Synode: „Kirche muss anders werden“, sagt Kardinal Marx
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
„Kirche muss anders werden“, so der Erzbischof von München und Freising, der als Angehöriger des K9-Kardinalsrates als enger Berater von Papst Franziskus gilt. „Die Jugendlichen erwarten, so haben sie in der Vorsynode gesagt, eine authentische Kirche, eine Kirche, die bereit ist zum Gespräch, eine Kirche, die zuhören kann“. Das stehe in allen Synoden-Zwischenberichten, dürfe aber nicht nur Papier bleiben, mahne der Kardinal. Eine neue Form des Kirche-Seins müsse sich auch „zeigen in Strukturen, in Institutionen, in konkreten Begegnungen.“ Diese Botschaft gelte „für die ganze Kirche.“
Gerade in Deutschland habe der jüngst erneut aufgebrochene Missbrauchsskandal die Kirche gelehrt, dass sie „anders werden“ müsse, sagte Kardinal Marx. Gefragt sei ein neues Miteinander: „Nicht nur, wie begegnen Bischöfe Jugendlichen, sondern, wie begegnen wir einander. Wir müssen gemeinsam Kirche sein. Nicht von oben her, dass wir als Bischöfe den anderen sagen, wie Gott über sie denkt. Sondern gemeinsam unterwegs sein, aufeinander hören, jeder mit seiner Aufgabe, mit seiner Berufung, auch mit seinem Amt, das Amt des Bischofs, des Papstes – aber gemeinsam.“
Thema Frauen in der Kirche: „allerhöchste Zeit"
Angesprochen auf die Frage der Frau in der Kirche, bekräftigte Kardinal Marx, es sei „allerhöchste Zeit“, in diesem Punkt voranzuschreiten und mehr Frauen in verantwortlichen Positionen der Kirche zuzulassen. Er verstehe das Zögern in diesem Punkt überhaupt nicht, unterstrich der Kardinal. „Wollen wir immer noch diskutieren, ja soll das sein, sollen Frauen auch in Ordinariaten sind? Noch vor zehn, elf Jahren bekam ein Bischof bei uns eine Abmahnung, weil er eine Frau zur Seelsorgeamtsleiterin gemacht hat. Das dürfe nie wieder passieren“, verriet der Kardinal. Mittlerweile seien in den 27 Bistümern Deutschlands elf Frauen Leiterinnen des jeweiligen Seelsorgeamtes, „weil es ja keine Leitung im Sinn der Eucharistiefeier ist, sondern eine Administration und pastorale Planung.“
Die Tatsache, dass in der katholischen Kirche die Priesterweihe Männern vorbehalten ist, dürfe nicht den Anschein erwecken, „dass das ein Vorwand ist, wir wollen die Macht nur in Männerhand behalten“, fügte der Kardinal hinzu. Er äußerte Verständnis für junge Frauen, die sich aus Mangel an Perspektiven von der katholischen Kirche abwenden, und verwies auf das erfolgreiche Mentoring-Programm für weibliche Führungskräfte in der Kirche in Deutschland. „Wir wären töricht in der Kirche, wir wären verrückt, wenn wir diese Potential an hochbegabten, engagierten, geistlich tief empfindenden Frauen beiseitelassen würden in der Verantwortung der Kirche.“
In der Weltkirche bringe jede Ortskirche ihre Stärken ein. Auch aus der besonderen ökumenischen Erfahrung heraus sei das Frauenthema in Deutschland groß geworden, so Kardinal Marx. „Das ist eine Erfahrung, die ich dringlich weitergebe: Die Beteiligung von Frauen in Führungsaufgaben ist eine dringliche Aufgabe für die ganze Kirche, sonst werden wir viele Frauen verlieren, die zu Recht sagen, ja wenn ich hier nicht mitwirken kann, was soll ich hier tun?“
Homosexualität: Das Ringen um den Begriff LGBT
Zur Sprache kam bei der Pressekonferenz auch das Thema Homosexualität. Im „Instrumentum Laboris“, dem vorbereitenden Dokument der Synode, findet sich an einer Stelle der Begriff „LGBT“, der homosexuelle und Transgender-Menschen bezeichnet; das Auftauchen des Begriffs hatte einige Beobachter irritiert. Der Bischof von Mamfe in Kamerun, Andrew Nkea Fuanya, bekräftigte am Mittwoch, er werde bei der Abstimmung über das Schlussdokument keinen Absatz billigen, in dem der Begriff LGBT auftauche, und begründete dies damit, dass Homosexualität und Transgender in seinem Bistum kein Thema sei. „99,9 Prozent der Jugendlichen würden zu mir kommen und mich fragen: was ist das?“, erläuterte der afrikanische Bischof. „Ich werde mir ein wenig Zeit nehmen müssen, etwas zu studieren, mit dem ich nicht vertraut bin.“
Bischof Nkea Fuanya schloss nicht aus, dass eine gesellschaftliche Debatte über Homosexualität in Zukunft auch Afrika erreichen werde. „Die Gesellschaft entwickelt sich. Wir können nicht sicher sagen, das [Homosexualität/LGBT] gibt es nicht in Afrika. Einen Zusammenschluss gibt es nicht, zumindest nicht in meinem Land. Wenn sich die Dinge entwickeln, könnte es eines Tages dazu kommen. Aber noch ist es nicht so weit.“ Eine Bischofssynode nehme weltkirchlich relevante Dinge in den Blick, so der Afrikaner, es gehe „nicht um Probleme einzelner Kontinente oder einzelner Ortskirchen.“
Kardinal Marx stellte sich hinter den Bischof aus Kamerun und sagte, „in der Sprache der Kirche muss man einen Weg finden, der für alle verständlich“ sei. Die Jugendsynode wolle nichts Lehramtliches über Sexualität äußern, sondern herausfinden, wie die Kirche junge Menschen am besten begleiten könne. „Wir sind klug genug, in der Benutzung der Worte nicht einfach irgendetwas zu übernehmen, das missverständlich ist“, sagte Marx. Allerdings seien die Kulturen eben verschieden. In Deutschland und anderen Ländern sei „das Thema Homosexualität von den Jugendlichen selbst gekommen“, in anderen Kulturen sei das anders. Daher müsse es „in den einzelnen Ortskirchen dann unterschiedliche Formen geben, wie wir mit dem Thema umgehen.“
(vatican news – gs)
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