Ukraine/Vatikan: Neues Hilfsprogramm für Minenversehrte in Planung
Er äußerte sich im Anschluss an das zweitägige Treffen im Vatikan, an dem neben den Leitern der für die Ukraine zuständigen Kurienbehörden auch die Metropoliten und Angehörigen des Ständigen Synods der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine teilgenommen hatten.
Ein wichtiger Teil der Beratungen sei der humanitären Situation in der Ukraine gewidmet gewesen, erklärte Schewtschuk. Insbesondere das Schicksal der Kinder in dem mittlerweile über fünf Jahre andauernden Konflikt liege dem Papst am Herzen, unterstrich er vor den Journalisten. Der Papst habe mit dem Treffen „den Schmerz der Menschen in der Ukraine“ auf sich nehmen wollen, gleichzeitig sei es aber ein Moment des „Zuhörens und des Nachdenkens“ gewesen, so die Bewertung des griechisch-katholischen Großerzbischofs: „Eine neue Methodologie der Gemeinschaft zwischen dem Nachfolger Petri und den katholischen Ostkirchen wurde angestoßen, in der Hoffnung, dass diese bald zur gewöhnlichen Praxis wird“, zeigte sich das Oberhaupt der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche zuversichtlich.
Bereits am ersten Tag der Arbeiten hätten sie den Papst in die Ukraine eingeladen, denn seine Anwesenheit „könnte eine sehr beredte und symbolbehaftete Möglichkeit darstellen, den Konflikt im Donbass zu einem Ende zu führen. „Ich werde darüber nachdenken“, habe der Papst seinen Gästen geantwortet, vertraute Schewtschuk den Journalisten an, nicht ohne daran zu erinnern, dass die Ukraine seit fünf Jahren mit den Konsequenzen eines Krieges und einer daraus resultierenden humanitären Krise insbesondere in den östlichen Regionen des Landes lebt, die „offiziell 13.000 Tote und 30.000 Verletzte gefordert hat, aber, um realistische Zahlen zu haben, muss man diese verdoppeln.“
Auch in den vergangenen zwei Wochen, kaum bemerkt durch die Weltöffentlichkeit, seien Ärzte und Krankentransporte verstärkt zur Zielscheiben von Angriffen geworden, beklagt der Kirchenmann. In dieser Situation versuchten die elf Pfarreien der griechisch-katholischen Kirche in der Kriegszone, mit ihrer Arbeit die Schrecken wenigstens etwas zu lindern und ein „Zeugnis der Hoffnung zu geben“, gibt Schewtschuk Einblick in den Alltag der Kriegsregionen: „Sie können nicht viel tun, aber ihre Anwesenheit unter den Menschen ist ein Beweis dafür, dass Gott sie nicht verlassen hat.“
Die humanitäre Situation war besonders wichtiges Thema bei dem Treffen, an dem der Papst durchgehend teilgenommen hatte, erläutert Schewtschuk weiter. Er warnte, dass es durch die Überschwemmung von Bergwerken bald zu einer großen weiteren Krise in dem Land kommen könnte: „In wenigen Monaten werden wir eine ökologische Katastrophe erleben, denn fast vier Millionen Menschen werden keinen Zugang zu Trinkwasser mehr haben.“
Franziskus habe sich insbesondere angesichts der Situation der vielen Kinder betroffen gezeigt, die in dem extrem minenverseuchten Gebiet leben und nur allzu oft durch unvorhergesehene Explosionen aufs Schlimmste verstümmelt werden. Auch Hilfswerke weisen immer wieder auf diese untragbare Situation hin. In diesem Zusammenhang plane die Kirche vor Ort, in Zusammenarbeit mit dem Vatikan und über die bereits laufende päpstliche Solidaritätsaktion hinaus, eine neue Initiative: damit sollen spezielle Rehabilitierungsmaßnahmen und medizinische Unterstützung für diejenigen angeboten werden, die durch Minen Körperglieder eingebüßt haben, erläutert der Großerzbischof. In Planung sei – in enger Zusammenarbeit mit dem vatikanischen Kinderkrankenhaus Bambin Gesu - auch die Einrichtung eines medizinischen Zentrums auf ukrainischem Boden, um zu verhindern, dass Betroffene für die Behandlung ins Ausland gehen müssten.
Offen für Dialog mit allen, ohne sich in innerorthodoxe Streitfragen einzumischen
Unter den anderen Themen, die sie mit dem Papst besprochen hätten, nennt der Großerzbischof die ökumenische Situation in dem 40-Millionen-Land, in dem sich offiziellen Erhebungen zufolge rund 71 Prozent als orthodox und 14,1 Prozent als griechisch-katholisch bezeichnen. Auch eine Frage nach dem seit Jahren diskutierten Wunsch der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, als Patriarchat anerkannt zu werden, beantwortete der Großerzbischof im Zug der Pressekonferenz: „Sie ist wie ein Patriarchat“, so Schewtschuk, ohne auf weitere Details zu eventuellen Beratungen mit dem Heiligen Stuhl über die Frage einzugehen.
Die griechisch-katholische Kirche sei offen für Dialog „mit allen“, und wolle sich nicht in innerorthodoxe Diskussionen einschalten, unterstreicht der Großerzbischof mit Blick auf die Autokephalie, die Konstantinopel der der ukrainischen orthodoxen Kirche gegen den erklärten Willen des Moskauer Patriarchats gewährt hatte.
Einsatz der Politik ist gefordert
Von der Politik erwarte sich die griechisch-katholische Kirche der Ukraine „effizientere“ Institutionen für den Schutz der Armen und Schwächsten, so Schewtschuk mit Blick auf die jüngsten Präsidentschaftswahlen, die den Politikneuling Wolodymyr Selenskyj ins Präsidentenamt gehoben haben, und die auf kommenden 21. Juli vorgezogenen Parlamentswahlen im Land. Dabei dürften „Menschenwürde, Gemeinwohl, Solidarität und Subsidiarität“ nie zu kurz kommen, betont Schewtschuk mit Blick auf die Massenemigration, die das Land in den letzten Jahren auszehrt: „Jedes Jahr verlassen eine Million von ukrainischen Bürgern das Land, meistens junge und gut ausgebildete Menschen. Deshalb ist es wichtig, dass das Ausland sich dafür entscheidet, in der Ukraine Investitionen zu tätigen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.“
(vatican news - cs)
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