Argentinien: Demos gegen Lockerung des Abtreibungsverbots
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Das will Präsident Alberto Fernández ändern: Dem Parlament hat er am 17. November einen Gesetzentwurf zukommen lassen, der Abtreibung bis zur 14. Schwangerschaftswoche erlauben würde. Das bisher gültige Abtreibungsverbot ist hundert Jahre alt. Fernández Pläne haben im mehrheitlich katholischen Land eine heftige Debatte ausgelöst; in 200 Städten landesweit gingen am Wochenende Abtreibungsgegner auf die Straße.
Fabián Alesso ist Rektor der argentinischen Nationalkirche in Rom; er hat am Wochenende mit den Gläubigen einen Rosenkranz für den Schutz des Lebens gebetet.
Nicht nur Katholiken demonstrieren
„Es ist das zweite Mal binnen zwei Jahren, dass dieser Gesetzentwurf vorgelegt wird“, erklärt er im Interview mit Radio Vatikan. „2018 hat der Senat ihn abgelehnt. Die Menschen, die in Argentinien dagegen demonstrieren, sind nicht nur Katholiken, sondern auch Christen anderer Konfessionen oder Menschen, die gar keinen religiösen Hintergrund haben. Die einfach davon überzeugt sind, dass dieser Gesetzentwurf aus ethischen Gründen nicht durchkommen sollte.“
Die argentinischen Bischöfe haben sich mit eindringlichen Worten gegen die Lockerung des Abtreibungsverbots positioniert. „Es wäre das erste Mal, dass im demokratischen Argentinien ein Gesetz verabschiedet würde, das den Tod eines Menschen in Kauf nimmt, um einen anderen Menschen zu retten“, heißt es in ihrem Statement.
„Die Demonstrationen sind dazu da, klarzumachen, dass es eine überwältigende Mehrheit von Menschen gibt, die sich diesem Gesetz entgegenstellen – eben nicht nur Katholiken oder Christen, sondern allgemein Menschen guten Willens. Die Bischöfe haben die Menschen – und zwar alle, nicht nur die Katholiken – zur Teilnahme an diesen Demonstrationen ermutigt. Das Anliegen besteht darin, für das Leben, für zwei Leben einzutreten: das Leben der Mutter und das des Kindes…“
Ein kontroverses Papstzitat
Papst Franziskus hat sich vor ein paar Tagen mit einem handschriftlichen Brief mit dem Kampf der argentinischen Lebensschützer solidarisiert. Der frühere Erzbischof von Buenos Aires betont, es sei wichtig, das Leben zu schützen. Es sei in diesem Zusammenhang wichtig, sich zwei Fragen zu stellen: „Ist es gerecht, ein menschliches Leben zu zerstören, um ein Problem zu lösen? Und ist es gerecht, einen Killer anzuheuern?“ Damit wiederholt Franziskus eine spontane Formulierung bei einer Generalaudienz, die vor Jahren heftige Diskussionen ausgelöst hatte.
Don Fabián hat mit diesem Papstzitat keine Schwierigkeiten. „Das sind zwei sehr starke Fragen, die auch den Sinn der kirchlichen Lehre und dessen, worauf es dem Papst ankommt, ausdrücken. In seiner letzten Enzyklika Fratelli tutti schreibt Franziskus ja, wie wichtig der Respekt vor dem Leben und vor der Würde jedes Menschen ist. Jeder Mensch hat Anspruch darauf, dass seine unverletzliche Würde anerkannt wird. Wenn jemand das menschliche Leben nicht respektiert oder glaubt, er dürfe jemand anderem das Leben nehmen, dann fehlt einer Gesellschaft ein grundlegender Pfeiler.“
Nach Angaben von Präsident Fernández lassen jedes Jahr durchschnittlich 38.000 Frauen in Argentinien ihr Kind illegal abtreiben; dabei seien seit 1983 mehr als 3.000 Frauen gestorben. Insgesamt hat es in den letzten Jahrzehnten acht Gesetzesentwürfe zu einer Lockerung des Abtreibungsverbots gegeben; durchgekommen ist kein einziger davon. Der neueste Entwurf ist der erste, der aus dem Präsidialamt kommt.
(vatican news)
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