Franziskus bei der Audienz am Freitagmittag Franziskus bei der Audienz am Freitagmittag 

Papst: „Alterndes Europa weniger nachhaltig und solidarisch“

Papst Franziskus sieht in Europa die gesellschaftliche Nachhaltigkeit und Solidarität in Gefahr: „Ein alterndes Europa, das nicht generativ ist, ist ein Europa, das es sich nicht leisten kann, über Nachhaltigkeit zu sprechen, und dem es immer schwerer fällt, solidarisch zu sein“, sagte er am Freitag im Vatikan.

Bei einer Audienz für Mitglieder der Föderation der Katholischen Familienverbände in Europa (FAFCE) leitete der Papst von diesem Missstand einen klaren Auftrag an Politik und Gesellschaft ab: „Die Staaten haben die Aufgabe, Hindernisse zu beseitigen, die der Generativität der Familien im Wege stehen, und anzuerkennen, dass die Familie ein gemeinsames Gut ist, das es zu belohnen gilt, mit natürlichen positiven Folgen für alle“. Familienpolitik solle nicht als Instrument staatlicher Macht gesehen werden, sondern liege in erster Linie im Interesse der Familien selbst, so der Papst. 

Mütter und Väter wollen keinen Krieg

Franziskus hatte sich zuletzt mehrfach besorgt über den starken Geburtenrückgang in Italien geäußert. Es bestehe „eine enge Verbindung zwischen dieser generativen Armut und dem Sinn für die Schönheit der Familie“, konstatierte er an diesem Freitag. „Dieser demografische Winter ist ernst. Nehmen Sie das ernst, es ist ernst!“ 

Die Vertreter der Föderation der Katholischen Familienverbände in Europa (FAFCE) richten aktuell in Zusammenarbeit mit dem Päpstlichen Dikasterium für die Laien, die Familien und das Leben im Vorfeld des Weltfamilientreffens einen Workshop aus und feiern zugleich ihr 25-jähriges Bestehen.

In seiner Rede sprach Franziskus neben dem Geburtenrückgang in Europa zahlreiche weitere Herausforderungen in der Zeit eines „Epochenwandels" an – allen voran den Krieg in der Ukraine, der vor allem für Familien „tragisch und dramatisch“ sei. „Mütter und Väter, unabhängig von ihrer Nationalität, wollen keinen Krieg“, gab der Papst einer Stellungnahme der Familienföderation FAFCE zum Ukraine-Krieg recht. Die Familie sei vielmehr eine „Schule des Friedens“, erinnerte Franziskus, der auch die solidarische Aufnahme von Kriegsflüchtlingen durch Familien und Netzwerke insbesondere in Litauen, Polen und Ungarn würdigte.

Pornografie Gefahr für öffentliche Gesundheit

Als weitere Gefahr für Familie und Gesellschaft nannte der Papst die „Geißel der Pornografie, die heute über das Internet überall verbreitet wird“. Das Phänomen sei ein „permanenter Angriff auf die Würde von Männern und Frauen“, kritisierte der Papst, der die Behörden und „uns alle“ zum verstärkten Kinderschutz und dazu aufrief, „Pornografie zu einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit zu erklären“. Eine Gesellschaft, „in der der abnormale Konsum von Sex im Netz unter Erwachsenen weit verbreitet“ sei, werde kaum in der Lage sein, Minderjährige wirksam zu schützen, gab Franziskus zu bedenken. Familiennetzwerke in Zusammenarbeit mit Schulen und lokalen Gemeinschaften könnten hier ein „Schlüssel zur Prävention und Bekämpfung dieser Geißel und zur Heilung der Wunden derjenigen“ sein, „die in den Strudel der Sucht geraten sind“.

Kritik übte Franziskus weiter an der „unmenschlichen und immer weiter verbreiteten“ Praxis der Leihmutterschaft, „bei der Frauen, die fast immer arm sind, ausgebeutet und Kinder als Ware behandelt werden“. Mit Blick auf Folgen der Pandemiezeit kam er zudem auf das Problem der sozialen Isolation und Vereinzelung zu sprechen, einer „Pandemie der Einsamkeit“. Franziskus ermutigte in diesem Kontext zur Bildung von Familiennetzwerken und sozialer Inklusion.

Interesse von Familien EU-Institutionen verankern

Hier sieht der Papst eine klare Aufgabe für die Föderation der Katholischen Familienverbände in Europa (FAFCE) und auch für die Ortskirchen. So ermutigte Franziskus den Dachverband dazu, die Bildung und Konsolidierung von Familiennetzwerken weiter zu fördern und richtete sich dabei auch an die Kirchen:

„Dies ist ein wertvoller Dienst, denn es besteht ein Bedarf an Orten, Begegnungen und Gemeinschaften, in denen sich Paare und Familien willkommen, begleitet und nicht allein fühlen. Es ist dringend notwendig, dass sich die Ortskirchen in Europa und darüber hinaus für das Engagement von Laien und Familien, die Familien begleiten, öffnen.“

Dass die Föderation der Katholischen Familienverbände in Europa (FAFCE) Netzwerke ausbaue und versuche, die Stimme von Familien in die europäischen Institutionen einzubringen, stehe „in vollem Einklang mit dem synodalen Weg, den wir gehen, um die Kirche mehr zu einer Familie von Familien zu machen“, lobte der Papst. So hat FAFCE etwa im vergangenen Jahr eine Vereinbarung mit dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen unterschrieben und arbeitet mit der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union zusammen.

Beitrag zum Weltfamilientreffen

Die Online-Konferenz der FAFCE zum Thema „Die Schönheit der Familie feiern“ an diesem Freitag ist ein Beitrag zum 10. Welttreffen der Familien, das vom 23. bis 27. Juni 2022 stattfindet. Teil nehmen Vertreter des Dikasteriums für die Laien, die Familien und das Leben, des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union (COMECE), der Delegation der Europäischen Union beim Heiligen Stuhl sowie Vertreter von EU-Institutionen, Botschafter, Akademiker und Delegierte der europäischen und nationalen Zivilgesellschaft. Das Weltfamilientreffen bildet den Abschluss eines von Papst Franziskus lancierten „Amoris laetitia“-Familienjahres, das im vergangenen Jahr startete.

Hier zum Hören

(vatican news - pr)

 

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10. Juni 2022, 13:40