Demonstration für Demokratie und Menschenrechte 2024 (Archivbild) Demonstration für Demokratie und Menschenrechte 2024 (Archivbild)  (AFP or licensors)

Bischof Timmerevers: Christen gemeinsam für Demokratie

Zur Bundestagswahl haben die Kirchen in Deutschland eine Kampagne für Demokratie ins Leben gerufen. Ursprünglich kam die Kampagne aus Sachsen. Bischof Timmerevers zieht im Interview mit uns Bilanz und erklärt, was man als Christ heute für die Demokratie tun kann.

Maximilian Seidel - Vatikanstadt 

„Der Geist der Demokratie kann nicht von außen aufgepfropft werden. Er muss von innen heraus kommen“, schrieb Mahatma Gandhi in seinem Buch „India of my dreams“. Das Thema Demokratie ist, wie auch damals bei Gandhi, gerade in aller Munde. Besonders aktuell wird es durch Wahlsiege stark rechter und rechtsextremer Parteien in aller Welt. Den Geist der Demokratie stärken wollen auch die Kirchen in Deutschland. Mit dem Projekt „Für alle. Mit Herz“ rufen sie eine Initiative für den Geist der Demokratie und gegen Rechtsextremismus ins Leben. Im Kontext der verfrühten Bundestagswahl wollen die Kirchen sich unabhängig ihrer Konfession für die Werte Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt einsetzten. Die Kampagne wurde in Sachsen gestartet und wird nun ausgeweitet: 

„Die Kampagne hat in vielen Kirchengemeinden eine große Resonanz erfahren“

„Die Kampagne hat in vielen Kirchengemeinden eine große Resonanz erfahren. Unsere Banner hingen in Kirchen, Caritas und Diakoniegebäuden, sogar in Schulen“, berichtet Bischof Timmerevers im Interview mit Radio Vatikan über die bisherigen Erfahrungen. Auch in der Botschaft der Kampagne hätten sich viele Gläubige wiedergefunden, meint Timmerevers. Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt seien zentrale Themen unseres gesellschaftlichen Miteinanders. Die Initiative in Sachsen schuf laut dem Bischof große Verbundenheit, von daher schon ein Erfolg: „Jetzt führen wir die Kampagne weiter. Einige Bistümer haben im Angesicht der nahestehenden Bundestagswahl bei uns angefragt, bei der Kampagne mitzumachen. Osnabrück, Würzburg und Trier von den katholischen Bistümern haben sich bereits gemeldet.“

Die Themen der Kampagne, die ursprünglich auf die Landtags-, Kommunal- und Europawahl zugeschnitten waren, seien heute genauso aktuell. Besonders wichtig sei diesmal, dass man gemeinsam als Kirchen der Bundesrepublik Deutschland wahrgenommen werde, betonte Timmerevers.

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Christen für die Demokratie

Bei der bevorstehenden Bundestagswahl in Deutschland am 23. Februar steht die AfD, eine in Teilen rechtsextreme Partei, als eine der Favoritinnen im Rennen. Im Februar 2024 hatte die katholische Bischofskonferenz sich stark gegen rechtsextremes Gedankengut ausgesprochen und die AfD für Christen als „nicht wählbar“ deklariert. Trotzdem steht die AfD in Umfragen gerade bei etwa 20 Prozent. Bischof Timmerevers meint dazu, das beste, was wir als Christen für die Demokratie heute tun können, ist vor Ort in der Gesellschaft aktiv zu sein: „Dort sind unsere Überzeugungen gefragt, die müssen wir ins Wort bringen und manchen Positionen auch klar widersprechen.“ Auch den Diskurs zu stärken sei wichtig. Mit dem Programm „Sachsensofa“ habe man genau dies getan, erklärt der Bischof. Das „Sachsensofa“ war eine von den Kirchen Sachsens organisierte wandernde Diskussionsveranstaltung, in der man wichtige Stimmen zur Landtagswahl zu Wort kommen ließ.

Schulterschluss der Christen

Wichtig sei auch, so Timmerevers weiter, dass man als Christen einen Schulterschluss habe. Man müsse zusammenhalten, gemeinsam die Meinung sagen und sich gegenseitig stärken. Die katholische Kirche tue für die Demokratie bereits viel: „Bei uns können junge Menschen demokratische Prozesse erlernen und dazu motiviert werden, sich gesellschaftlich zu engagieren.“ Trotzdem müsse man sich immer kritisch selbst hinterfragen, ob man wirklich genug tue.

Auch Papst besorgt über Zustand der Demokratie

Auch Papst Franziskus ist besorgt über die Lage der weltweiten Demokratie. Dies äußerte er im Juni 2024 auf der traditionsreichen „Katholischen Sozialwoche“ in Triest.  Dabei führte er vor etwa 1.200 Teilnehmenden - unter ihnen viele Jugendliche - aus, es sei „offensichtlich, dass es um die Demokratie in der heutigen Welt nicht gut bestellt ist“. Das katholische Kirchenoberhaupt damals wörtlich: „Das ruft uns auf den Plan und gibt Grund zur Sorge, denn es geht um das Wohl des Menschen, und nichts wahrhaft Menschliches darf uns fremd sein!“

Bischof Timmerevers bei einer Audienz mit Papst Franziskus 2022 (Archivbild)
Bischof Timmerevers bei einer Audienz mit Papst Franziskus 2022 (Archivbild)

Um wieder für mehr Partizipation in der Demokratie zu sorgen, sei Kreativität vonnöten. „Lassen wir uns nicht von einfachen Lösungen täuschen. Gehen wir stattdessen eine Verpflichtung zum Gemeinwohl ein. Es ist unsere Pflicht, das Wort Demokratie nicht zu manipulieren oder mit leeren Titeln zu deformieren, die jede Handlung rechtfertigen können. Die Demokratie ist keine leere Hülle – sie ist an die Werte der Person, der Geschwisterlichkeit und der integralen Ökologie gebunden“, so der Papst in Triest. 

Kampagne ursprünglich aus Sachsen

Die Idee für die Kampagne kam ursprünglich aus Sachsen. Der katholische Bischof Heinrich Timmerevers der Diözese Dresden-Meißen und der dortige evangelische Landesbischof Tobias Bilz schufen sie gemeinsam, um sich für die „freiheitlich-demokratische Grundordnung zu engagieren“, so Bilz auf einer Pressekonferenz. „Die Angriffe auf unsere Demokratie und die Versuche der Spaltung unserer Gesellschaft können uns als Christen nicht egal sein. Mit Sorge nehmen wir wahr, dass eine Partei, die man als rechtsextrem bezeichnen muss, in Sachsen politisch in die Verantwortung kommen könnte.“

(vatican news - ms)

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08. Januar 2025, 12:42