Blick auf ein Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos Blick auf ein Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos 

Seelsorger aus Österreich prangert Elend auf Lesbos an

Der Oberösterreichische Betriebsseelsorger Heinz Mittermayr ist derzeit vor Ort. Im Interview mit der Linzer „KirchenZeitung" berichtet von menschenunwürdigen Zuständen auf der griechischen Insel: „Die Familien leben in Containern oder Plastikzelten".

Mittermayer ist derzeit für die Organisation von Doro Blancke (www.doroblancke.at) und für „Leave No One behind" (www.lnob.net) bei einem mehrwöchigem Freiwilligeneinsatz auf der griechischen Insel Lesbos im Einsatz, u.a. im neuen Camp „Mavrovouni", in dem derzeit knapp 2.000 Menschen leben. Das Elend der Menschen dort müsse „dringend ein Ende haben", fordert der Seelsorge in der Kirchenzeitung. Neben viel Leid habe es hoffnungsvolle Erlebnisse gegeben, wie den Aufbruch zweier junger Syrer mittels „Resettlementprogramm" nach Italien. Davon „würde es noch viel mehr brauchen", zeigte sich Mittermayr überzeugt.

„Wer im Lager arbeitet, muss sich gegenüber der Leitung verpflichten, nichts Kritisches mehr zu berichten. Dann ist man Teil des Systems und das wollen wir nicht“

Für Papstbesuch herausgeputzt

Durch seinen Freiwilleneinsatz komme er mehrmals täglich ins Camp, etwa um Geflüchtete zur Physiotherapie zu fahren, die von Freiwilligen angeboten wird. Neben körperlichen Gebrechen treten häufig infolge von Kriegs- und Fluchtsituation zusätzliche Beschwerden auf. Mittermayr kritisierte die europäische Politik. Es brauche „mehr Aufmerksamkeit, was da wirklich los ist", denn es werde viel zu viel beschönigt wie etwa beim Besuch des Papstes im Dezember, als die Schiffe der Grenz- und Küstenwache beiseite geräumt worden seien.

„Menschenrechtsverletzungen im Namen der EU“

Mittermayr sprach von „Menschenverachtung pur" und forderte notwendige „beschleunigte Asylverfahren, legale Wege für Menschen auf der Flucht nach Westeuropa", und ein Ende der „illegalen Pushbacks, die ständig passieren". Diese seien „ein klarer Verstoß gegen das Recht auf Asyl, an dem auch Frontex, die europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, beteiligt ist." Das seien „Menschenrechtsverletzungen im Namen der EU".

Die Sicherheitslage im Lager habe sich jedoch etwas verbessert. „Das Aufgebot an Polizei im Camp ist gewaltig und verhindert Übergriffe." Ungefährlich sei das Leben im Camp aber dennoch nicht. Von Bränden und anderen menschenunwürdigen Lebensumständen könne er berichten: „Die Familien leben in Containern oder Plastikzelten mit etwas an Privatsphäre."

Zudem sei die Stromversorgung mangelhaft und nicht durch die griechische Regierung gewährleistet, was bedeute, im Winter nicht heizen zu können. Auch die Versorgung mit Sanitäranlagen sei hier mangelhaft. Für die Duschen reiche etwa die Warmwasserversorgung nicht aus, im Quarantänebereich gebe es für die Neuankömmlinge wochenlang nur kaltes Wasser. Angebote der NGOs zum Duschen außerhalb des Camps seien deshalb notwendig.

(kap-sst)

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28. Januar 2022, 15:03