Caritas Zypern: „Staatliche Stellen überfordert mit Migrationsfluss“
Christine Seuss - Vatikanstadt
„Caritas Zypern ist relativ schwach aufgestellt, was nicht an der Caritas liegt, sondern an den mangelnden Mitteln. Daher beruht ein Großteil unserer Arbeit auf der Arbeit von Freiwilligen und das kann man nicht genug würdigen“, stellt Manfred Lange klar, der im Vorstand der Caritas Zypern sitzt. „Viele der Helfer, die uns unterstützen, sind Jugendliche, die freiwillig ihren Dienst tun, etwa im Flüchtlingszentrum von Nikosia. Und ohne diese Arbeit und Hilfe wäre vieles, das wir leisten, gar nicht möglich.“
Ein Einsatz, der dringend nötig ist. Denn ausgerechnet das kleine Zypern hat die höchste Anzahl von Flüchtlingssuchenden pro Kopf zu bewältigen. „Die staatlichen Stellen sind – ich denke, das kann ich wirklich behaupten, ohne jemandem weh zu tun - eigentlich nach wie vor überfordert mit den Anforderungen, die diese Arbeit mit sich bringt“, bringt es Lange unverblümt auf den Punkt. „Und daher fällt ein großer Teil der Last der Betreuung der Migranten, die hier ankommen und eigentlich völlig hilf- und schutzlos sind, auf uns als Caritas Zypern. Vor diesem Hintergrund müssen wir einfach sehen, wie wir mit diesen Anforderungen fertig werden. Und das ist nicht immer einfach.“ Auch angesichts der wirtschaftlich schwierigen Lage, in der sich die Insel nach wie vor – nach der Krise des Bankensektors vor einigen Jahren und inmitten der vierten Welle der Coronapandemie – befindet.
Zusammenarbeit mit Hindernissen
„Daneben, oder beziehungsweise ein wesentlicher Punkt, der Zypern ja ausmacht, ist, dass es zum einen sozusagen im Brennpunkt von drei Kontinenten steht und dort eine Art Brückenfunktion innehat zum Mittleren Osten und Nordafrika, zum anderen aber ist Zypern auch eine geteilte Insel, die seit 1974 in einen türkisch dominierten Teil und in einen griechisch geprägten Teil zerfallen ist. Formal politisch gibt es allerdings nur die Republik Zypern und der Nordteil der Insel wird als türkisch besetzte Zone der Republik Zypern bezeichnet,“ erläutert der Caritas-Verantwortliche die politische Situation auf der Insel an der Peripherie Europas. Im Nordteil selbst habe die Caritas keine offiziellen Aktivitäten: „Das Problem ist, dass der Norden sehr stark dominiert wird durch den Einfluss der Türkei und damit auch die Zusammenarbeit etwa mit Regierungsstellen oder mit amtlichen Institutionen im Norden recht schwierig ist. Hinzu kommt, dass der Süden es auch gar nicht gerne sieht, wenn es solche Zusammenarbeit gibt, weil diese nach der Lesart der Republik Zypern sozusagen die illegitime Teilrepublik Zyperns stärken würde.“
Zu diesen spezifischen Herausforderungen komme mit der durch die Vereinten Nationen garantierten Pufferzone zwischen dem Nord- und Südteil noch ein „ganz entscheidendes Problem“ hinzu, meint Lange: „Diese Grenze ist durchlässig und wir beobachten, dass darüber ein erheblicher Teil der Migranten und Asylsuchenden hier in den Süden kommt. Nur hier im Süden haben sie Zugang haben zu Regierungsstellen, die ja offiziell Teil der Europäischen Union sind und damit also zumindest eine Chance bieten, wie diese Migranten und Asylsuchenden Zutritt nach Europa erhalten können.“
Im Nordteil der Insel gibt es einen internationalen Flughafen, der nur mit Flügen aus der Türkei bedient wird, während der Südteil sozusagen ein Tor nach Europa darstellt. Allerdings gebe es von Zypern aus kaum eine Möglichkeit, auf den kontinentaleuropäischen Teil zu gelangen, gibt Lange zu bedenken. „Die einzige Verbindung nach Europa sind Flugverbindungen und die sind natürlich gut überwacht. Also für Migranten ist es nahezu ausgeschlossen, dass sie etwa mit dem Flugzeug von hier nach Deutschland reisen könnten. Die Arbeit von Caritas Zypern hat sich in den letzten Jahren sehr stark verändert, und zwar dahingehend, dass wir mit sehr viel mehr Fällen zu tun haben.“
Nicht umsonst liegt ein besonders wichtiger Fokus des Papstbesuches auf dem Thema Migration, am Freitagnachmittag wird das Kirchenoberhaupt beim letzten offiziellen Programmpunkt der Reise nach Zypern im Rahmen eines ökumenischen Gebetes Migranten treffen und ihre Zeugnisse anhören.
„Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich sehr, sehr froh bin darüber, dass der Papst dieses Klima zu einem Schwerpunkt seines Besuchs hier gemacht hat“, meint Manfred Lange. „Ich glaube, dass in Zypern in der Bevölkerung Zyperns das Thema der Migranten nach wie vor wenig Aufmerksamkeit erhält und sogar eher beiseitegeschoben wird.
Von daher ist die Aufmerksamkeit, die das Thema durch den Besuch des Papstes erhält, mehr als willkommen.“ Die Tatsache, dass der Papst dem Thema so große Bedeutung beimesse, werde wohl auch in Zypern zu Diskussionen führen und dazu beitragen, dass die Situation der Migranten den Bewohnern „neu zu Bewusstsein“ gebracht werde, so die Hoffnung des Caritas-Vertreters.
„Und das ist ein ganz wesentlicher positiver Aspekt, den ich mit diesem Besuch verbinde. Natürlich finde ich es genauso wichtig und auch wirklich sehr, sehr gut, dass der Papst in diesem ökumenischen Gebet explizit die Migranten selbst anspricht. Ich freue mich sehr darauf und bin sicher, dass dies auch ein Zeichen der Hoffnung für viele dieser Migranten sein wird, die wie gesagt hier in Zypern sehr häufig sehr alleine gelassen werden und wirklich ein sehr schweres Schicksal zu meistern haben.“
(vatican news)
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