Demonstranten in Beirut, Libanon, am 3. November 2019 Demonstranten in Beirut, Libanon, am 3. November 2019 

Libanon: Kardinal fordert unabhängige Regierung

Eine sehr politische Sonntagspredigt hat der maronitische Patriarch Bechara Rai gehalten. Angesichts der anhaltenden Massenproteste im Libanon forderte der Kardinal eine „neutrale und zeitlich begrenzte“ Regierung, die für das Wohl der libanesischen Bevölkerung arbeite.

Die libanesische Jugend akzeptiere keine „halben Lösungen“ und glaube nicht mehr an leere Versprechen, betonte Kardinal Rai bei seiner Predigt in Bkerké, Kloster und Winterresidenz des Patriarchen nahe der Hauptstadt Beirut.

Die neue Regierung müsse aus Menschen bestehen, „die für ihre moralischen und bürgerlichen Werte bekannt sind“ und „die die lang ersehnten Reformen umsetzen können“, so der Kardinal.

„Nationale Einheit bewahren“

Die herrschende Klasse forderte der Kardinal auf, die Hoffnungen der Menschen nicht zu enttäuschen und deren Protestbewegung als „grundlegenden Motor“ für Reformen zu sehen. Er schloss seine Predigt mit dem Aufruf an alle, die „nationale Einheit“ zu bewahren.

Probleme nicht über Nacht lösbar

Der maltesische Erzbischof und Papstbotschafter Joseph Spiteri hingegen zeigte sich überzeugt, dass sich die Probleme nicht über Nacht lösen lassen. „Wer Reformen will, muss die nötige Zeit zugestehen und wachsam und fordernd bleiben", mahnte der maltesische Erzbischof am Montag in einem Interview. Reformbedarf sieht Spiteri auch bei den Kirchen im Libanon.

Während viele Entscheidungen im Land nicht warten könnten, müsse es gleichzeitig um einen schrittweisen Wandel gehen, so der Vatikandiplomat. Die Lösung im Streit um eine Systemreform dürfe nicht „Alles oder nichts“ lauten, sonst „riskiert man die Essenz der Revolution", so der Geistliche, der dazu aufrief, die positiven Seiten der Proteste zu sehen.

Hintergrund

Seit 17. Oktober protestieren vor allem junge Menschen im Libanon gegen die korrupte Regierung. Premierminister Saad Hariri legte daraufhin vergangene Woche sein Amt nieder. Ein Ende der Proteste ist nicht in Sicht, viele Schulen sind geschlossen. 

(asianews/kna – isc)

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04. November 2019, 13:16