Der Papst bei dem Treffen im römischen Stadtteil Trastevere Der Papst bei dem Treffen im römischen Stadtteil Trastevere  (Vatican Media)

Papst für höhere Besteuerung großer Vermögen

Papst Franziskus betet dafür, dass wirtschaftlich mächtige Menschen aus ihrer Isolation herauskommen, sich öffnen und Güter teilen. Das vertraute er Vertretern von Volksbewegungen an, die er an diesem Freitag in Rom traf.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Der erste Papst aus Lateinamerika forderte mehr soziale Gerechtigkeit im Weltmaßstab, empfahl aber insbesondere auch den Betreibern großer sozialer Netzwerke, die Gesetze zu achten und Steuern zu zahlen.

Stegreif-Rede

Franziskus sprach eine Dreiviertelstunde überwiegend aus dem Stegreif vor seinen Gästen und ging dabei unter anderem auf das Phänomen Reichtum und Ausgrenzung ein. Er stellte sich hinter die - zuletzt etwa von der Initiative „Tax the Rich" erhobene - Forderung, Superreiche höher zu besteuern. „Das ist gut und richtig“, setzte der Papst an. „Und ich bete dafür, dass die wirtschaftlich Mächtigen aus ihrer Isolation herauskommen, die falsche Sicherheit des Geldes ablehnen und sich öffnen, um Güter zu teilen, die eine universelle Bestimmung haben, weil sie alle der Schöpfung entstammen.“

Er halte es für wenig wahrscheinlich, dass das geschehe, aber für Gott sei alles möglich. Geschwisterlich geteilter Reichtum wäre nach Ansicht des Papstes auch für die Hochvermögenden selbst ein Segen. „Ich bitte die Privilegierten dieser Welt, diesen Schritt zu tun. Sie werden viel glücklicher sein und wir werden noch mehr Brüder sein, ich weiß das“, sagte Franziskus.


Hochmut als Vorstufe zu Gewalt

Es sei im Übrigen paradox, dass überproportionaler Reichtum oft wenig mit Verdienst und Gehältern zu tun habe, fuhr der Papst fort. Viele große Vermögen seien geerbt, andere das Ergebnis von Ausbeutung, Steuerhinterziehung oder auch blutiger Formen von Kriminalität. Franziskus warnte vor einem mit Reichtum gepaarten Hochmut, den er als Vorstufe der Gewalt darstellte.

„Von oben auf andere herabschauen. Mit Gleichgültigkeit schauen. Mit Verachtung schauen. Mit Hass schauen. So wird Gewalt geboren. So entsteht das Schweigen der Gleichgültigkeit, welches das Brüllen des Hasses ermöglicht.“ Die soziale Spaltung öffne den Weg zu verbaler Gewalt, diese zu physischer Gewalt, und am Ende stehe der Krieg jeder gegen jeden, führte Franziskus aus.

Immer nach der Quittung fragen

Darüber hinaus forderte der Papst die Inhaber großer Technologiekonzerne dazu auf, das Schüren von Hass, Gewalt und Falschinformationen auf ihren Plattformen zu unterbinden sowie Steuern zu zahlen. Das sei „sehr wichtig“. Er riet aber auch den Anwesenden, jedes Mal im Restaurant und an der Kasse von Geschäften den Steuerbeleg entgegenzunehmen.

„Jeder Reichtum ist das Ergebnis der Arbeit vieler Menschen und vieler Generationen“, erklärte Franziskus. „Er ist das Ergebnis öffentlicher Investitionen in wissenschaftliche Erkenntnisse und staatlicher Entwicklung der Infrastruktur. All die Wunder, die wir heute haben, sind zum Teil das Ergebnis unternehmerischen Erfindungsreichtums, aber auch der bescheidensten Mütter, die ihre Kinder zu arbeitenden Menschen erziehen.“

„Nicht nur notwendig, sondern auch gerecht“

Deshalb sei es „nicht nur notwendig, sondern auch gerecht, dass die Früchte so vieler generationenübergreifender und kollektiver Anstrengungen unter allen Mitgliedern der Gesellschaft verteilt werden“, beschloss der Papst sein Plädoyer fürs Steuerzahlen.

Volksbewegungen sind in Lateinamerika entstanden und haben ihre Wurzeln im frühen 20. Jahrhundert. Sie berufen sich auf Grundelemente, die jeder Mensch zu einem Leben in Würde braucht, zusammengefasst in den „drei T”, die Franziskus auch in dieser Rede nannte: tierra, techo, trabajo, zu Deutsch: Land, Dach, Arbeit. Inhaltlich gibt es manche Überschneidungen mit der katholischen Soziallehre. Der Papst hat bereits mehrfach im Vatikan Angehörige von Volksbewegungen empfangen. Im Corona-Jahr 2020 schrieb er ihnen zu Ostern einen Brief

(vatican news – gs)

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20. September 2024, 15:46