Generalaudienz: „Lernen, Glauben auch im Alter zu bezeugen“
Der Papst holte weit aus in seiner Katechese an diesem Mittwoch, sprach den schwierigen Abschied vom selbstbestimmten Leben an, aber auch die Notwendigkeit, in jeder Lebensphase den Glauben zu bewahren. Das Vertrauen darauf, dass die jungen Generationen die Nachfolge übernehmen werden, heiße aber lange nicht, dass dieser Übergang völlig konfliktlos geschehen müsse, deutete Franziskus mit Blick auf die von inniger Liebe geprägte, aber nicht spannungsfreie Beziehung zwischen Jesus und Petrus an, wie sie in deren Dialog am Ende des Johannesevangeliums aufscheint (Joh 21, 15-23): „Eine Beziehung zwischen Männern in der Wahrheit“, nannte es der Papst.
Evangelium nicht in ,Kokon einer verzuckerten Offenbarung' einschließen
„Wir können uns fragen: Sind wir in der Lage, den Tenor dieser Beziehung Jesu zu den Jüngern beizubehalten – seinem Stil zu entsprechen, der so offen, so freimütig, so direkt, so menschlich real ist? (…) Sind wir nicht stattdessen sehr oft versucht, das Zeugnis des Evangeliums in den Kokon einer ‚verzuckerten‘ Offenbarung einzuschließen, der wir unter Bedingungen unsere Verehrung zollen? Diese Haltung, die wie Respekt aussieht, entfernt uns in Wirklichkeit von dem wirklichen Jesus und wird sogar zum Anlass für einen sehr abstrakten, sehr selbstbezogenen, sehr weltlichen Glaubensweg, der nicht der Weg Jesu ist.“
In dem Gespräch gebe Jesus Petrus die Mahnung auf den Weg, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt sein Leben nicht mehr selbst in der Hand haben werde. Eine Anspielung auf das Martyrium und den Tod, wie der Evangelist im weiteren Verlauf erläutert. Doch den Sinn dieser Ermahnung könne man auch allgemeiner verstehen, so der Papst, der in diesem Zusammenhang scherzhaft auf sein eigenes Rollstuhldasein hinwies. Auch bei der eigenen Nachfolge müsse man lernen, sich von der „Gebrechlichkeit, Hilflosigkeit, Abhängigkeit von anderen leiten und formen zu lassen, selbst beim Ankleiden, beim Gehen.“ Du aber ‚folge mir nach‘ (V. 19), sagt Jesus zu Petrus: „Die Nachfolge Jesu geht immer weiter, in guter Gesundheit, bei schlechterer Gesundheit, selbstständig, physisch gesehen unselbstständig, aber die Nachfolge Jesu ist wichtig. Jesus immer folgen, zu Fuß, rennend, langsam, im Rollstuhl, immer.“
Die „Weisheit der Nachfolge“ müsse einen Weg finden, um im Glaubensbekenntnis verankert zu bleiben, auch unter den eingeschränkten Bedingungen von Schwäche und Alter, so Franziskus mit Blick auf das im Evangelium geschilderte Liebesbekenntnis des Petrus gegenüber Jesus.
„Dieses Gespräch zwischen Jesus und Petrus enthält wertvolle Lehren für alle Jünger, für alle Gläubigen. Und auch für alle älteren Menschen. Wir lernen aus unserer Gebrechlichkeit, die Beständigkeit unseres Lebenszeugnisses unter den Bedingungen eines Lebens auszudrücken, das weitgehend auf andere angewiesen ist, das weitgehend von der Initiative anderer abhängt. Mit der Krankheit und dem Alter steigt die Abhängigkeit und wir sind nicht mehr selbständig wie früher; das nimmt zu und auch dort reift der Glaube, auch dort ist Jesus mit uns, auch dort sprudelt dieser Reichtum des auf dem Lebensweg gut gelebten Glaubens.“
Doch dieser Lebensabschnitt bringe die spirituelle Herausforderung mit sich, die altersbedingten Schwächen zu akzeptieren und damit umzugehen. Man müsse Abschied davon nehmen, als Protagonisten aufzutreten, und lernen, auf neue Weise am Leben der anderen teilzuhaben. Dazu gehöre auch, die Tatsache anzunehmen, dass nach uns jemand anderer komme, verdeutlichte der Papst anhand des Wortwechsels zwischen Petrus und Jesus, in dem es um das weitere Schicksal dessen Lieblingsjüngers ging. „Muss der wirklich in ‚meiner‘ Nachfolge mitmachen? Muss er ‚meinen‘ Platz besetzen? Wird das mein Nachfolger sein? Das sind Fragen, die nicht helfen. (...) Die Antwort Jesu ist offen und sogar grob: ‚Was kümmert dich das? Du kümmere dich um dein eigenes Leben, um deine aktuelle Situation und steck nicht die Nase in die Angelegenheiten anderer.“
„Folge mir nach“, so die Antwort Jesu an Petrus, aber gleichzeitig eine Absage daran, sich ins Leben der anderen einzumischen. „Wunderschön“, unterstrich der Papst, der damit eine Mahnung an die älteren Menschen verband, keinen Neid auf die Jugend zu spüren, die nach und nach ihren Platz einnehmen werde. Denn das Alter und der Abschied vom Leben brächten im Gegenzug die Bewunderung der jungen Generationen für die Liebe und Glaubenstreue der Älteren, ebenso wie die „dankbare Anerkennung durch den Herrn“ mit sich: „Das Leben der älteren Menschen ist ein Abschied, langsam, langsam, aber ein freudiger Abschied: ich habe das Leben gelebt, ich habe meinen Glauben bewahrt. Es ist schön, wenn ein älterer Mensch das sagen kann: ,Ich habe das Leben gelebt, ich war ein Sünder, aber ich habe auch Gutes getan‘. Und dieser Friede, der kommt, das ist der Abschied der älteren Menschen.“
Jugend wird Saat aufgehen lassen - und das säen, was wir nicht säen konnten
Genau diese zunächst zwangsweise „untätige Nachfolge“, die jedoch wie bei Maria, der Schwester des Lazarus aus „tiefgefühlter Kontemplation und genauem Hören auf das Wort des Herrn“ bestehe, könne jedoch zum „besten Teil“ des Lebens werden, der einem von niemandem mehr genommen werden könne, so der Papst, der sich ausdrücklich dabei einschloss: „Schauen wir auf die älteren Menschen, schauen wir sie an, und helfen wir ihnen, auf dass sie ihre Lebensweisheit leben und ausdrücken können, dass sie uns geben können, was sie an Schönem und Gutem haben. (…) Und wir älteren Menschen, schauen wir auf die jungen Menschen und (schenken wir ihnen, Einf.) immer ein Lächeln (…): Sie werden ihren Weg gehen, sie werden das voranbringen, was wir gesät haben, auch das, was wir nicht gesät haben, weil wir nicht den Mut oder die Gelegenheit dazu hatten: sie werden es voranbringen.“
Ebenso wie ein älterer Mensch zum Glücklichsein die jungen Menschen ansehen müsse, könnten die jungen Menschen im Leben „nicht vorwärts gehen, ohne auf die Älteren zu schauen“, unterstrich Franziskus zum Abschluss die enge wechselseitige Beziehung der Generationen, die ihm seit jeher ein Anliegen ist.
Am kommenden Mittwoch findet keine Generalaudienz statt, da der Papst am Hochfest Peter und Paul eine Messe auf dem Petersplatz feiert. Im Juli werden die Generalaudienzen wie üblich ausgesetzt, bevor sie ab dem 6. August wieder aufgenommen werden.
(vatican news - cs)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.