Wie es sich an der Glaubenskongregation arbeitet
Gudrun Sailer und Alessandro Gisotti – Vatikanstadt
Der spanische Jesuit ist seit vergangenem Juli als Nachfolger des deutschen Kardinals Gerhard Ludwig Müller Präfekt der Glaubenskongregation. Es ist das erste Mal seither, dass Ladaria in einem Interview Rede und Antwort steht.
Das Gespräch mit Erzbischof Ladaria ist das erste einer Reihe von Interviews mit den Leitern der verschiedenen Behörden des Heiligen Stuhles. Diese stellt Vatican News reihum vor, beginnend mit heute. Anlass ist der bevorstehende fünfte Jahrestag der Wahl von Papst Franziskus, der die römische Kurie einer Reform unterzieht.
Vatican News: Was bedeutet es, Chef der Glaubenskongregation zu sein?
Erzbischof Ladaria: „Für mich ist das schlichtweg eine Frage des Gehorsams! Papst Franziskus hat mich zu sich gerufen und mir gesagt, was er entschieden hat, und ich habe ihm gesagt: ,Heiliger Vater, wenn Sie das entschieden haben, dann nehme ich das an und kann nicht mehr dazu sagen.´ Das bringt natürlich Verantwortung mit sich, und ich muss gestehen, dass ich die ersten Tage nicht so gut geschlafen habe… Aber langsam gewöhnt man sich an die Idee und man sieht, dass man vorwärts kommen kann, vor allem wenn man weiß, dass das der Wunsch des Papstes ist und man sich deshalb keine großen Gedanken machen muss: Alles ist schon gelöst und entschieden!“
Vatican News: Sie sind Jesuit wie Papst Franziskus: Hilft das im Umgang?
Erzbischof Ladaria: „Natürlich gibt es Gemeinsamkeiten in der Ausbildung und auch bei Menschen, die wir beide kennen. Das kann helfen. Der Heilige Vater und ich kannten uns vor seiner Wahl zum Papst eigentlich nicht. Wir sind uns, glaube ich, nur einmal begegnet, als er mit den anderen Bischöfen Argentiniens zum Ad-limina-Besuch in Rom war, da kommen die Bischöfe immer auch für einen Tag an die Glaubenskongregation. Ich war damals schon Sekretär hier, und wir sind uns bei dieser Gelegenheit begegnet. Also, ja, es gibt eine gewisse Affinität, und das kann die Beziehungen deutlich erleichtern. Trotzdem, es ist Nebensache. Der Papst ist der Papst! Ob er Jesuit ist oder nicht, ändert für mich nichts. Deshalb ist das vielleicht etwas, was helfen kann, aber es bleibt Nebensache und hat nichts mit dem Wesentlichen zu tun.”
Vatican News: Papst Franziskus hat die Glaubenskongregation Ende Januar in Audienz empfangen und dabei gesagt, die Arbeit der Glaubenskongregation habe ein zutiefst pastorales Gesicht. Wie wird das in der täglichen Arbeit gelebt?
Erzbischof Ladaria: „Ich würde sagen, das berührt nicht die Arbeit an sich, sondern die Art, wie wir sie ausführen. Eine seelsorgerliche Dimension gibt es, das ist offensichtlich. Es geht darum, den katholischen Glauben zu fördern, damit er immer bekannter wird, ihn auch zu verteidigen, wenn Schwierigkeiten auftauchen. Wie oft habe ich Papst Benedikt XVI., als er noch Präfekt der Glaubenskongregation war, also Kardinal Ratzinger, sagen gehört, dass wir ,den Glauben der einfachen Gläubigen verteidigen müssen, nicht den Glauben der Theologen´. Die haben schon ihre Wege und Mittel, um zu wissen, wie die Dinge stehen! Das scheint mir eine triftige und richtige Intuition zu sein. Das heißt, die Worte von Papst Franziskus haben eine sehr klare Bedeutung. Wir kümmern uns natürlich auch um die disziplinaren Fragen, die große Auswirkungen für viele Menschen haben, und deshalb haben wir auch in diesem Fall eine wichtige pastorale Rolle. Das heißt natürlich nicht, dass wir nicht sehr sogfältig die einzelnen Dossiers untersuchen müssen, aber dabei müssen wir immer das Heil der Seelen im Blick haben, das an erster Stelle unserer Arbeit steht.”
Vatican News: Inwieweit ist auch die Glaubenskongregation von der Kurienreform betroffen, die Papst Franziskus vorantreibt?
Erzbischof Ladaria: „Unsere Zusammenarbeit mit Papst Franziskus wird vollumfänglich sein, das ist klar, aber bisher haben wir noch keine Anweisungen erhalten. Sobald wir sie erhalten, werden wir sie guten Mutes annehmen.”
Vatican News: Was bedeutet es Ihnen als Priester, den Papst am Werk zu sehen?
Erzbischof Ladaria: „Natürlich, als Priester zu sehen, wie Papst den Menschen nahe ist, einen Papst mit einem so pastoralen Auftreten, das ist für mich und für uns alle eine Einladung, dass auch wir Hirten des Volkes Gottes sein und uns als solche fühlen sollten. Der Papst hat oft gesagt, dass die Hirten diesen Geruch der Schafe annehmen sollen. Das hilft dabei, uns dem Volk Gottes nahe zu fühlen, denn wir stehen in seinem Dienst. Der Papst sagt: Das ist eine Pyramide, an der Basis sind alle, und dann kommen einige, aber die stehen im Dienst aller, nicht umgekehrt. Da ist die Pyramide auf den Kopf gestellt! Das ist ein schöner Gedanke, der, wenn wir ihn ernst nehmen, uns allen dabei helfen kann, dass unser Dienst ausnehmend pastoral ist.”
Die Glaubenskongregation ist ein Kollegium von Kardinälen und Bischöfen („Mitglieder“), an deren Spitze der Präfekt steht. Die Arbeiten, für deren Erledigung ein Stab von etwa 40 entsprechend ausgebildeten Mitarbeitern zur Verfügung steht, werden von Abteilungsleitern koordiniert.
Die Kongregation besteht aus drei Abteilungen. Die Lehrabteilung behandelt Fragen, die mit der Förderung und dem Schutz des Glaubens und der Sitten im Zusammenhang stehen. Die Disziplinarabteilung befasst sich mit Straftaten gegen den Glauben und schwerwiegenderen Straftaten gegen die Sitten. Auch Fälle von Kindesmissbrauch durch Kleriker werden hier aufgearbeitet. Die Eheabteilung untersucht Fälle der Eheauflösung „in favorem fidei", in der ein oder beide Partner einer geschiedenen Ehe nicht getauft sind.
Der Glaubenskongregation sind die Päpstliche Bibelkommission und die Internationale Theologische Kommission zugeordnet. Eng an die Kongregation angebunden wurde auch die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei, die für die Kontakte mit traditionsorientierten Gruppen von Gläubigen zuständig ist.
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