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COMECE-Vollversammlung: „Ein Spiegelbild der derzeitigen Situation“

Die Ereignisse von Nizza haben auch die Stimmung auf der COMECE-Vollversammlung deutlich geprägt. Das bestätigt uns im Interview an diesem Donnerstag, direkt anschließend an die virtuelle Abschlusssitzung, Diakon Michael Kuhn. Die gesamte Agenda der Bischöfe habe aufgrund der Coronavirus-Pandemie eine empfindliche Reduktion erfahren, und technische Probleme haben den Austausch untereinander nicht leichter gemacht, verrät uns der langjährige COMECE-Mitarbeiter.

„Das große Ereignis war natürlich gestern die Rede von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, die auch sehr gut aufgenommen wurde“, meint Kuhn. „Auf der einen Seite beinhaltete sie natürlich das, was Papst Franziskus in seinem Brief an ihn und in einem weiteren Schritt an die COMECE geschrieben hatte. Auf der anderen Seite gab es dann einfach eine Austauschrunde zwischen den Bischöfen und Kardinal Parolin, wo es darum ging, wie es der Kirche beziehungsweise den Bischofskonferenzen unter den Bedingungen der Pandemie geht, welche Schwierigkeiten sich stellen, welche Befürchtungen man hat, sei es im Hinblick auf die Demokratie, auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt…“

Zum Nachhören

Der Brief des Papstes, der in gewisser Weise eine Synthese dessen darstelle, was der Papst bereits bei verschiedenen Gelegenheiten zu Europa gesagt hatte, habe die Bischöfe sowohl überrascht als auch erfreut, so Kuhn. Interessanter- wie auch erfreulicherweise habe dieser auch bei seinen eigenen politischen Gesprächspartnern sofort waches Interesse erregt, was darauf hoffen lasse, dass er auch im politischen Prozess aufgenommen werde, plaudert der Diakon aus dem Nähkästchen.

Der Brief als Rahmendokument für Europas Zukunftsprozess

„Also eine Idee gibt es auf jeden Fall konkret schon, die jetzt nicht von den Bischöfen beschlossen wurde, aber die uns logisch erscheint: In dem Prozess zur Zukunft Europas, der jetzt gestartet wird, soll dieser Brief von Papst Franziskus das Rahmendokument all unserer Beiträge und Interventionen sein.“

Nach dem Beitrag Parolins habe der Abschied vom Apostolischen Nuntius bei der Europäischen Union, Alain Lebeaupin, der Ende des Monats November in den Ruhestand gehen wird, die Versammlung bestimmt. Ebenso vertreten waren die üblichen Berichte, in denen „in kondensierter Form“ die Arbeit der einzelnen Arbeitsgruppen der vergangenen Monate vorgestellt wurde: „Auch da ist es natürlich viel schwieriger mit den Institutionen der Europäischen Union, sei es mit dem Parlament oder der Kommission, zu arbeiten, weil alles im Netz stattfindet," betont Kuhn. Weitere wichtige Berichte seien vom CCEE, vom Ständigen Beobachter des Heiligen Stuhls beim Europarat und Iustitia et Pax gekommen.

Ein Spiegelbild der derzeitigen Situation

Die Zusammenarbeit zwischen Iustitia et Pax und der COMECE werde auf Grundlage eines neuen Abkommens für die kommenden drei Jahre weitergehen, erläutert uns der Diakon, der durch die österreichische Bischofskonferenz entsandt und bei der COMECE für Ökologie und Nachhaltigkeit zuständig ist. „Aber weil die Vollversammlung eben auf zwei Mal zwei Stunden reduziert worden war, war das praktisch auch der gesamte Inhalt dieses Treffens“, gesteht Kuhn etwas resigniert ein. Auch technische Probleme wie das Ausfallen der Übersetzung hätten den Austausch von bis zu knapp unter 50 gleichzeitig virtuell zugeschalteten Teilnehmern nicht einfacher gemacht... „Der Punkt ist einfach, dass diese Sitzung mehr oder weniger ein Spiegelbild dessen war, was unter den derzeitigen Bedingungen möglich ist, wo es nicht ratsam ist, zu reisen und man sich über den Bildschirm zwar sieht, aber nicht physisch im gleichen Raum ist. Also dessen, was unter diesen Bedingungen überhaupt möglich ist. Nämlich Informationsaustausch, jemandem zuhören, einige Rückfragen stellen– und auf das beschränkt es sich eigentlich.“

„Man sieht zwar einander, kann aber einander doch nicht nahe sein“

Man merke letztlich, dass eine wirkliche Kommunikation unter diesen Umständen nicht möglich sei – was allerdings nicht nur für die COMECE-Vollversammlung, sondern auf politischer „Entscheiderebene“ auch bei den Europäischen und nationalen Institutionen gelte, gibt Kuhn zu bedenken: „Man sieht zwar einander, kann aber einander doch nicht nahe sein. Das hat auch einer der Bischöfe gesagt. Wir sind froh, dass wir einander sehen, aber wir spüren gleichzeitig auch, dass es uns nicht möglich ist, uns auch wirklich nahe zu sein, weil es dazu ja auch noch der anderen Dimensionen der Kommunikation bedarf, außer der Sprache...“

Betroffenheit über das Attentat von Nizza

Überschattet wurde der Abschluss der COMECE-Vollversammlung durch die Nachrichten, die an diesem Donnerstagmorgen aus Nizza eintrafen. Zwar habe es keinen Raum gegeben, um sich darüber auszutauschen: „Wie gesagt, unter den Bedingungen einer Zoom-Konferenz ist das ja viel schwieriger, aber man konnte doch die Betroffenheit merken, vor allem am Ende, als der französische Vertreter, Antoine Herouard, bei seinem Schlussgebet der Versammlung besonders der Opfer gedachte. Von diesem Attentat und der Frage, wie wir als Gesellschaft jetzt damit umgehen werden... Da konnte man sehen, dass die Bischöfe natürlich betroffen waren von der Situation.“

Hintergrund

Nach dem Brexit leben in der EU künftig noch rund 265 Millionen Katholiken; das entspricht einem Bevölkerungsanteil von knapp 60 Prozent. Die Bischofskonferenzen der verbliebenen 27 Mitgliedstaaten sind vertreten in der EU-Bischofskommission COMECE. Die Abkürzung steht für das lateinische "Commissio Episcopatum Communitatis Europensis"

Die COMECE begeht 2020 den 40. Jahrestag ihres Bestehens. Sie wurde 1980 gegründet, ein Jahr nach den ersten Direktwahlen des Europaparlaments. Das Sekretariat der COMECE ähnelt als Verbindungsstelle zur EU-Politik den Katholischen Büros in Deutschland. Auch dort halten Kirchenvertreter Kontakt zu Parlamenten und Regierungen in Bund und Ländern und versuchen, Politik im Sinne der kirchlichen Lehre mitzugestalten.

Leitend für COMECE-Stellungnahmen ist die Katholische Soziallehre. Ihre Arbeitsthemen reichen von Religion und Staat über die Rolle der EU in der Welt bis zu Gesellschaftsfragen wie etwa der Zukunft der Arbeit.

Siebter Vorsitzender in ihrer 40-jährigen Geschichte ist seit 2018 der Erzbischof von Luxemburg, Kardinal Jean-Claude Hollerich (62). Generalsekretär ist seit 2019 der Spanier Manuel Barrios Prieto (57). Die nächste COMECE-Vollversammlung soll im kommenden März stattfinden.

(vatican news)

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29. Oktober 2020, 14:26