Kanada: Indigene aus Internaten im Dezember beim Papst
Papst Franziskus habe angekündigt, dabei auch Auswirkungen der Kolonialisierung und die Rolle der Kirche im Internatssystem anzusprechen, „in der Hoffnung, auf das Leiden der indigenen Völker und die anhaltenden Auswirkungen des intergenerationellen Traumas“ Antworten zu finden, heißt es in der Mitteilung der Kanadischen Bischofskonferenz. Geplant sind demnach persönliche Treffen des Papstes mit jeder der drei verschiedenen Gruppen von Delegierten – der Ersten Nationen (First Nations), Métis und Inuit - sowie eine abschließende Audienz mit allen Delegierten am 20. Dezember.
Auch Überlebende aus Internaten vertreten
Laut Kanadas katholischer Bischofskonferenz soll der Delegation auch eine „vielfältige Gruppe von Überlebenden der Internate sowie Jugendlichen aus dem ganzen Land“ angehören, die von einer Gruppe der Bischöfe und indigenen Führern begleitet wird. Die Begegnung mit Papst Franziskus im Dezember verbindet die Bischofskonferenz mit der „aufrichtigen Hoffnung, dass diese bevorstehenden Treffen zu einer gemeinsamen Zukunft des Friedens und der Harmonie zwischen den indigenen Völkern und der katholischen Kirche in Kanada führen werden“.
Bischofskonferenz rechnet mit Entschuldigung
Papst Franziskus ist nach Aussage des Vorsitzenden der Kanadischen Bischofskonferenz dazu bereit, sich vor Ort in Kanada bei den Indigenen für die frühere Rolle der katholischen Kirche im Heimsystem des Landes zu entschuldigen. Der Papst sei für seinen solchen Schritt zu einem „günstigen Zeitpunkt" offen, sagte Winnipegs Erzbischof Richard Gagnon dem Sender CBC. Er erwarte, dass Franziskus einen ähnlichen Weg wähle wie in Bolivien. Dort entschuldigte sich der Papst bei einem Besuch 2015 für die „vielen schweren Sünden, die im Namen Gottes gegen die Ureinwohner Amerikas begangen wurden".
Papst Franziskus werde mit den indigenen Delegierten über das schmerzhafte Erbe der Internatsschulen sprechen, sagte Erzbischof Gagnon. Franziskus sei es wichtig, ihnen im direkten Gespräch zuzuhören, um weitere Schritte der Versöhnung zu planen. „Was der Papst in Bolivien gesagt und getan hat, wird er auch in Kanada tun", zeigte sich Gagnon überzeugt. „Aber er wird es auf die Besonderheiten der kanadischen Situation abstimmen."
Hintergrund
Vor rund vier Wochen hatte Rosanne Casimir, Leiterin der indigenen Gemeinschaft Tk'emlups te Secwepemc, bekanntgegeben, dass auf dem Gelände eines früheren katholischen Internats nahe der Kleinstadt Kamloops im Westen des Landes die Überreste von 215 Kinderleichen gefunden worden seien.Die Einrichtung war eine von 139 kanadischen „Resident Schools", in denen indigene Mädchen und Jungen zumeist zwangsweise untergebracht wurden, um sie im Auftrag des kanadischen Staates an die „christliche Zivilisation" heranzuführen. Kamloops scheint kein Einzelfall gewesen zu sein. Auf dem Grundstück der ehemaligen Marieval Indian Residential School in der zentralkanadischen Provinz Saskatchewan fanden Ermittler die Überreste von Verstorbenen in 751 nicht markierten Gräbern.
Wie das Umerziehungsheim Kamloops wurde auch die Einrichtung in Marieval vom Orden der Oblaten der Unbefleckten Jungfrau Maria betrieben. Die Gemeinschaft kündigte inzwischen an, alle Aktenbestände zu diesen und weiteren 46 Schulen öffnen zu wollen. Doch viele Angehörige der First Nations haben inzwischen jedes Vertrauen in die Kirche verloren, wie die Juristin Mary Ellen Turpel-Lafond erläutert. Seit den 1990er Jahren läuft die Aufarbeitung. Aber, so sagt die Leiterin des Dialogzentrums für die Geschichte der „Residential Schools" an der University of British Columbia in Vancouver: „Die Wahrheit wurde nicht vollständig erzählt und eine Versöhnung ist noch Generationen entfernt." Weiterhin gebe es große Mängel, was die Kooperationsbereitschaft mancher katholischer Einrichtungen anbelange, beklagt Turpel-Lafond. Viel zu oft hätten sich Täter oder Institutionen bislang aus der Verantwortung stehlen können, was den Überlebenden neuen Schmerz zugefügt habe.
(pm/kna – sst)
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