Papst Franziskus: „Auch heute gibt es Katakomben verfolgter Christen“
Die kleine Kapelle, in der der Papst die Messfeier zelebrierte, war voll besetzt - und doch schuf die Enge und Dunkelheit eine familiäre Atmosphäre, die daran gemahnte, wie sich an diesem Ort bereits vor etlichen Jahrhunderten die ersten Christen Roms zusammenfanden, um ungeachtet der drohenden Bestrafung die Eucharistie zu feiern und ihre Toten zu bestatten. Viele der Tausenden von Grabnischen boten Märtyrern die letzte Ruhestätte, darunter auch ein Papst, Marcellinus. Es sei das erste Mal, dass er eine Katakombe betrete, gestand der Papst zu Beginn seiner Predigt ein:
„Wir müssen hier an das Leben dieser Menschen denken, die sich verstecken mussten oder diese Kultur hatten, ihre Toten hier zu bestatten und hier die Eucharistie zu feiern. Ein häßlicher Moment der Geschichte, der aber keineswegs überwunden ist: auch heute noch gibt es viele Katakomben, in anderen Ländern, wo die Christen sogar so tun müssen, als ob sie ein Fest oder einen Geburtstag feierten, um die Messe feiern zu können, weil es an diesem Ort verboten ist. Auch heute gibt es verfolgte Christen. Mehr noch als in den ersten Jahrhunderten!“
Bei dem Gedanken an die Märtyrer, die Katakomben, die verfolgten Christen und die Lesungen des Tages kämen ihm drei Worte in den Sinn: Identität, Ort und Hoffnung, zählte Franziskus auf. Denn die Identität der Brüder und Schwestern, die sich vor Jahrhunderten an diesem Ort zusammengefunden hätten, sei dieselbe wie die so vieler Menschen heute. Menschen, die in den vielen Ländern lebten, in denen Christsein ein Verbrechen, verboten sei; etwas, das kein Recht ist.
Diese Identität, griff Franziskus die Tagesliturgie auf, seien die Seligpreisungen. Denn nur ein Leben, das den Verhaltensweisen entspricht, die Jesus nach der Überlieferung in Matthäus 25 seinen Jüngern hinterließ, mache letztlich einen wahren Christen aus: „Ohne das gibt es keine Identität, man tut nur so, als wäre man ein Christ. Aber man hat nicht die Identität eines Christen.“
Das zweite Wort, das ihm in den Sinn gekommen sei, sei der Ort, fuhr der Papst fort. Viele Christen seien hierher gekommen, um sich bei der Feier der Eucharistie oder der Bestattung ihrer Toten sicher zu fühlen. „Wie die Menschen, die heute die Eucharistie im Verborgenen feiern müssen, in den Ländern, in denen das verboten ist!“
In diesem Zusammenhang erinnerte der Papst an die Geschichte einer Ordensschwester, die sich in einem albanischen Umerziehungslager über alle Verbote hinweggesetzt und heimlich Kinder getauft hatte. Sie hatte nicht einmal einen Becher, sie nahm einfach einen Schuh, füllte ihn mit Flusswasser und taufte die Kinder! erzählte der Papst. Der Ort des Christen sei „ein wenig überall,“ ohne Priviligien, auch wenn es gewisse Christen gebe, die sehr wohl nach Privilegien strebten: „Das sind qualifizierte Christen, die riskieren, nur noch qualifiziert zu sein und das Christsein zu verlieren,“ so die Analyse des Papstes.
Denn der sichere Platz der Christen liege ausschließlich in den Händen Gottes, komme, was wolle, auch das Kreuz, mahnte Franziskus:
„Die Christen mit diesem Identitätsbeweis, die in den Händen Gottes lebten und leben, sind Männer und Frauen der Hoffnung. Und das ist das dritte Wort, das mir heute in den Sinn kommt: Hoffnung.“
In der zweiten Lesung (aus der Offenbarung des Johannes, Anm.) beschreibt der Autor das himmlische Jerusalem, das das Gottesvolk erwartet: „Und um dort einzutreten, braucht es keine merkwürdigen Dinge oder besonderen Verhaltensweisen“, unterstrich Franziskus. „Wir müssen nur unseren Personalausweis des Christen vorzeigen, und alles ist gut.“
Unsere Hoffnung liege im Himmel und sei dort verankert, auch wenn wir manchmal den Anker selbst oder das andere Ufer nicht sähen. Doch wichtig sei es, „die Leine nie loszulassen, denn dann werden wir sicher ankommen“, schloss Franziskus seine frei gehaltene Predigt.
Nach der Messe begab sich der Papst wie an Allerseelen üblich in privater Form in die vatikanischen Grotten, um dort an den Gräbern seiner verstorbenen Vorgänger im Amt zu beten.
(vatican news - cs)
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