am Montag im Gespräch mit dem kirchlichen Kölner Internetportal domradio.de. Der Sprecher des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz erklärte dazu: „Die historischen wie auch die sozialwissenschaftlichen Komponenten brauchen einfach Analysezeit. Wir bewegen uns in einem extrem komplexen und breiten Untersuchungsfeld. Und wir haben eine sehr, sehr lange Wirkungszeit von Hengsbach in den einzelnen Institutionen." Insofern gehe bei solchen Prozessen tatsächlich viel Zeit ins Land.

„Egal wieviel Gutes jemand getan hat, das positive Wirken darf nicht als Make-Up für die hässliche Fratze des Missbrauchs genutzt werden.“

Norpoth würdigte Hengsbach im Interview als eine Person des öffentlichen Lebens, die viel für die Kulturregion Ruhrgebiet getan habe. Dennoch gelte: „Egal wieviel Gutes jemand getan hat, das positive Wirken darf nicht als Make-Up für die hässliche Fratze des Missbrauchs genutzt werden." Insofern sei er dankbar, dass jetzt der nächste Schritt getan werde, um die verschiedenen Zusammenhänge aufzuarbeiten. Norpoth erhoffe sich, durch die Studie einen tiefen Einblick in die Zusammenhänge von Macht und Haltung von klerikalen Führungspersönlichkeiten und detaillierteres Wissen über die systemischen Ursachen von sexualisierter Gewalt zu bekommen.

 

Hintergrund

Hengsbach war von 1958 bis 1990 erster Bischof des damals neu gegründeten Ruhrbistums Essen. Davor war er als Priester und Weihbischof im Erzbistum Paderborn tätig. Hengsbach hatte darüber hinaus viele weitere wichtige Rollen in der katholischen Kirche inne: Er war Militärbischof (1961-1978), Generalsekretär und -assistent im Zentralkomitee der deutschen Katholiken ZdK (1947-1968) und Vorsitzender des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat. Alle fünf Institutionen haben die Studie gemeinsam in Auftrag gegeben. Beauftragt wurden das Institut für Praxisforschung und Projektberatung in München und die Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg. Beide waren schon an mehreren kirchlichen Missbrauchsstudien beteiligt.

(kna – mo)

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22. Oktober 2024, 12:56