Generalaudienz von Papst Franziskus: Die Katechese im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern!
Nachdem wir beim letzten Mal gesehen haben, dass die christliche Verkündigung Freude ist, wollen wir uns heute mit einem zweiten Aspekt befassen: Sie gilt allen. Die christliche Verkündigung ist Freude für alle. Wenn wir Jesus wirklich begegnen, durchdringt das Wunder dieser Begegnung unser ganzes Leben, will über uns selbst hinausgetragen werden. Der Herr möchte, dass sein Evangelium allen gilt. Darin liegt nämlich eine „humanisierende Kraft“, eine Erfüllung des Lebens, die für jeden Menschen bestimmt ist, denn Christus ist für alle geboren, gestorben und auferstanden. Für alle ohne Ausnahme.
In Evangelii gaudium steht: „Alle haben das Recht, das Evangelium zu empfangen. Die Christen haben die Pflicht, es ausnahmslos allen zu verkünden; nicht wie jemand, der eine neue Verpflichtung auferlegt, sondern wie jemand, der eine Freude teilt, einen schönen Horizont aufzeigt, ein erstrebenswertes Festmahl anbietet. Die Kirche wächst nicht durch Proselytismus, sondern »durch Anziehung«“ (Nr. 14) Brüder, Schwestern, fühlen wir uns im Dienst der universalen Bestimmung des Evangeliums; es ist für alle! Zeichnen wir uns durch die Fähigkeit aus, aus uns selbst herauszugehen - echte Verkündigung muss aus dem eigenen Egoismus herausgehen, und wir sind dessen auch fähig -, alle Grenzen zu überschreiten. Die Christen versammeln sich mehr auf dem Kirchhof als in der Sakristei und gehen „auf die Straßen und Gassen der Stadt hinaus“ (Lk 14,21). Sie sollen offen und expansiv sein, die Christen sollen „aufgeschlossen“ sein – und dieser Wesenszug der Christen stammt von Jesus, der seine Gegenwart in der Welt zu einer ständigen Reise gemacht hat, die darauf abzielt, alle zu erreichen und auch aus einigen seiner Begegnungen zu lernen.
In diesem Sinne berichtet das Evangelium von der überraschenden Begegnung Jesu mit einer fremden Frau, einer Kanaanäerin, die ihn bittet, ihre besessene Tochter zu heilen (vgl. Mt 15,21-28). Jesus lehnt ab und sagt, dass er „nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt“ sei und es „nicht recht ist, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen“ (V. 24.26). Mit der Beharrlichkeit, die für einfache Menschen typisch ist, antwortet die Frau aber, dass „selbst die kleinen Hunde von den Brotkrumen essen, die vom Tisch ihrer Herren fallen“ (V. 27). Jesus ist beeindruckt und sagt: „Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt“ (V. 28). Diese Begegnung mit dieser Frau hat etwas Einzigartiges. Nicht nur, dass es hier jemandem gelingt, Jesus umstimmen – und zwar einer Frau, einer Fremden, einer Heidin. Nein, der Herr selbst findet hier bestätigt, dass seine Verkündigung nicht nur auf das Volk beschränkt sein soll, zu dem er gehört, sondern allen gilt.
Die Bibel zeigt uns, dass Gott, wenn er einen Menschen beruft und einen Bund mit ihm schließt, dies immer nach folgendem Kriterium tut: Er erwählt einen, um andere zu erreichen. Das ist das Kriterium Gottes, der Berufung durch Gott. Alle Freunde des Herrn haben die Schönheit, aber auch die Verantwortung und die Last erfahren, von ihm „erwählt“ zu sein. Und alle haben Entmutigung erlebt angesichts ihrer eigenen Schwächen oder des Verlusts ihrer Sicherheiten. Doch die vielleicht größte Versuchung besteht darin, die Berufung, die sie erhalten haben, als Privileg zu betrachten: Bitte nicht! Die Berufung ist kein Privileg, niemals! Wir können nicht sagen, dass wir im Vergleich zu anderen privilegiert seien, nein - die Berufung ist Berufung zu einem Dienst. Und Gott wählt einen aus, um alle zu lieben, um alle zu erreichen.
Auch um der Versuchung vorzubeugen, das Christentum mit einer ethnischen Gruppe, einem System zu identifizieren. Denn dann verliert es sein wahrhaft katholisches Wesen, also für alle, universal: Es ist kein Grüppchen von Auserwählten erster Klasse. Wir dürfen nicht vergessen, dass Gott einige erwählt, um alle zu lieben. Dieser Horizont der Universalität. Das Evangelium ist nicht nur für mich, es ist für alle - vergessen wir das nicht! Danke.
(vaticannews - skr)
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