Papst in Indonesien: Verantwortung für die Schöpfung und die Armen

In seiner zweiten Ansprache auf indonesischem Boden hat Franziskus vor Interessenkalkül gewarnt und Liebe zur Schöpfung und unseren Nächsten angemahnt. Den Kirchenvertretern des mehrheitlich muslimischen Landes legte er ans Herz, „stark zu sein im Glauben, offen für alle in Geschwisterlichkeit und einem jeden nahe im Mitgefühl“.

Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt

Nach den Regierungsvertretern des Inselstaats in Südostasien hat das katholische Kirchenoberhaupt am ersten Tag des offiziellen Programms seiner Asienreise in der neugotischen Kathedrale „Mariä Himmelfahrt“ Bischöfe, Priester, Ordensleute und Katecheten der Ortskirche getroffen. Im Zentrum der bisherigen Hauptstadt des Landes, in dem die Katholiken nur drei Prozent ausmachen, steht die Kathedrale direkt gegenüber der Istiqlal-Moschee - und ist mit dieser durch eine Unterführung namens „Tunnel der Freundschaft“ verbunden.

Kinder mit traditionellen Musikinstrumenten oder mit Indonesien- und Vatikanfähnchen begrüßten den Papst auf dem Vorplatz der Kathedrale. Im Rollstuhl zog Franziskus in das Gebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert ein. Ein Priester und ein Katechist zeichneten in kurzen Reden ein eher harmonisches Bild ihrer Ortskirche; eine Missionarin wies in ihrer Ansprache allerdings darauf hin, dass man in Indonesiens Kirche oft Schwierigkeiten (vor allem sprachlicher Natur) mit Dokumenten aus dem Vatikan habe, und mahnte mehr Übersetzungen ins Indonesische an. Das sei wichtig, damit sich die Katholiken in Indonesien wirklich im Einklang mit Rom fühlen könnten.

Glaube, Geschwisterlichkeit und Mitgefühl

Franziskus lobte in einer kurzen, improvisierten Rede die Arbeit von Katechisten: Sie brächten die Kirche voran. Dann  erst ging er zu seinem vorbereiteten Redetext über und erinnerte daran, dass „Glaube, Geschwisterlichkeit und Mitgefühl“ die drei Tugenden seien, „die sowohl euren Weg als Kirche als auch das Wesen eures Volkes gut zum Ausdruck bringen, das ethnisch und kulturell sehr vielfältig ist, aber zugleich von einem natürlichen Streben nach Einheit und friedlichem Zusammenleben geprägt ist.“

Gerade die „enormen natürlichen Reichtümern“ dieses Staates, der zu den bevölkerungsreichsten der Erde gehört, würden unweigerlich auf den Glauben verweisen, erklärte Franziskus das erste der drei Wörter, die das Motto der Apostolischen Reise nach Indonesien ausmachen.

Der Papst in Jakarta - ein Bericht von Radio Vatikan

„Es gibt keinen Zentimeter des wunderbaren indonesischen Territoriums und auch keinen Augenblick im Leben eines jeden seiner Millionen Einwohner, der nicht ein Geschenk Gottes wäre, ein Zeichen seiner unentgeltlichen und vorauseilenden Vaterliebe,“ sinnierte der Papst. „Und auf all dies mit demütigen Kinderaugen zu schauen, hilft uns zu glauben, uns als klein und geliebt zu erkennen und Gefühle der Dankbarkeit und Verantwortung zu hegen.“

Für einen nüchternen und respektvollen Stil

Eine Verantwortung, die nicht nur unsere Beziehung zur Schöpfung, sondern auch die zu unseren Brüdern und Schwestern betreffe, „die wir mit einem persönlichen und gemeinschaftlichen Stil leben sollen, der von Respekt, Höflichkeit und Menschlichkeit, von Nüchternheit und franziskanischer Nächstenliebe geprägt ist.“

Der Pontifex würdigte die Tradition der indonesischen Kirche, „Geschwisterlichkeit zu leben, sich gegenseitig anzunehmen und sich in der Verschiedenheit als gleichwertig anzuerkennen.“

Das Evangelium zu verkünden bedeute nämlich nicht, „den eigenen Glauben aufzudrängen oder ihn dem der anderen entgegenzusetzen, sondern die Freude an der Begegnung mit Christus weiterzugeben und zu teilen (vgl. 1 Petr 3,15-17), immer mit großem Respekt und geschwisterlicher Zuneigung für alle,“ so der Papst weiter.

Das sehr eng mit der Geschwisterlichkeit verbundene Mitgefühl bestehe nicht darin, „ Almosen an bedürftige Brüder und Schwestern zu verteilen und von oben aus, vom „Turm“ der eigenen Sicherheiten und Privilegien auf sie herabzublicken,“ warnte Franziskus. Statt Angst vor Nähe zu haben, müssten wir „wirklich mit denen in Kontakt treten, die am Boden liegen, um sie so wiederaufzurichten und ihnen neue Hoffnung zu geben (vgl. Enzyklika Fratelli tutti, 70).“

„Was die Welt weiterbringt, ist nicht Interessenskalkül“

Wörtlich sagte der Papst:

„Was die Welt weiterbringt, ist nicht Interessenskalkül – das in der Regel zur Zerstörung der Schöpfung und zur Spaltung der Gemeinschaften führt – sondern die Liebe, die sich verschenkt. Das Mitgefühl trübt nicht die wahre Sicht auf das Leben; es lässt uns im Gegenteil die Dinge besser sehen, im Licht der Liebe.“

Abschließend würdigte Franziskus die Arbeit, die die Katecheten für die Glaubensverbreitung in Asien tun, mit einem Zitat Johannes Pauls II., der Jakarta 1989 besucht hat.

Er zitierte den Psalmvers: Laetentur insulae multae – Freuen sollen sich die vielen Inseln (Ps 97,1) und lud seine Zuhörer ein, dies zu verwirklichen „im Zeugnisgeben für die Freude der Auferstehung und im Darbieten eures Lebens, damit auch die fernsten Inseln sich freuen können, weil sie das Evangelium hören dürfen, dessen echte Prediger, Lehrer und Zeugen ihr seid“.

Eine anstrengende Reise…

In einem kurzen Grußwort wandte sich der Präsident der indonesischen Bischofskonferenz, Bischof Antonius Subianto Bunjamin, an den Papst. Er dankte dem Gast aus Rom dafür, diese „anstrengende Reise“ auf sich genommen zu haben, um „der vielfältigen indonesischen Nation Hoffnung zu schenken“. Etwa 1.300 ethnische Gruppen und Völker leben in dem Staat, der aus über 17.000 Inseln zusammengesetzt ist.

(vaticannews – skr)
 

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04. September 2024, 12:53