Polen schließt Grenzübergang - Kirche verstärkt Flüchtlingshilfe
Angaben polnischer Behörden zufolge hielten sich 3000 bis 4000 Migranten im Grenzgebiet auf. Am Dienstagmorgen entschied Polen, den Grenzübergang Kuznica zu schließen. In dessen Nähe befanden sich viele Migranten im Wald. Reisende wurden gebeten, auf die Grenzübergänge in Terespol und Bobrowniki auszuweichen – rund 230 und 70 Kilometer entfernt. Lange Staus waren zwischenzeitlich die Folge.
Die Migranten sitzen weiter unter katastrophalen Bedingungen im Grenzgebiet fest. Viele kämpfen mit den niedrigen Temperaturen, die zum Teil im Minusbereich liegen, und sind gezwungen, in Zelten zu übernachten. Mehrere Menschen sollen an Unterkühlung oder Erschöpfung gestorben sein, berichten örtliche Medien. Die genaue Anzahl der Toten ist jedoch nicht bekannt.
Polnische Kirche reagiert mit Spendensammlung
Die Katholische Kirche in Polen verurteilte die humanitäre Lage an der Grenze und verstärkte nun ihren Einsatz für Flüchtlinge. Polens Bischofskonferenz rief zu einer landesweiten Kirchensammlung zur Unterstützung der Hilfe für die Flüchtlinge im Grenzgebiet zu Belarus auf. Unabhängig von den Umständen ihrer Ankunft bräuchten die Menschen Unterstützung, wandte sich der Bischofskonferenz-Vorsitzende Stanisław Gądecki in einem Appell an die Öffentlichkeit. Die Kirchensammlung werde bei den Gottesdiensten am 21. November stattfinden, kündigte der Erzbischof von Posen an.
Kirche und Hilfswerke sprechen von „humanitärer Katastrophe"
Erzbischof Gądecki erinnerte daran, dass der Auftrag der Kirche in erster Linie in der Verkündigung des Evangeliums besteht. „Wenn es also notwendig ist, Neuankömmlingen zu helfen, dürfen wir nicht davor zurückschrecken. Ohne die Sicherheit der Republik und ihrer Bürger zu gefährden, müssen wir unsere Solidarität mit den Bedürftigen zeigen“. Gleichzeitig rief er die Katholiken auf, für den Frieden an Polens Ostgrenze zu beten.
Unterstützt wird die Kirche Polens von zahlreichen Hilfswerken, darunter das deutsche katholische Osteuropa-Hilfswerk Renovabis. Gemeinsam mit den polnischen Bischöfen appellierte das Hilfswerk an die Verantwortlichen in beiden Ländern, den Migranten Hilfe zukommen zu lassen. Bereits am vergangenen Freitagabend erklärte Erzbischof Gądecki bei einem Gottesdienst die Notwendigkeit zu handeln: „Vor unseren Augen geschieht eine humanitäre Katastrophe".
Migranten als Spielball der Politik
Hintergrund des plötzlichen Andrangs von Migranten an der polnisch-belarussischen Grenze ist ein Konflikt zwischen der EU und Belarus. Als Reaktion auf die Unterdrückung der belarussischen Opposition durch Machthaber Alexander Lukaschenko erließ die EU Sanktionen gegen Belarus. Lukaschenko versucht nun, Druck auf die EU auszuüben, indem er Zehntausende Menschen aus Krisenländern im Nahen Osten und anderswo nach Minsk einflog und dann an die Grenze zu den EU-Staaten brachte, so der Vorwurf der EU. Zunächst stiegen deshalb die Zahlen der ankommenden Migranten in Litauen, seit dem Spätsommer versuchten dann die meisten der Migranten, nach Polen zu gelangen.
Seit August haben nach Angaben des polnischen Grenzschutzes rund 30.000 Migranten aus dem Irak, Afghanistan und anderen Ländern versucht, illegal über die Grenze zwischen Belarus und Polen in die EU zu kommen. Polnische Grenzschützer vereitelten dies meistens. Eine Rückkehr der Migranten verhindere Belarus allerdings, hieß es.
Belarus müsse mit der „zynischen Instrumentalisierung von Migranten" und Migrantinnen aufhören, forderte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) wertete die Instrumentalisierung der Migranten durch das Regime in Minsk „als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und kriegerischen Akt gegen Europa“. Die Organisation fordert, den Machthaber vor dem Internationalen Strafgerichtshof zur Verantwortung zu ziehen.
(kap – gh)
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