Griechenland: „Papst hat uns das Fenster zur Welt geöffnet“
Mario Galgano und Francesca Sabatinelli – Vatikanstadt/Athen
Das Interesse der griechischen Politiker und vor allem der Regierung in Athen hätte dazu beigetragen, dass die Papst-Reise nach Griechenland zu einer „Öffnung der griechischen Gesellschaft außerhalb des traditionellen griechischen Kontextes“ beigetragen habe. Das ist das Fazit des katholischen Erzbischofs von Athen. Theodoros Kontidis gehört wie Papst Franziskus dem Jesuitenorden an und hat in Belgien und Frankreich studiert. Im Interview mit Radio Vatikan beschreibt er sein Heimatland als „ein homogenes Gebilde“ mit der Tendenz, „geschlossen zu bleiben“ bis hin zu einer „sehr starken Versuchung“, nur auf sich selber zu schauen.
„Daher ist die katholische Kirche in Griechenland, wenn auch klein, ein Fenster zur Welt außerhalb Griechenlands, denn die Griechen haben keine Ahnung, was eigentlich der Heilige Vater ist. Das hat Papst Franziskus mit seiner Visite geändert“, so der Erzbischof. Der Papst habe das Fenster zur Welt aufgerissen, und zwar für alle Griechen. „Denn bisher war es so, dass die Griechen nicht wirklich verstanden, was der Papst für uns Katholiken bedeutet und was die Realität des Heiligen Vaters ist, denn sie sahen dies durch die griechische Geschichte und die Geschichte der Orthodoxie. Daher war die Gegenwart des Papstes und alles, was hier passiert ist, seine Worte und alles andere eine Hilfe, das Bild der Welt außerhalb Griechenlands zu ändern.“ Seiner Meinung nach sei es der größte Erfolg des Besuches gewesen, dass die Griechen verstanden hätten, dass es auch außerhalb ihres Landes eine Welt gebe, die man beachte solle.
Ökumenischer Dialog
Für die katholische Kirche vor Ort sei dies offensichtlich. Deshalb sei der ökumenische Dialog so wichtig, fügt der katholische Erzbischof von Athen an. Denn ein Grund zur Einheit sei ein Appell aus der Bibel selber, unseren Glauben zu erneuern und gemeinsam zu leben.
„Der Papst-Besuch bot auch eine Gelegenheit für all jene Katholiken, die sich von der Kirche oder vom Glauben entfernt haben, die Frage des Glaubens neu zu überdenken, und ich hoffe, dass es eine Erneuerung des Glaubens geben wird, die gleichzeitig ein Schritt in Richtung der orthodoxen Kirche ist. Denn diese ökumenische Beziehung mit den Orthodoxen muss gefördert werden Wir dürfen trotz der Schwierigkeiten nicht müde werden, miteinander zu sprechen. Es ist sehr wichtig, denn es ist unsere Pflicht, die Einheit der Kirche mit den Orthodoxen zu suchen. Wir teilen den gleichen Glauben, die gleichen Sakramente, die gleiche Tradition, die Lehre der Heiligen, und vieles mehr. Es ist so wichtig, weil wir nicht gleichgültig sein können, getrennt weiter zu leben.“
Erzbischof Kontidis erinnert sich, wie es noch vor 20 Jahren Schwierigkeiten im ökumenischen Dialog gab, als Johannes Paul II. nach Athen kam. Da seien die Beziehungen zwischen Orthodoxen und Katholiken in einer sehr schwierigen Zeit gewesen. Johannes Paul II. habe mit seiner Anwesenheit und seinen Worten geholfen, Druck abzubauen. Franziskus habe mit seiner Bitte um Vergebung für die Fehler, die Katholiken gemacht hätten, ähnlich gehandelt, so Kontids.
Wie sehen uns die Orthodoxen?
„Zunächst einmal ist es wichtig zu sehen, wie sich die heutige Vorstellung der orthodoxen Griechen von der Funktion des Heiligen Vaters mit der Ankunft von Papst Johannes Paul vor zwanzig Jahren verändert hat. In Griechenland gab es damals eine große Aufmerksamkeit in der Gesellschaft und die Reaktionen waren sogar von Gewaltausschreitungen geprägt. Das ist heute zum Glück nicht mehr der Fall gewesen, das Klima ist viel ruhiger und realistischer. Man sieht also, dass sich die Vorstellung, die die Griechen vom Papst und seiner Funktion und der Geschichte des Papsttums haben, verändert hat.“
Kurz gesagt, es sei eine Entwicklung geschehen, die das Ergebnis einer besseren gegenseitigen Kenntnis sei. Viel habe bereits der Besuch des Papstes auf Lesbos vor fünf Jahren beigetragen, führt der katholische Erzbischof von Athen weiter aus.
„Er sandte eine klare Botschaft an Europa und an die Welt, nicht wegzuschauen. Das war bei dem jetzigen neuen Besuch auf Lesbos ebenfalls die Botschaft des Papstes. Er rief abermals dazu auf, dass wir das Flüchtlingsproblem nicht nur den Politikern überlassen sollten, sondern dass wir alle gemeinsam dafür einstehen sollten. Die Flüchtlingsproblematik ist keine Realität, vor der wir die Augen verschließen können, denn sie liegt direkt vor uns, und selbst wenn wir wegschauen, gehen die Ereignisse weiter.“
Der Papst habe die Weltöffentlichkeit auf dieses Problem hingewiesen, und gleichzeitig die betroffenen Regierungen nicht blamiert, denn Franziskus habe auf die schwierige Situation der Verwaltung der Flüchtlingsaufnahme hingewiesen.
„Es war Franziskus ein Anliegen, unsere Menschlichkeit nicht zu verlieren. Wir müssen sehen, wie wir gemeinsam mit dieser Situation umgehen können, und wir werden auch sehen, wie jetzt nach diesem Besuch Lesbos die Verantwortung der Politiker und der Europäer im allgemeienn aussehen wird.“
(vatican news)
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