Ukraine: Friedensappell des Patriarchen und Schutz für Synagogen
„Wir leben seit 2014 mit dem Konflikt in unserem Land, aber in den vergangenen zwei Monaten hat sich die Lage noch einmal deutlich verschärft“, so Titko. Seinen Worten zufolge brechen bei manchen Menschen alte Traumata wieder auf. Und: „Viele Menschen fragen sich: Bei welcher Konfliktverschärfung sollte man fliehen, welche Kriterien sind richtig für diese Entscheidung?“ Ein großes Thema in den Therapie- und Gruppensitzungen seien auch Kinder: „Wie sagen wir ihnen, dass wir unsere Heimat vielleicht verlassen müssen? Wie spricht man mit ihnen über Krieg?“, betonte Titko.
Patriarch mahnt Dialog und Achtung des Völkerrechts ein
Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. schloss sich dem Friedensaufruf für die Ukraine an, den Papst Franziskus in den vergangenen Tagen mehrmals wiederholte. Franziskus hatte beim Angelus am Sonntag auf die prekäre Lage in der Ukraine und vor allem an der russischen Grenze hingewiesen. Im Rahmen eines Sonntagsgottesdienstes in Istanbul mahnte der Patriarch eindringlich, dass Waffen keine Lösung sein könnten. Der Friede sei eine Frage des Wollens. Alle Kräfte, die in dem „äußerst komplexen und sensiblen geopolitischen Kontext“ der Ukraine involviert seien, müssten sich mit ganzer Kraft dafür einsetzen, forderte Bartholomaios. Es brauche neue Wege des Dialogs und die Achtung des Völkerrechts, um den Konflikt zu beenden und es allen Ukrainern zu ermöglichen, in Harmonie zu leben, sagte das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie.
Wirtschaftliche Situation verschlechtere sich
Hinzu komme, dass sich die wirtschaftliche Situation in der Ukraine rasch verschlechtere. Dazu erläuterte Titko von Malteser Ukraine: „Die Lebenshaltungskosten steigen immer weiter, und viele wissen nicht mehr, wie es weitergehen soll: Wir sehen in unseren Projekten vermehrt Zukunftsängste und Depressionen. Nach sieben Jahren Angst entstehen bei den Menschen pathologische Angst und Alpträume.“
Angst vor einem Krieg
Die Angst vor einem Krieg verdränge zwar die akute Sorge um Covid-19. Allerdings seien die Fallzahlen in dem Land weiter hoch. An Normalität sei schon lange nicht mehr zu denken, so Titko. Das wirke sich auf die Psyche aus, mache mürbe und lasse den Bedarf an psychologischer und psychosozialer Unterstützung steigen.
Im vergangenen Jahr haben die Malteser in der Ukraine nach eigenen Angaben für rund 6.500 im Land vertriebene Menschen Einzel- oder Gruppensitzungen angeboten. Darüber hinaus seien 235 Menschen über psychiatrische Telemedizin versorgt und für etwa 4.900 Menschen Schulungen über psychische Krankheiten angeboten worden.
Jüdische Einrichtungen unter Polizeischutz
Eine große Befürchtung vieler Ukrainer sei, dass der russische Angriff auch auf religiöse Einrichtungen abzielen könnte. Die ukrainische Polizei stellte deshalb auf Ersuchen des Oberrabbiners der Ukraine, Moshe Asman, die große Synagoge in Kiew unter seinen Schutz. Wie die Nachrichtenagentur Risu an diesem Montag berichtet, wurden die Brodsky-Zentralsynagoge und die Podol-Synagoge sowie eine Reihe anderer jüdischer Stätten unter Polizeischutz gestellt. Am Samstagabend hatte Asman an alle Juden in Kiew appelliert, in die kostenlosen Unterkünfte auf einem Gemeinschaftscampus in der Peripherie von Kiew zu ziehen. Auch der Campus stehe unter Schutz.
(kap/kna/risu – mg)
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