Deutscher Pfarrer beim Papst: Flüchtlinge und Ökumene
Bei dem Treffen ging es unter anderem um die Bedeutung der christlichen Barmherzigkeit, so der lutherische Pfarrer. Es sei ein herzliches Gespräch gewesen und er traf zum ersten Mal den Papst im Apostolischen Palast. „Ich hatte Papst Franziskus zu anderen Anlässen schon kurz einmal getroffen“, so Jonas. Er habe Franziskus auch eine erneute Einladung zum Besuch der deutschen evangelischen Gemeinde in Rom überbracht. „Wir haben schon drei Päpste, inklusive Papst Franziskus, bei uns empfangen“, erinnerte er. Der Papst habe ihm geantwortet, dass er für die Gemeinde immer offen sei.
Radio Vatikan: Pfarrer Jonas, Sie waren heute beim Papst - wie war es?
Jonas: Es bleibt etwas Besonderes, dass ein gewöhnlicher Gemeindepfarrer den Papst treffen kann. Natürlich hat unsere Gemeinde, die Christuskirche in Rom, mit dem Vatikan schon seit vielen Jahren eine sehr enge, geschwisterliche, Beziehung, und es gibt eine gegenseitige Wahrnehmung: Die letzten drei Päpste, auch Franziskus, haben die Christuskirche besucht. Da war es auch passend, dass der neue Pfarrer sich nach einem Jahr im Amt dem Heiligen Vater persönlich vorstellt.
Radio Vatikan: Was waren die Themen bei diesem Treffen und was hat Sie der Papst gefragt?
Jonas: Zunächst wollte er wissen, wie es mir geht und wie ich mich fühle. Da sieht man, wie empathisch er ist. Er ist auch sehr gut über das Leben in unserer Gemeinde informiert, erinnert sich noch genau an seinen Besuch vor gut vier Jahren - dazu hat er noch einiges erzählt. Er ist zudem sehr gut im Bild über die kirchliche Lage in Deutschland, sowie in der lutherischen Kirche insgesamt. Wir haben viel über das Christentum, aber auch über den Glaubensverlust in Europa geredet.
Radio Vatikan: Wo sehen Sie besondere Anliegen des Papstes in der Ökumene?
Jonas: Meiner Meinung nach ist ihm ein Anliegen, das Evangelium und die Barmherzigkeit Gottes in Wort und Tat auf allen Ebenen zu leben. Das wünscht er sich natürlich auch in der Ökumene und von den anderen Kirchen. Das ist für ihn zentral und darin sieht er auch eine große Nähe: in der praktischen Verkündigung und im einfachen Leben des Evangeliums.
Radio Vatikan: In Deutschland ist die evangelische Kirche, auch in Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche, ja sehr engagiert bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Dies ist auch dem Papst ein großes Anliegen - die Aufnahme von Hilfesuchenden in Europa. Viele Flüchtlinge kommen beispielsweise aus Nordafrika nach Italien, auch nach Rom. Inwieweit war das Thema?
Jonas: Darüber haben wir natürlich geredet, auch über unser Engagement als deutsche evangelische Gemeinde in Rom. Ich habe ihm erzählt, dass wir uns weniger politisch mit großen Stellungnahmen engagieren und wirklich praktisch helfen: Wir haben zwei junge Flüchtlinge bei uns aufgenommen, die wir in persönlichem Kontakt unterstützen und beraten. Das hat er sehr gerne gehört. Ich glaube, wir sind uns einig, dass es nicht nur um Regelungen und Politik geht, sondern um die Aufnahme der Menschen und die persönliche Begegnung. Diese Menschen müssen als Menschen ernst genommen werden, da waren wir uns einig.
Radio Vatikan: Apropos Begegnung - wie steht es um einen neuen Papst-Besuch in Ihrer Gemeinde?
Jonas: Das habe ich tatsächlich angedeutet, und er hat in seiner Großzügigkeit gesagt: „Ich bin immer für Euch da!“. Das können wir also in Zukunft andenken, es ist zumindest nicht ausgeschlossen.
Radio Vatikan: Hatten Sie ein Anliegen Ihrer Gemeinde, das Sie dem Papst überbracht haben und mit uns teilen wollen?
Jonas: Ich habe gefragt, wie wir mit den Säkularismus-Tendenzen in Europa umgehen können. Da sagt er, müssen gerade wir in Europa lernen, das Evangelium wieder in ganz elementaren Formen zu verkünden. Er hat auch einen für mich sehr eindrücklichen Satz gesagt: „Die Gefahr der Kirchen ist der leere Moralismus.“ Dass wir den Leuten sagen, wie man es machen müsste und riesige moralische Gedankengebäude entfalten, es dann aber an der konkreten Umsetzung und im Zeugnis fehlen lassen. Da sollten wir vielleicht zu ganz einfachen, für alle verständlichen, Signalen der Barmherzigkeit zurückkehren.
Das Gespräch führte Mario Galgano.
(vatican news – mg)
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