Papst an G20 in Brasilien: Wege für Frieden finden
Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Bei den G20-Treffen versammeln sich seit 1999 die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Die Gruppe setzt sich aus den Finanzministern und Zentralbankchefs von 19 Ländern zusammen; das zwanzigste Mitglied ist die EU. Es sind zudem Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank sowie des Internationalen Währungs- und Finanzausschusses (IMFC) dabei.
Für den Heiligen Stuhl ist Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin für zwei Tage zum G20-Gipfel in die brasilianische Metropole Rio de Janeiro gereist. Zum Auftakt verlas er dort am Montagabend die Papstbotschaft.
Franziskus verweist darin auch auf „eine Vielzahl von miteinander verknüpften Herausforderungen" und spricht von „erheblichem Druck", der derzeit auf das internationale System ausgeübt werde.
„Dieser Druck äußert sich in verschiedenen Formen, darunter die Verschärfung von Kriegen und Konflikten, terroristischen Aktivitäten, selbstbewusster Außenpolitik und Aggressionen sowie das Fortbestehen von Ungerechtigkeiten", schreibt der Papst den G-20 wörtlich.
Er betont, dass Kriege und Konflikte zu mehr Armut und Hunger, Ungerechtigkeit und Umweltzerstörung führten und auch die Volkswirtschaften „nach wie vor erheblich" belasteten - auch mit Blick auf „exorbitante Ausgaben für Waffen und Rüstung", kritisiert der Papst einmal mehr Waffenlieferungen und Rüstungsausgaben. Den G20 wünscht Franziskus auch, „dass die Diskussionen und Ergebnisse dieser Veranstaltung dazu beitragen werden, eine bessere Welt und eine blühende Zukunft für die kommenden Generationen zu fördern."
Mehr Einsatz gegen Hunger und Armut
Ausführlich geht das katholische Kirchenoberhaupt in seiner Botschaft auch auf das Thema Hunger ein und verweist auf ein Paradox: „Einerseits haben mehr als drei Milliarden Menschen keinen Zugang zu einer nahrhaften Ernährung. Andererseits sind fast zwei Milliarden Menschen übergewichtig oder fettleibig, was auf schlechte Ernährung und eine sitzende Lebensweise zurückzuführen ist." Es brauche daher eine konzertierte Aktion, um auf allen Ebenen aktiv einen Wandel herbeizuführen und die Lebensmittelsysteme insgesamt neu zu gestalten, fordert der Papst.
Hunger dürfe zudem nicht schweigend hingenommen werden. In diesem Zusammenhang zitiert Franziskus auch aus seinem Schreiben „Fratelli tutti" aus dem Jahr 2020: „Daher kann es die Weltpolitik nicht unterlassen, unter ihre unverzichtbaren Hauptziele die effektive Beseitigung des Hungers aufzunehmen. ,Wenn die Finanzspekulation [nämlich] den Preis für Lebensmittel bestimmt und diese als x-beliebige Ware betrachtet, dann müssen Millionen von Menschen darunter leiden und verhungern. Auf der anderen Seite werden Tonnen von Lebensmitteln weggeworfen. Das ist ein Skandal! Andere hungern zu lassen ist ein Verbrechen; Ernährung ein unveräußerliches Recht". Der Papst mahnt daher eine bessere Verteilung von Nahrungsmitteln an und kritisiert Lebensmittelverschwendung.
Statt in Waffen und Rüstung in Bekämpfung von Hunger und Armut investieren
Franziskus betont, dass Hunger nicht nur eine Frage unzureichender Ernährung sei, „sondern vielmehr eine Folge umfassenderer sozialer und wirtschaftlicher Ungerechtigkeiten. Insbesondere die Armut ist ein wesentlicher Faktor, der zum Hunger beiträgt und einen Kreislauf wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten aufrechterhält, der in unserer globalen Gesellschaft allgegenwärtig ist. Hunger und Armut sind untrennbar miteinander verbunden." Daher fordert der Papst „sofortige und entschlossene Maßnahmen" um die „Geißel des Hungers und der Armut auszurotten". Diese Maßnahmen müssten gemeinsam, kooperativ sowie unter Einbeziehung der gesamten internationalen Gemeinschaft erfolgen. Franziskus sieht hier Regierungen, internationale Organisationen und die gesamte Gesellschaft in der Pflicht, sich mit konkretem Engagement einzubringen. Er fordert zudem: „Die zentrale Bedeutung der gottgegebenen Menschenwürde jedes Einzelnen, des Zugangs zu den Grundgütern und der gerechten Verteilung der Ressourcen muss in allen Politikbereichen vorrangig behandelt werden."
Um Hunger und Armut zu bekämpfen, brauche es langfristige Visionen und Strategien sowie nachhaltiges und konsequentes Engagement. Franziskus hat auch eine konkrete Idee, nämlich „den seit langem bestehenden Vorschlag des Heiligen Stuhls umzusetzen, der fordert, die derzeit für Waffen und andere Militärausgaben bereitgestellten Mittel in einen globalen Fonds umzuleiten, der zur Bekämpfung des Hungers und zur Förderung der Entwicklung in den ärmsten Ländern bestimmt ist. Auf diese Weise könnte verhindert werden, dass die Bürger dieser Länder auf gewaltsame oder illusorische Lösungen zurückgreifen oder ihr Land auf der Suche nach einem würdigeren Leben verlassen müssen", schlägt er unter Verweis auf „Fratelli tutti" vor (vgl. Enzyklika „Fratelli Tutti", 262).
(vatican news - sst)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.