Papst am Stefanitag: Die Ansprache im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Heute, gleich nach Weihnachten, feiern wir das Fest des heiligen Stephanus, der der erste Märtyrer war. Der Bericht über sein Martyrium findet sich in der Apostelgeschichte (vgl. Kapitel 6-7), wo er als „Mann von gutem Ruf“ beschrieben wird, der für die Armenspeisung zuständig war und Almosen verteilte (vgl. 6,3). Gerade wegen dieser großzügigen Integrität kann er nicht umhin, das zu bezeugen, was ihm am kostbarsten ist: seinen Glauben an Jesus. Und damit zieht er den Zorn seiner Gegner auf sich, die ihn gnadenlos zu Tode steinigen. Und all das geschieht vor den Augen eines jungen Mannes, Saulus, eines unerbittlichen Christenverfolgers, der bei der Hinrichtung als „Garant“ fungiert (vgl. 7,58).
Denken wir einen Moment über diese Szene nach: Saulus und Stephanus, der Verfolger und der Verfolgte. Zwischen ihnen scheint eine undurchdringliche Mauer zu stehen: hart wie der Fundamentalismus des jungen Pharisäers und die Steine, mit denen der zum Tode Verurteilte beworfen wird. Doch jenseits des Scheins gibt es da noch etwas Stärkeres, das sie verbindet: Durch das Zeugnis des Stephanus bereitet der Herr im Herzen des Saulus – von diesem unbemerkt – nämlich bereits die Bekehrung vor, die ihn zu einem großen Apostel machen wird. Stephanus, sein Dienst, sein Gebet und der Glaube, den er verkündet, sein Mut – vor allem aber die Vergebung, die der Sterbende gewährt –, sind nicht umsonst. Zu Zeiten der Verfolgung hat man gesagt - und das trifft auch heute noch zu: „Das Blut der Märtyrer ist der Same für neue Christen“. Alles scheint im Nichts zu enden, in Wahrheit aber sät das Opfer des Stephanus ein Samenkorn, das die entgegengesetzte Richtung nimmt als die Steine, und sich auf verborgene Weise in die Brust seines ärgsten Rivalen einpflanzt.
Heute, zweitausend Jahre später, sehen wir leider, dass die Verfolgung weitergeht: Es werden immer noch so viele Christen verfolgt... Es gibt immer noch Menschen – und es sind viele –, die leiden und sterben, um Zeugnis abzulegen für Jesus. Ebenso wie es auch Menschen gibt, die auf verschiedenen Ebenen dafür bestraft werden, dass sie sich so verhalten, wie es dem Evangelium entspricht – und solche, die jeden Tag ohne viel Aufhebens davon zu machen, ihren guten Pflichten treu zu bleiben versuchen, während die Welt über sie lacht und etwas anderes predigt. Auch diese Brüder und Schwestern mögen als Versager erscheinen, aber heute sehen wir, dass dem nicht so ist. Damals wie heute keimt der Same der von ihnen gebrachten Opfer auf, der zu sterben schien. Und er bringt Frucht, weil Gott durch sie weiter Wunder wirkt (vgl. Apg 18,9-10), um die Herzen zu verändern und die Menschen zu retten.
Fragen wir uns also: Interessiere ich mich für die Menschen, die in verschiedenen Teilen der Welt noch immer für den Glauben leiden und sterben? So viele werden wegen ihres Glaubens umgebracht! Und versuche ich meinerseits, das Evangelium konsequent, mit Sanftmut und Vertrauen zu bezeugen? Glaube ich, dass die Saat des Guten Früchte tragen wird, auch wenn ich keine unmittelbaren Ergebnisse sehe?
Maria, Königin der Märtyrer, hilf uns, Zeugnis abzulegen für Jesus.
(vaticannews - übersetzung: silvia kritzenberger)
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