„Synode markiert erst den Beginn eines Lernprozesses“
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
An die 1.250 Änderungsvorschläge für das Bilanzdokument der endenden Synodensitzung sind eingegangen, sie werden in einer Nachtsitzung in das Dokument eingearbeitet, informierte der vatikanische Mediendirektor Paolo Ruffini. Samstagnachmittag würden die Synodenväter und -Mütter Absatz für Absatz über das Dokument abstimmen, wobei Stimmenthaltung vom Reglement nicht vorgesehen ist. Für jeden Absatz sei eine Zweidrittelmehrheit von Ja-Stimmen der anwesenden Mitglieder erforderlich. Danach, am Samstagabend, will der Vatikan das Papier veröffentlichen und in einer Pressekonferenz vorstellen.
Die geistliche Begleiterin der Synode, Mutter Maria Ignazia Angelini, sprach von einer hoch bedeutsamen Veranstaltung, die „fast revolutionär“ gewesen sei in ihrer Inklusion verschiedener kirchlicher Präsenzen und ihrer Fähigkeit, die Unterschiede und die Wirklichkeit zu hören und daran zu wachsen. Es werde interessant sein zu sehen, wie der in der Synode eingeschlagene Weg der Transformation der Kirche weitergehe, sodass er keine autoreferentielle Erfahrung bleibe.
Der zweite geistliche Begleiter der Synode, P. Timothy Radcliffe, sprach seinerseits von einer zutiefst verwandelnden Erfahrung. Die Synode sei – so wörtlich – „keine Quatschbude“ gewesen, sondern „eine Erfahrung geteilten Lebens“ und deshalb transformativ. „Aus dieser Änderung, wie wir zusammen sind", würden sich mit der Zeit „mehr praktische Dinge entwickeln,“ zeigte sich der frühere Ordensmeister der Dominikaner überzeugt.
Keine Bischofssynode? Sogar ganz besonders stark eine Bischofssynode
Radcliffe wies die verschiedentlich geäußerte Kritik zurück, die Bischofssynode sei durch die Teilnahme wahlberechtigter Laien keine Bischofssynode mehr. Gerade deshalb sei sie sogar ganz besonders eine Bischofssynode, argumentierte der frühere Ordensmeister der Dominikaner, der an drei früheren Synoden teilnahm. Die nun endende Kirchenversammlung habe den Bischof nicht wie früher als Solitär gezeigt, sondern „eingetaucht in das Gespräch seines Volkes, zuhörend, sprechend und lernend“, so der 78-jährige Ordensmann: „Diese Synode enthüllt viel klarer als jede frühere Synode, was es heißt, ein Bischof zu sein.“
Wie bereits eine Reihe anderer Synodaler vor ihm wies der Dominikaner die Vorstellung zurück, die Synode würde mit einem Schlag Änderungen für die Kirche in diesem oder jenem Reformanliegen bringen. „Wir lernen, auf welche Art wir Entscheidungen miteinander treffen, wir sind da am Beginn eines Lernprozesses“, sagte Radcliffe. Dieser Weg sei außerordentlich wichtig, „weil wir den Zusammenbruch von Kommunikation sehen“, bei den Kriegen im Nahen Osten, in der Ukraine, in vielen Teilen Afrikas und auch in Großbritannien und den USA, wo es zu extremen Polarisierungen der Gesellschaft gekommen sei. „Meine Hoffnung ist, dass die Synode nicht nur hilfreich und heilend für die Kirche ist, sondern auch für die Menschheit“, so der frühere Ordensmeister der Dominikaner.
Positives Bild vom Weltpriester entwickeln
Seiner eigenen Kirche empfahl Radcliffe, dringend ein positives Bild des Diözesanpriesters zu entwickeln. Kritik an „Klerikalismus“ sei bei der Synode allgegenwärtig gewesen, „und das fanden viele Priester alarmierend, weil es einen wichtigen Teil ihrer Identität betraf“. Die Kirche wäre gut beraten, „eine helfende Vision“ zu entwickeln. Erst dann würden viele Priester, die dem synodalen Lernprozess der Kirche skeptisch-abwartend gegenüberstehen, Synodalität freudig annehmen. Man könnte nicht von Diözesanpriestern verlangen, das zu tun, „wenn sie das Gefühl haben, ihre Berufung steht in der Kritik.“ Papst Franziskus hatte erst am Mittwoch bei der Synode Klerikalismus in drastischen Worten verurteilt.
Einige hätten Angst vor dem Synodalen Prozess, „weil sie ihn nicht verstehen“, so Radcliffe weiter. Wer die Synode nicht mit den Augen des Glaubens sehe, sondern in der Optik einer politischen Debatte, fürchte Spannung und Spaltung. In der Synode sei es aber genau umgekehrt darum gegangen, Spannung und Spaltung zu mildern.
Frère Alois Löser, der frühere Prior von Taizé, betonte den Gegenbild-Charakter der Synode zur gegenwärtigen Welt mit ihren vielfältigen Ängsten und Befürchtungen. Die Versuchung, sich in Ideologien zu verschließen, sei groß, aber in der Kirche könne man wirklich gegen den Strom schwimmen und Grenzen überschreiten. Dies, so Frère Alois, zeige sich an den Jugendlichen in Taizé, die verständnisvoller und respektvoller gegenüber verschiedenen Ausdrucksformen des Glaubens sein wollen. In der Kirche, so schloss er, müsse die Schönheit der Vielfalt noch deutlicher gelebt werden.
(vatican news – gs)
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