Palästinenser und Israelis beim Papst: „Sehr intensive“ Treffen
Mario Galgano – Vatikanstadt
Rachel Goldberg-Polin gehörte der israelischen Delegation an. Ihr 23-jähriger Sohn Hersh wurde am 7. Oktober von der Hamas schwer am Arm verletzt und entführt, als er an einer Rave-Party in der Nähe der Grenze zu Gaza teilnahm.
Vor zehn Tagen hatten die Medien des Heiligen Stuhls sie bereits in ihrem Haus in Jerusalem getroffen, wo sie mit ihrem Ehemann und ihren beiden anderen Töchtern lebt. Damals hatte Rachel Goldberg über ihren Sohn gesprochen und erzählt, wie sie von der Geiselnahme erfahren hatte. Sie hatte auch ein Video an Papst Franziskus gesendet, um ihm für seine wiederholten und aufrichtigen Worte für die sofortige und bedingungslose Freilassung der Geiseln zu danken.
Am Mittwoch hatte Rachel Goldberg-Polin dann die Gelegenheit, den Papst persönlich zu treffen: Es war, so sagt sie, „ein sehr intensives, wenn auch kurzes Treffen, bei dem der Heilige Vater eine sehr teilnehmende und mitfühlende Haltung uns gegenüber an den Tag legte“. Die Familienangehörigen der Hamas-Geiseln hätten gerne mehr Zeit mit ihm verbracht, aber „wir haben seine ganze Unterstützung und Liebe gespürt“.
Franziskus, eine viel beachtete Stimme in der muslimischen Welt
Papst Franziskus sei nicht nur das geistliche Oberhaupt der Katholiken, fährt Rachel fort:
„Er hat auch eine unbestrittene moralische Autorität in der ganzen Welt. Der Papst wird auch in der muslimischen Welt sehr stark gehört, was für uns besonders wichtig ist. Und seine Stimme beeinflusst die Mächtigen der Welt, damit sie sich bewusst sind, dass die Freilassung aller Geiseln heute oberste Priorität hat.“
In Bezug auf das Abkommen, das zunächst die Freilassung von 50 Geiseln im Austausch gegen die Freilassung palästinensischer Gefangener und eine viertägige Waffenruhe im Gazastreifen vorsieht, hofft Rachel Goldberg-Polin, dass alle Geiseln die Freiheit wiedererlangen: „Wenn die ersten 50 jetzt freigelassen werden, darf man nicht vergessen, dass sich noch bis zu 190 in den Händen der Entführer befinden.“
Das Treffen mit Palästinensern
Auch die Palästinenserin Suhair Anastas war am Mittwochmorgen mit weiteren Landsleuten im Vatikan, um kurz vor der Generalaudienz mit Papst Franziskus zusammenzutreffen. Franziskus hatte die beiden Delegationen hintereinander empfangen „Bei unserem Treffen mit dem Papst erzählte jeder von uns, was er erlebt hatte. Jeder hatte eine andere Lebensgeschichte, aber sie endeten alle auf die gleiche Weise: Die Menschen in Gaza sterben.“
Da die palästinensischen Behörden die Zahl der Todesopfer auf 14.000 schätzten, darunter 5.800 Kinder, wünsche sie sich, dass die Menschen in Gaza als „konkrete Wesen“ wahrgenommen werden. „Wir sind nicht nur eine statische Nummer“, betont sie.
Kein sicherer Ort, an dem man Schutz finden kann
Suhair Anastas, die mit ihrer Familie in der katholischen Pfarrei der Heiligen Familie Zuflucht gefunden hat, befand sich bis vor vier Tagen noch in Gaza-Stadt. „Dank meines kanadischen Passes konnte ich mit meiner 16-jährigen Tochter aus Gaza herauskommen“, sagt sie. Die Palästinenserin schätzt sich „glücklich“, dass sie in eine Kirche flüchten konnte, obwohl „es ohnehin kein sicherer Ort war“, denn, so fügt sie hinzu:
„Bei uns gibt es keinen sicheren Ort. Man schläft ein und weiß nicht, ob man am nächsten Morgen wieder aufwachen wird. Das ist eine schreckliche Erfahrung. Wenn man alles hinter sich lässt, fühlt man sich wirklich schuldig.“
Suhair und alle Mitglieder der vom Papst empfangenen Gruppe von Palästinensern haben durch den Krieg Freunde und Familienangehörige verloren. Das Schlimmste, fährt Suhair fort, „ist, dass man nicht weiß, was um einen herum passiert. Manchmal sagt man sich, dass, wenn einem etwas passiert, die Familie eh nichts davon erfährt“. Stattdessen wartet ihre Familie nun in Jordanien auf sie, wo auch ihre beiden anderen Söhne leben, die an der Universität studieren:
„Ich träume von einem sicheren Leben. Heute haben wir nichts. Wir haben keinen Plan für die Zukunft, nach allem, was wir erlebt haben. Jeder wünscht sich das Beste für seine Kinder und ich hoffe, dass das möglich sein wird.“
Suhair wünscht sich jedoch, dass sie eines Tages „nach Gaza zurückkehren“ kann.
(vatican news)
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