Mariella Enoc, Präsidentin der Vatikan-Kinderklinik Bambino Gesù Mariella Enoc, Präsidentin der Vatikan-Kinderklinik Bambino Gesù 

Bambino Gesù: Kranke heilen ist nicht wie Schrauben herstellen

Mariella Enoc, Leiterin der Vatikan-Kinderklinik Bambino Gesù, ist eine Managerin, die ganz auf einer Wellenlänge mit Papst Franziskus liegt: Im Interview mit Radio Vatikan betont sie, dass die Klinik natürlich auch finanziert werden muss, das Wohl der Menschen aber nicht „übertriebenem Profit“ untergeordnet werden darf. Die Powerfrau hat gerade erst ein Interviewbuch mit einem Jesuiten veröffentlicht, in dem sie über ihr Leben und die Herausforderungen als Klinikmanagerin berichtet.

Stefanie Stahlhofen und Amedeo Lomonaco – Vatikanstadt

Das Interviewbuch „ll dono e il discernimento" (Geschenk und Unterscheidung) ist ein tiefgehender Dialog zwischen dem Jesuiten Francesco Occhetta, Professor an der Gregoriana-Universität, und Mariella Enoc. Sie ist inzwischen eine der bedeutendsten Managerinnen Italiens - wie sie dazu wurde, lässt sich im Gespräch nachvollziehen - ebenso wie das, was sie wohl von vielen anderen Managern und Managerinnen unterscheidet: Ihre Triebkraft ist ihr Glaube.

„Sämtliche Entscheidungen als Managerin habe ich immer im Licht meines Glaubens reflektiert. Es geht hier um transparente, ethische Entscheidungen und um Respekt gegenüber den Menschen. Ich wollte da nie Kompromisse machen: Boni kassieren, um eine gewisse Zahl Mitarbeiter zu entlassen oder Bilanzen erstellen, die die Aktionäre täuschen können - solche Dinge habe ich immer zu vermeiden versucht."

Hier im Audio: Mariella Enoc, Präsidentin der Papst-Kinderklinik Bambino Gesù im Interview mit Radio Vatikan

„Sämtliche Entscheidungen als Managerin habe ich immer im Licht meines Glaubens reflektiert“

Und das gilt für Enoc nicht erst, seit sie Präsidentin der Papst-Klinik ist - in dieser Funktion wurde sie von Papst Franziskus übrigens jüngst bestätigt. Ethik war ihr auch bei früheren Jobs immer wichtig, und diese Haltung bewies sie immer wieder auch bei Begegnungen mit großen Persönlichkeiten der Kirche. Vor ihrem Ruf ans Bambino Gesù stand die Italienerin unter anderem an der Spitze des piemontesischen Industrieverbands Confindustria. Ein Krankenhaus zu führen, ist aber doch noch einmal etwas anderes:

Profit ist nicht das Ziel des Gesundheitswesens

„Die Bilanzen müssen natürlich stimmen und alles muss tragbar sein, sonst geht es nicht. Im Zentrum steht für mich aber nicht die Vermehrung des Kapitals. Mir geht es vielmehr darum, die Menschen und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen. Kranke heilen ist nicht wie Schrauben herstellen. Es ist etwas ganz anderes, und dessen muss man sich bewusst sein. Es ist nicht so, dass es gar keine Gewinne geben darf, aber es darf keinen überzogenen Profit geben, wie viele ihn anstreben. Das sagt uns auch Papst Franziskus immer wieder: Profit ist nicht das Ziel des Gesundheitswesens."

Vor schwierigen Entscheidungen steht Klinkleiterin Mariella Enoc im Alltag dabei immer wieder. Da war zum Beispiel der Fall zweier siamesischer Zwillinge, deren Trennung im Bambino Gesù gelang. Die komplizierte Operation war nicht billig, und die Krankenhauspräsidentin musste abwägen:

„Wir wollen auch unheilbar kranke Kinder retten“

„Damals habe ich mich schon gefragt: Wie viele Kinder hätte ich mit dem Geld heilen können? Die Antwort hat mir dann aber die Wissenschaft gegeben. Die Forscher haben mir gesagt: ,Mit dieser Operation retten wir nicht nur die beiden Zwillinge, sondern wir ebnen den Weg für die weitere Entwicklung in diesem Bereich. Solche Antworten müssen immer sehr gut durchdacht und begründet sein. Mir ist wichtig, den Menschen in die Augen zu sehen und zu verstehen, was sie brauchen. Dann versuche ich eine Lösung zu finden. Wir sagen: Wir wollen hier auch unheilbar kranke Kinder retten."

Zukunftspläne: Kinder-Palliativ-Zentrum

Und all jenen, für die es wenig Hoffnung auf Heilung gibt, will das Bambino Gesù helfen, die Schmerzen zu lindern und so würdevoll wie möglich begleitet zu werden. Jüngst unterzeichnete Enoc so erst eine Vereibarung zum Bau eines Zentrums für Kinder-Palliativmedizin. Dort sollen todkranke Kinder und Jugendliche engagiert betreut und liebevoll umsorgt werden. Und die Hoffnung auf Heilung, die gibt eine wie Mariella Enoc natürlich trotzdem nicht auf:

„Es gibt Kinder und Jugendliche, die noch nicht geheilt werden können. Ich sage noch nicht, denn die Wissenschaft wird weitere Fortschritte machen. Bis dahin können diese Kinder gepflegt und behandelt werden. Sie werden zu uns kommen und zurück zu ihren Familien können, dann müssen sie wieder zurück zur Behandlung. Ganz sicher aber werden todkranke Kinder und Jugendliche nicht nur zu uns kommen, um zu sterben." 

Mehr zu Mariella Enoc im Interviewbuch „ll dono e il discernimento. Dialogo tra un gesuita e una manager" (Rizzoli, 14 Euro). Über eine deutsche Ausgabe ist noch nichts bekannt
Mehr zu Mariella Enoc im Interviewbuch „ll dono e il discernimento. Dialogo tra un gesuita e una manager" (Rizzoli, 14 Euro). Über eine deutsche Ausgabe ist noch nichts bekannt

Das Buchprojekt

Das Interview-Buch ist bisher nur auf Italienisch verfügbar. Weitere Informationen beim Verlag Rizzoli

(vatican news) 

 

 

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21. Oktober 2021, 09:50