ComECE-Präsident: „Alle mit auf den Weg nehmen“
Gudrun Sailer und Angela Prämassing - Vatikanstadt
Ende Mai wählen die EU-Bürger die neuen Mitglieder des EU-Parlaments, inmitten einer tiefen Krise des Projekts Europa. Nationalismus und antidemokratische Tendenzen nehmen zu, Länder schotten sich ab, Hass und Fremdenfeindlichkeit sind auf dem Vormarsch.
Das „Jetzt der Kirche“ darf sich seiner Verantwortung nicht entziehen
Erzbischof Hollerich sieht angesichts dieser Problematiken neben den Politikern auch die Bischöfe in der Pflicht. Denn auch ihnen komme es zu, den Menschen klarzumachen, dass das europäische Projekt tatsächlich das Wohl des Einzelnen fördert - eine Wahrheit, die offensichtlich immer noch nicht bei allen angekommen sei. Wählen zu gehen sei die demokratische Pflicht eines jeden und insbesondere für die Christen, wird Hollerich nicht müde zu betonen: „Man muss als Christ seine Verantwortung in der Welt der Politik wahrnehmen“. Die Jugend als „das Jetzt der Kirche“ zeige sich verantwortungslos, wenn sie sich durch ihr Nichtwählen der Gestaltung der Zukunft entziehe.
Diese Zukunftsgestaltung wird dem ComECE-Präsidenten zufolge auch durch einen allzu politisch-technischen Diskurs der Europäischen Union erschwert. „Wir brauchen einen Dialog, mit dem wir alle Leute, alle Staaten, alle Völker der EU mit auf den Weg nehmen,“ unterstreicht Hollerich. Der Brexit, mit dem die Europäische Union England, Schottland, Wales und Nordirland verlieren wird, zeige, dass dies bisher nicht der Fall gewesen sei. Nun sei es aber an der Zeit für Gegenmaßnahmen: Der Dialog müsse sich dahingehend verändern, dass alle mit ins Boot geholt werden - und nicht auch Andere auf die Idee kommen, die EU zu verlassen, meint der Erzbischof.
Letzteres werde allerdings momentan sogar noch gefördert, denn die herrschenden Strukturen machten es den nationalistischen Parteien allzu leicht, die Wahlen zu gewinnen: „Es gibt Defizite bei uns, von denen andere Bewegungen profitieren. Das muss sich ändern“.
Auf der Suche nach dem Brexit-Konsens
Zum Brexit hätten die Bischöfe bisher keine gemeinsame Haltung erreicht, räumt Hollerich ein. Gemeinsam mit den Vertretern der vom Brexit betroffenen Bischofskonferenzen werde man versuchen, einen Konsens zu erreichen: „Wir müssen uns üben im Zuhören und Verstehen des Anderen.“
Der Missbrauch hingegen werde bei den Beratungen der EU-Bischöfe wohl eher kein Thema sein, weil das Gremium „nicht pastorale, sondern eher sozio-politische Verantwortung" habe. Doch die Bischöfe müssten dafür sorgen, dass die Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, der Kirche endlich wieder vertrauen können, betont der ComECE-Präsident.
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