Papst Franziskus am 28.9.2024 beim Besuch der katholischen Universität in Louvain, im französischsprachigen Teil Belgiens, die 2025 ihr 600-Jahr-Jubiläum feiert Papst Franziskus am 28.9.2024 beim Besuch der katholischen Universität in Louvain, im französischsprachigen Teil Belgiens, die 2025 ihr 600-Jahr-Jubiläum feiert  (Vatican Media)

Papstrede an Studis in Belgien: Umweltschutz, Rolle der Uni und Rolle der Frau

Diesen Samstagnachmittag hat Papst Franziskus die katholische Universität in Louvain, im französischsprachigen Teil Belgiens, und ihre Studierenden besucht. Das 600-Jahr-Jubiläum der Hochschule im Jahr 2025 ist Anlass der Papstvisite im Land und die Uni zweigeteilt: Am Vortag war der Papst an der anderen Uni gewesen. Am Freitag ging es viel um Flüchtlinge, nun lag der Fokus auf Franziskus` Umweltenzyklika „Laudato si" - und es ging auch um die Rolle von Frauen in der katholischen Kirche.

Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt

Die katholische Universität in Louvain-la-Neuve zählt mehr als 30.000 Studierende und an ihrer Spitze steht eine Frau: Rektorin Françoise Smets begrüßte das katholische Kirchenoberhaupt am Samstagnachmittag in der Aula Magna der Uni. Sie dankte in ihrer Rede nicht nur für den Besuch zum Jubiläum, sondern erwähnte auch die Klimakrise als besondere Herausforderung für die Zukunft, nicht nur für die Wissenschaft, sondern für alle. In einem anschließend von verschiedenen Vertretern der Universität, vor allem jungen Leuten, verlesenen Brief wurde deutlich, dass gerade junge Menschen auch aufgrund des Klimawandels in großer Sorge sind: 

„Das Wissen, das sie - in Hörsälen und anderswo - erwerben, überzeugt sie davon, dass eine Katastrophe bevorsteht, und sie fühlen sich außerstande, sie aufzuhalten. Das kann zu einem Gefühl des Erstickens führen, sowohl mental als auch physisch". Darauf nahm Franziskus in seiner anschließenden Rede direkt Bezug: 

„Wir sehen, wie gewalttätig und anmaßend das Böse ist, das die Umwelt und die Völker zerstört. Es scheint kein Halten zu kennen“

„Von den Themen, die ihr ansprecht, hat mich vor allem das Thema Zukunft und Angst beeindruckt. Wir sehen, wie gewalttätig und anmaßend das Böse ist, das die Umwelt und die Völker zerstört. Es scheint kein Halten zu kennen. Der Krieg ist sein brutalster Ausdruck, ebenso wie Korruption und die modernen Formen der Sklaverei. Manchmal verunreinigen diese Übel die Religion selbst, die zu einem Mittel zur Herrschaft wird. Das aber ist Blasphemie. Die Verbindung der Menschen mit Gott, der die rettende Liebe ist, wird zur Sklaverei", sagte Papst Franziskus vor dem überwigend aus Studierenden bestehenden Publikum, das rund um ihn zu sehen war.  Der Papst sagte ihnen, dass „Christen wissen, dass das Böse nicht das letzte Wort hat".

„Solange der Markt an erster Stelle steht, wird unser gemeinsames Haus unter Ungerechtigkeit leiden“

Das „ökologische Programm“ der katholischen Kirche sei es, die Schöpfung zu erhalten und sie zum Wohl aller zu pflegen. Hier gelte es, besonders achtsam zu sein, dass nicht wirtschaftliche Interessen überwögen. Einmal mehr mahnte Franziskus hier eindringlich einen Wandel an: 

„Wir müssen an den Ursprung des Problems gehen, nämlich das menschliche Herz. Daher rührt auch die dramatische Dringlichkeit der ökologischen Frage: von der arroganten Gleichgültigkeit der Mächtigen, die immer die wirtschaftlichen Interessen in den Vordergrund stellt. Solange dies der Fall ist, wird jeder Appell zum Schweigen gebracht oder nur in dem Maß aufgegriffen, wie er dem Markt nützt. Und solange der Markt an erster Stelle steht, wird unser gemeinsames Haus unter Ungerechtigkeit leiden. Die Schönheit des Geschenks erfordert unsere Verantwortung: Wir sind Gäste, keine Despoten. In diesem Sinne, liebe Studenten, versteht Kultur als Kultivierung der Welt, nicht nur der Ideen."

In einem eingeblendeten Video kam die französische Klimaaktivistin Laurence Tubiana zu Wort, die Architektin des Pariser Abkommens und Vorsitzende der Europäischen Klimastiftung ist. Sie forderte eine öffentliche Debatte zum Klimawandel und sagte, man könne angesichts des Klimawandels nicht mehr untätig sein. 

Wo sind die Frauen in Laudato si?

Der Schutz der Schöpfung liegt auch Papst Franziskus am Herzen, er hat sich in seinem Schreiben „Laudate Deum“ im Jahr 2023 besonders zum Klimawandel geäußert und ging auch in seiner Enzyklika „Laudato si" aus dem Jahr 2015 darauf ein. Mit letzterer hatte sich auch die Uni Louvain zum Papstbesuch genauer befasst, um besonders den philosophischen und theologischen Wurzeln der Klimakrise, dem Stellenwert von Emotionen und Engagement, der Frage der Ungleichheiten, dem Stellenwert der Frauen und der Haltung der Mäßigung und Solidarität angesichts der Klimakrise genauer auf den Grund zu gehen. Die Ergebnisse bekam der Papst nun präsentiert - und er wurde auch mit Fragen konfrontiert: 

„Die Forderung nach ganzheitlicher Entwicklung erscheint uns unvereinbar mit den Positionen zu Homosexualität und der Stellung der Frau in der katholischen Kirche.  Lieber Papst Franziskus, wo ist der Platz der Frauen in Ihrer Enzyklika? Die Frauen sind die großen Abwesenden in Laudato si'."

„Thema, das euch und noch mehr mir und meinen Vorgängern am Herzen liegt: die Rolle der Frau in der Kirche. Gewalt und Ungerechtigkeit wiegen hier schwer, ebenso wie ideologische Vorurteile“

Das katholische Kirchenoberhaupt versicherte mit Blick auf die Frauenfrage: „Wenn wir über die menschliche Ökologie nachdenken, kommen wir zu einem Thema, das euch und noch mehr mir und meinen Vorgängern am Herzen liegt: die Rolle der Frau in der Kirche. Gewalt und Ungerechtigkeit wiegen hier schwer, ebenso wie ideologische Vorurteile." Ausgehend von der gemeinsamen und geteilten Würde von Mann und Frau entfalte die christliche Kultur in verschiedenen Kontexten immer wieder aufs Neue die „Berufung und Sendung des Mannes und der Frau und ihr gegenseitiges Füreinandersein, in Gemeinschaft. Nicht einer gegen den anderen, in gegensätzlichen Ansprüchen, sondern einer für den anderen." Franziskus erinnerte außerdem daran, dass die Frau im Heilsgeschehen eine zentrale Stellung einehme, da durch Maria „Gott in Person in die Welt" komme.

Papst Franziskus rief in seiner Rede zudem zu Treue auf: „Treue zu Gott und zu den Menschen" . Er betonte, die Kirche wende sich „gegen jede Form von Unterdrückung und Ausgrenzung. Die Kirche prangert diese Missstände an und setzt sich in erster Linie für die Umkehr eines jeden ihrer Mitglieder ein, für unsere eigene Umkehr zu Gerechtigkeit und Wahrheit. In diesem Sinne appelliert die ganzheitliche Entwicklung an unsere Heiligkeit: Sie ist Berufung zu einem gerechten und glücklichen Leben – für alle."

„Seid Suchende und Zeugen der Wahrheit! Versucht, durch die einfachsten täglichen Entscheidungen glaubwürdig und konsequent zu sein. So wird diese Universität jeden Tag zu dem, was sie sein will, nämlich eine katholische Universität!“

Hier Eindrücke von der Begegnung mit Studierenden im Video (Vatican News)

Suche nach der Wahrheit

Direkt an die Studentinnen und Studenten gerichtet, erklärte der Papst, das Studium solle nie nur der Selbsterkenntnis dienen, sondern sich auch in den Dienst der Gemeinschaft stellen und Gemeinschaft leben: „Kultur als Sorge für sich selbst bedeutet auch Sorge für die Anderen." Das Studium solle vor allem das Ziel haben, die Wahrheit zu suchen:

„Liebe Studentinnen und Studenten, es ist mir eine Freude, diese Gedanken mit euch zu teilen. Und während wir dies tun, nehmen wir wahr, dass es etwas Größeres gibt, das uns erleuchtet und übersteigt: die Wahrheit. Ohne Wahrheit verliert unser Leben seinen Sinn. Das Studium ist sinnvoll, wenn wir dabei die Wahrheit suchen." So lautete der Schluss-Appell des Kirchenoberhaupts dann auch: 

„Seid Suchende und Zeugen der Wahrheit! Versucht, durch die einfachsten täglichen Entscheidungen glaubwürdig und konsequent zu sein. So wird diese Universität jeden Tag zu dem, was sie sein will, nämlich eine katholische Universität!"

Papst Franziskus schreibt sich ins Goldene Buch der Katholischen Universität Louvain ein
Papst Franziskus schreibt sich ins Goldene Buch der Katholischen Universität Louvain ein

Vor Beginn des Treffens hatte Franziskus sich ins Goldene Buch der Uni eingetragen: „Mögen die Studienjahre an dieser Universität reich an Hoffnung und Einsatz sein, um im Wissen und der Verantwortung zu wachsen, treu gegenüber Gott und den Menschen."

(vatican news - sst) 

 

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28. September 2024, 18:25