Vatikan: Sternwarte ehrt Urknall-Theoretiker Georges Lemaître
Mario Galgano - Vatikanstadt
Vor 100 Jahren begann der belgische Priester und Physiker Georges Lemaître seine wissenschaftliche Karriere am St. Edmund's College in Cambridge. Am 20. November kehrte der Geist seines bahnbrechenden Denkens zurück, als F. Guy Consolmagno S.J., Direktor der Vatikanischen Sternwarte, in der „Von Hügel 2024 Lecture“ das außergewöhnliche Leben und Werk Lemaîtres feierte. Der Vortrag trug den Titel „Warum schauen wir nach oben? Gedanken eines Astronomen über das Universum und die Berufung, es zu erforschen“. Darüber berichtet nun die vatikanische Sternwarte in einem Pressebeitrag. Damit wolle das Astronomiezentrum des Vatikans einen wichtigen Wissenschaftler und Kirchenmann ehren, schreibt die Einrichtung am Dienstag.
Ein außergewöhnlicher Geist
Georges Lemaître, 1894 in Belgien geboren, war nicht nur ein brillanter Wissenschaftler, sondern auch ein Mann des Glaubens. Nach seiner Priesterweihe 1923 begann er seine akademische Laufbahn in Cambridge, wo er mit Arthur Eddington, einem der führenden Physiker seiner Zeit, zusammenarbeitete. Diese Zusammenarbeit legte den Grundstein für Lemaîtres späteren Durchbruch: die Formulierung der Urknalltheorie.
1927 veröffentlichte Lemaître den bahnbrechenden Artikel „Ein homogenes Universum mit konstanter Masse und wachsendem Radius“, in dem er die Expansion des Universums als Folge der allgemeinen Relativitätstheorie erklärte. Später entwickelte er die Vorstellung eines „Ur-Atoms“, aus dem sich das Universum ausdehnt – ein Gedanke, der als Ursprung der modernen Kosmologie gilt.
Wissenschaft und Glaube in Harmonie
Lemaîtres Theorie stieß auf Widerstände, insbesondere weil er als Priester oft mit der biblischen Schöpfungsgeschichte in Verbindung gebracht wurde. Während einige Kritiker behaupteten, er suche eine wissenschaftliche Bestätigung für die „creatio ex nihilo“ – die Schöpfung aus dem Nichts –, hielt Lemaître strikt an der Trennung von Wissenschaft und Theologie fest. „Die Vorstellung eines Anfangs in der Zeit ist nicht identisch mit dem ersten Tag der Genesis“, betonte er immer wieder.
Trotz anfänglicher Skepsis, auch innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft, setzte sich Lemaîtres Theorie durch. Heute ist sie ein unverzichtbarer Bestandteil der modernen Kosmologie. „Die wissenschaftlichen Beweise haben das Gewicht der Zweifel überwunden“, erklärte Consolmagno.
Eine bleibende Inspiration
Lemaîtres Leben verkörpert den Dialog zwischen Wissenschaft, Geschichte und Religion, eine Verbindung, die auch in der „Von Hügel Lecture“ gewürdigt wurde. F. Guy Consolmagno hob hervor, dass Lemaîtres Werk das kosmologische Prinzip infrage stellte – die Annahme, dass kein Ort oder Zeitpunkt im Universum besonders sei. Lemaîtres Theorie deutet auf einen einzigartigen Ursprungspunkt hin, der das Universum in Bewegung setzte.
Neben der „Von Hügel Lecture“ wurde das Vermächtnis Georges Lemaîtres in diesem Jahr mit weiteren Jubiläen gefeiert, darunter eine wissenschaftliche Tagung in der Vatikanischen Sternwarte. Diese Veranstaltungen würdigen einen Mann, der „aufblickte und dem Ruf folgte, das Universum zu erforschen“.
Lemaîtres Geschichte erinnert uns daran, dass Wissenschaft und Glaube keine Gegensätze seien, sondern einander ergänzen können. Wie Consolmagno in seinem Vortrag sagte: „Die Suche nach Wahrheit – sei es durch Wissenschaft oder Glauben – führt uns letztlich zu einer tieferen Erkenntnis über uns selbst und das Universum.“
(vatikanische sternwarte)
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