Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios 

Patriarch Bartholomaios: Ökumene ist keine Utopie

Der offizielle theologische Dialog zwischen katholischer und orthodoxer Kirche sollte angesichts der aktuellen „dornigen Probleme" von Initiativen des gemeinsamen Zeugnisses in der Welt begleitet werden. Das betonte der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. in der Liturgie zum Andreas-Fest im Istanbuler Phanar.

Bei diesen „Initiativen des Zeugnisses" gehe es um Aktionen in gegenseitigem Vertrauen, die von den fundamentalen Prinzipien des Evangeliums inspiriert seien, sagte der Patriarch nach Angaben der Stiftung Pro Oriente. Die neuen Herausforderungen der globalisierten Welt verlangten verstärktes Engagement. Bei dem Gottesdienst am Montag in der Georgskathedrale war auch eine „brüderliche Delegation" aus dem Vatikan mit Kardinal Kurt Koch vor Ort.

Am Morgen des 1. Dezember war die Delegation aus dem Vatikan - ebenso wie eine Delegation der autonomen orthodoxen Kirche von Finnland - zu Gast bei Bartholomaios I. in Neochorion (Yeniköy) am Bosporus. Die Delegationen besuchten anschließend die Kirche der Panagia Koumariotissa in Neochorion.

40-Jahr-Jubiläum

Der offizielle theologische Dialog zwischen katholischer und orthodoxer Kirche begeht sein 40-Jahr-Jubiläum. Der nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) zunächst auf diplomatischer, dann auf theologischer Ebene in Gang gekommene Dialog schreite mit „Beharrlichkeit, Realismus und vollem Vertrauen in die Göttliche Vorsehung" auf jenem Weg voran, der zum Ziel der so sehr ersehnten vollen Einheit führen werde, sagte Bartholomaios I. Das werde trotz der Einwände jener geschehen, die entweder den Wert der Theologie gering schätzten oder die Ökumene für eine Utopie hielten.

Zusammenarbeit bei ethischen Themen

Der Ökumenische Patriarch unterstrich die Übereinstimmung mit Papst Franziskus im Hinblick auf Sorgen, Sensibilitäten und Meinungen, „wie man den großen Herausforderungen der Gegenwart begegnen soll".

„Wir unterstützen alle jene Initiativen, die den Frieden und die Versöhnung fördern“

„Wir unterstützen alle jene Initiativen, die den Frieden und die Versöhnung fördern", so Bartholomaios I. wörtlich. Die menschenfreundliche Botschaft der Kirche fördere die Geschwisterlichkeit und die Solidarität, die soziale Gerechtigkeit und die Beachtung der Menschenrechte. Es gehe darum, die Ursachen und Konsequenzen der „großen Gegenwartskrise der Flüchtlinge und der Migration" in Angriff zu nehmen, aber auch die „tragischen Ereignisse der Gewalt im Namen Gottes und der Religion". Gerade dies mache den Wert und die Bedeutung des interreligiösen Dialogs deutlich, „des Friedens und der Zusammenarbeit der Religionen, um die extremistischen Verhaltensweisen zu diskreditieren und den gegenseitigen Respekt wiederherzustellen".

Würdigung der Enzyklika

Das jüngste Schreiben von Papst Franziskus, „Fratelli tutti", zeige in eindrucksvoller Weise die Sorge der Kirche von Rom angesichts der großen gesellschaftlichen Herausforderungen, betonte der Ökumenische Patriarch. Vor drei Monaten habe auch die orthodoxe Kirche - auf der Grundlage der Beschlüsse der Synode von Kreta über die orthodoxe Sozialethik - ein vergleichbares Dokument herausgebracht.

Bartholomaios I. ging auch auf moralische und anthropologische Fragen ein, die von „großer Aktualität" seien - so sehr, dass man im ökumenischen Bereich von einem Paradigmenwechsel sprechen könne. Der Pluralismus dürfe nicht auf ein „nihilistisches Instrument" reduziert werden, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedrohe, zum Bruch der christlichen Identität und zu Spaltungen im Leben der Kirche führe, hob der Patriarch hervor.

Für die Kirche Christi sei es nicht möglich, in ihrem Inneren „parallele Monologe" zu akzeptieren oder die von Gott inspirierten moralischen und anthropologischen Prinzipien an die „alternativen Vorschläge" der modernen säkularisierten Kultur anzupassen. Bartholomaios I. ist überzeugt, dass die Ausarbeitung einer allgemein akzeptierten christlichen Anthropologie und die tatsächliche Respektierung ihrer Prinzipien eine wichtige Unterstützung für die Beziehungen von orthodoxer und katholischer Kirche bedeuten würde. Denn erst dann werde die Kirche auf dem Weg der Wahrheit und der Liebe, den Quellen wahren Lebens und wahrer Freiheit in Christus, voranschreiten und den Dialog führen können. Erst dann werde es aber auch möglich sein, ein gemeinsames Zeugnis zu geben.

Patriarch Bartholomaios I. und Papst Franziskus beim interreligiösen Friedenstreffen am 20.10.2020 in Rom
Patriarch Bartholomaios I. und Papst Franziskus beim interreligiösen Friedenstreffen am 20.10.2020 in Rom

Erinnerung an das Friedenstreffen der Religionen

Abschließend nahm der Ökumenische Patriarch auf seine Begegnung mit Papst Franziskus in Rom im Vormonat Bezug, wobei er betonte, dass jede persönliche Begegnung „mit dem Bruder Papst Franziskus eine besondere Erfahrung der Brüderlichkeit" sei, die beiderseits den Wunsch verstärke, „Hand in Hand auf unserem Marsch zum gemeinsamen Kelch der Eucharistie zu kämpfen".

(kap - sst)

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02. Dezember 2020, 12:22