Österreich: Gegen Arbeitsausbeutung und modernen Menschenhandel
Am Montag diskutierten Experten bei einem Pressegespräch in Wien die prekären Lebensbedingungen unzähliger Menschen, die in Österreich Opfer von Arbeitsausbeutung und Menschenhandel sind. Die Ordensgemeinschaft der Salvatorianer wollte mit ihrer Einladung zu dem Treffen auf diese Missstände hinweisen. Sozialwissenschaftlerin Marta Lidia Dubel schilderte eindringlich das Ausmaß des Problems: „Hunderttausende leben unter ausbeuterischen Bedingungen, genaue Zahlen gibt es nicht.“ Besonders gravierend sei die rechtliche Situation, die wenig Schutz bietet und die Ausbeutung eher begünstigt.
Dubel kritisierte, dass das Thema Migration von Populisten zunehmend instrumentalisiert werde. „Migration wird fälschlicherweise mit Schlepperei und Kriminalität gleichgesetzt, was Ängste schürt und negative Vorurteile fördert.“ Die tatsächliche Zahl der Migranten sei in den letzten Jahren nicht gestiegen, dennoch würden Statistiken verzerrt, um Panik zu verbreiten.
Arbeitskräftemangel und rechtliche Hürden
Viele Migranten arbeiten in Österreichs Schattenwirtschaft, oft aufgrund restriktiver Arbeitsmarktgesetze und fehlender rechtlicher Absicherungen. „Der Weg in die Schattenwirtschaft ist für viele die einzige Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen“, erklärte Dubel. Besonders im Tourismus, der Landwirtschaft und im Gastgewerbe sind viele auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Die derzeitigen Regelungen, wie Saisonarbeitsvisa, führen jedoch zu Abhängigkeiten, die Missbrauch begünstigen.
Ein besonders gravierendes Problem sei, dass Migranten während laufender Gerichtsverfahren gegen Ausbeutung ihre Arbeitserlaubnis verlören. Dubel fordert daher dringend eine Anpassung der Arbeitsgesetze: „Mindestlohn, Sozialversicherungsbeiträge und eine effektivere Arbeitsaufsicht müssen gewährleistet werden.“
Ordensgemeinschaften gegen moderne Sklaverei
Die Salvatorianer setzen sich seit Jahren gegen Menschenhandel und Ausbeutung ein. „Sexuelle Ausbeutung und Arbeitsausbeutung sind in Europa – und auch in Österreich – weit verbreitet“, erklärte Provinzial P. Josef Wonisch. Mit einem Stipendium zur Förderung der Forschung wollen sie das Bewusstsein für diese „moderne Sklaverei“ schärfen.
Die Salvatorianerin Sr. Maria Schlackl, die die Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel“ in Oberösterreich leitet, sprach von der „katastrophalen“ Lage bei der sexuellen Ausbeutung von Frauen und Mädchen. Der Menschenhandel sei mittlerweile der am schnellsten wachsende Bereich des organisierten Verbrechens weltweit.
Schlackls Initiative engagiert sich in der Hilfe für von Zwangsprostitution betroffene Frauen und informiert mit Workshops über die Problematik. Als besonders skandalös bezeichnete sie die Tatsache, dass Prostitution eine der wenigen legalen Tätigkeiten für Asylwerber in Österreich sei. „Das ist entwürdigend und fördert Menschenhandel“, betonte sie.
Podiumsdiskussion und Ausstellung in Linz
Am 18. Oktober lädt Sr. Schlackls Initiative zu einer Podiumsdiskussion in Linz zum Thema „Sexkauf fördert Frauenhandel“ ein. Mit dabei ist die Juristin Sandra Norak, die selbst Opfer von Menschenhandel war. Anschließend wird die Ausstellung „Sklav:innen: Geschichte und Visualität des Menschenhandels in Europa“ eröffnet.
Die Veranstaltung will ein starkes Signal setzen: Österreich darf nicht länger wegsehen, wenn Menschen unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten oder in Zwangsprostitution leben müssen. Der Einsatz gegen moderne Sklaverei erfordert konkrete Maßnahmen, um den Betroffenen Schutz zu bieten und ihre Würde zu wahren.
(kap - mg)
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