Vatikan/Frankreich: Laurent Ulrich neuer Erzbischof von Paris
Ulrich wird in diesem Amt Nachfolger von Michel Aupetit. Der Papst hatte im vergangenen Dezember Aupetits Angebot zum Rücktritt angenommen, nachdem eine Wochenzeitung dem Erzbischof ein früheres Verhältnis zu einer Frau unterstellt hatte. Aupetit bestritt, sich nicht korrekt verhalten zu haben, doch Franziskus sah die Autorität des Amtes beschädigt und sorgte daher für einen Wechsel im Erzbistum an der Seine.
Ulrich ist Jahrgang 1951; er stammt aus Dijon, der Hauptstadt Burgunds. Dort studierte er zunächst Philosophie, daran schloss er ein Theologiestudium in Lyon an. 1979 wurde er zum Priester geweiht und arbeitete zunächst in der Pastoral im burgundischen Beaune. Im Jahr 2000 ernannte ihn Johannes Paul II. zum Erzbischof von Chambéry; sieben Jahre später wählte ihn die französische Bischofskonferenz zu ihrem Vize-Vorsitzenden. Derzeit ist er in der Bischofskonferenz für Schul- und Bildungsfragen verantwortlich. In Lille wirkt Ulrich seit 2008 als Erzbischof.
„Der Nuntius des Papstes hat mich vor ein paar Wochen zu einem Gespräch eingeladen“, erzählt Ulrich im Gespräch mit dem katholischen Sender kto. „Er hat mir geradeheraus gesagt: Der Papst hat Sie zum Erzbischof von Paris ernannt. Darauf sagte ich: Oh mein Gott! Ich war völlig überrascht und durcheinander – auf so eine Idee war ich nicht gekommen. Ich bin ja schon siebzig und hätte nicht gedacht, dass man jemanden für etwa fünf Jahre ernennen würde.“ Gemeinhin gehen Ortsbischöfe mit 75 Jahren in den Ruhestand.
Der neue Hausherr der Pariser Kathedrale Notre-Dame hat sich im Lauf seiner kirchlichen Karriere mit vielen Themen beschäftigt, die auch für die Katholiken der Hauptstadt wichtig sind, vor allem Teilhabe von Laien, Verkündigung, Medien. „Verkündigung des Glaubens in der modernen Welt“ war in den siebziger Jahren Thema seines Studienabschlusses „Maitrise“ im Fach Theologie. Die Amtseinführung in Paris ist auf den 23. Mai angesetzt.
„Ein Mann des Konsenses“
„Ich hatte anfangs Vorbehalte gegen diese Ernennung, weil ich mich zunächst nicht einverstanden fühlte. Aber als ich meine inneren Widerstände fallen ließ, erfüllte mich auf einmal innerer Friede. Da habe ich mir gesagt: Das ist ein Zeichen, dass dieser Ruf vom Herrn selbst kommt…“
Das katholische französische Radio RCF nennt Ulrich einen „Mann des Konsenses“. Er könne sich dazu eignen, „eine gespaltene Diözese wieder zu einen“. Das Erzbistum Paris sei „durch eine große Bandbreite verschiedener Sensibilitäten geprägt“; jetzt stünden „die Zeichen auf Befriedung“. „Voraussichtlich wird Ulrich die Aufgabe zufallen, Notre-Dame wiederzueröffnen.“
Diese Wiedereröffnung der gotischen Kathedrale, die im April 2019 teilweise abgebrannt ist, soll 2024 stattfinden; das „Schicksal von Notre-Dame“ nennt der Erzbischof eine seiner wichtigsten Prioritäten im neuen Amt in Paris. „Das ist ein so wichtiger Ort für die Pariser und für die ganze Welt, das darf man nicht stiefmütterlich behandeln!“ Allerdings gebe es „nicht nur Notre-Dame“, sondern ein vielfältiges kirchliches Leben in der Stadt, damit wolle er „soweit wie möglich in Kontakt sein“.
„Es gibt in diesem Bistum einen großen Reichtum… Ich weiß, dass es vor einigen Monaten eine sehr schwierige Krise durchgemacht hat, eine richtiggehende Umwälzung. Ich habe dafür keine fertige Formel und weiß nicht schon im Voraus, was da zu tun ist. Wahrscheinlich ist es das Wichtigste, dass ich mich einfach mit den Menschen dort vertraut mache und versuche zu verstehen, alles kennenzulernen und vor allem zu lieben.“
Inwieweit wird sich Ulrich zur Politik äußern?
„Ein Erzbischof des Übergangs“: So nennt die katholische Tageszeitung „La Croix“ den Neuen in der Schlagzeile auf ihrer Internetseite. Ulrich sei „ein Mann der Erfahrung und des Dialogs“. Zu fragen sei, inwieweit er sich zu politischen und gesellschaftlichen Fragen äußern werde. Das Erzbistum Paris sei nun mal „besonders exponiert“ in dieser Hinsicht – und der Posten des Erzbischofs dort „ausgesprochen politisch“.
„Ich komme aus einer kinderreichen Familie – sechstes Kind von sieben“, so stellt sich Ulrich selbst vor. „Aus meiner Sicht muss das Priester- und das Bischofsamt heute, so wie sich der Papst das ja auch vorstellt, in großer Synodalität gelebt werden. Das Wort ist vielleicht etwas seltsam, aber es will sagen: Man ist nie allein. Natürlich kann es da Einsamkeit geben, aber gleichzeitig ein großes Verlangen danach, mit anderen zusammen Kirche zu sein. Der Bischof ist nicht der Einzige in der Kirche; er muss versuchen, alle zusammenzubringen und selbst ein Verkünder des Evangeliums, ein Zeuge Christi zu sein.“
(vatican news – sk)
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