Konsistorium, Kardinäle – was bedeutet das?
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Fangen mir mal beim Begriff Kardinal an, das ist einfacher. Kardinal, das ist „die älteste kirchliche Ehrenfunktion“ (Vatikanlexikon von Niccolò del Re, Augsburg 1998) – sie rangiert in der kirchlichen Rangordnung direkt hinter dem Papst (der im Normalfall selbst mal ein Kardinal war). Schon für das vierte Jahrhundert sind Kardinäle bezeugt.
Ursprünglich waren mit dem Begriff wohl die Priester gemeint, die an den wichtigsten Kirchen Roms arbeiteten. Wohl schon früh sah man sie als eine Art Nachfolger der römischen Senatoren; wie diese einst ein Gegengewicht zur Macht des Kaisers gebildet haben, so galten (und gelten) die Kardinäle als der Senat des Papstes.
Angela Merkel, der Senat und die ersten Kardinäle
Am Rande bemerkt: Die Bronzetür, durch die man in die Bischofskirche des Papstes, nämlich die Lateranbasilika, eintritt, ist die Tür des antiken Senatsgebäudes. Und noch mehr am Rande: Die Person, die am Eingang des Senats Besucher empfing und Bittschriften entgegennahm, war der „Kanzler“ (wieder so ein K-Wort) – und das ist der semantische Vorläufer des Bundeskanzlers bzw. -kanzlerin…
Doch genug der Abschweifungen. Die Kardinäle entwickelten sich im Lauf der Jahrhunderte zu den wichtigsten Mitarbeitern des Papstes; etwa um die erste Jahrtausendwende bekamen sie das ausschließliche Recht der Papstwahl, im Vatikan leiten sie die wichtigsten Büros. Das Konzil von Konstanz beschränkte im 15. Jahrhundert die Zahl der Kardinäle auf 24, doch erfolglos; erst Sixtus V. setzte sich im selben Jahrhundert mit der Beschränkung auf die Zahl 70 durch –jedenfalls bis ins letzte Jahrhundert, seitdem hat die Zahl der Träger von roten Hüten die Hundertergrenze geknackt.
Wie wird man Kardinal? Ist doch klar: Durch ein Konsistorium...
Sixtus brachte überhaupt ein bisschen Ordnung ins Kardinalssystem – seit ihm gibt es (bis heute) Kardinalbischöfe, Kardinalpriester und Kardinaldiakone. Dieser Rang bezog sich auf die jeweilige (Titel)-Kirche, die den Kardinälen unterstand; je wichtiger die Kirche, desto höher der Rang des entsprechenden Kardinals. Klingt etwas kompliziert? Ist es auch. Nur das noch: Der wichtigste Kardinal ist der Dekan des Kardinalskollegiums.
Und wie wird man Kardinal? Durch ein Konsistorium – damit sind wir beim zweiten K. Das Konsistorium „ist die Versammlung der in Rom anwesenden Kardinäle, einberufen vom Papst, der auch den Vorsitz führt“ (Vatikanlexikon, s.o.). Trat der Senat der Kirche im Lauf der Jahrhunderte zusammen, um gemeinsam mit dem Papst wichtige Fragen durchzusprechen, dann war das ein Konsistorium – bezeugt seit dem Jahr 1000 ungefähr. Im 12., 13. Jahrhundert fanden etwa drei Konsistorien pro Woche statt – eine Art Ministerrat, eine Kabinettssitzung.
Das Konsistorium, bei dem viele Kardinäle nur Bahnhof verstanden
Erst als der Papst ab dem 16. Jahrhundert Ministerien einrichtete (sogenannte Kongregationen, aber das erklären wir ein andermal), sank die Bedeutung der Konsistorien. Mittlerweile sind sie, mit seltenen Ausnahmen, zu einem Ritus erstarrt: Ein Konsistorium ist es, wenn der Papst neue Kardinäle „schafft“ wie an diesem Donnerstagabend, oder wenn er mit den in Rom anwesenden Kardinälen zusammen feierlich über den Fortgang von Prozessen zur Selig- oder Heiligsprechung entscheidet. Bei den letztgenannten Konsistorien spielt sich übrigens alles auf Latein ab.
Einen solchen Rahmen wählte im Februar 2013 Papst Benedikt XVI., um überraschend seinen Rückzug aus dem Petrusdienst anzukündigen – auf Latein, wie sich das gehört. Was dazu führte, dass viele der anwesenden Kardinäle gar nicht so genau verstanden, was der Papst da sagte.
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