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Großbritannien: Anglikaner-Primas ruft vor Weltkonferenz zu Ruhe auf

Anglikaner-Primas Justin Welby hat die Bischöfe vor der kommenden Woche beginnenden Lambeth-Konferenz zu Besonnenheit und Einheit aufgerufen. Vor allem Themen über die Sexualmoral verursachten heftige Debatten in den Sozialen Medien.

Mit Blick auf eine teils hitzig geführte Debatte zur Haltung der Kirche zum Thema Homosexualität erklärte der Erzbischof von Canterbury am Freitag: „Ohne die Dinge zu ignorieren, über die wir zutiefst unterschiedlicher Meinung sind, bete ich, dass wir uns dieser Zusammenkunft mit einem noch tieferen Sinn für das nähern, was uns verbindet: die Liebe Jesu und seine Berufung, der Welt Gottes zu dienen.“

Zum Nachhören - was Anglikaner-Primas Justin Welby sagt

Hintergrund sind die sogenannten „Lambeth Calls“ (Lambeth-Aufrufe) zu verschiedenen Themen, deren Entwürfe am Montag veröffentlicht wurden und die bei der Weltkonferenz von den rund 650 Bischöfen ab Freitag, 29. Juli, diskutiert werden. Eine scharfe Kontroverse wird bei der Frage nach der Priester- und Bischofsweihe für Homosexuelle sowie Segnungen gleichgeschlechtlicher Ehen erwartet, deren Handhabung in den verschiedenen Teilen der anglikanischen Weltgemeinschaft schon jetzt unterschiedlich ist.

„Und es wird eine Zeit sein, in der wir wichtige Gespräche über Themen führen, die die Kirche und die Welt betreffen.“

In einer Videobotschaft im Vorfeld der Lambeth-Konferenz sagte Welby:

„Mein Herz ist voller Hoffnung und Vorfreude auf die 15. Lambeth-Konferenz, die im Juli und August 2022 stattfinden wird. Es wird eine Zeit der Gemeinschaft sein, in der wir unsere Schwestern und Brüder aus der ganzen Welt treffen. Es wird eine Zeit des Brotbrechens und des Feierns sein, in der wir uns gegenseitig Gastfreundschaft gewähren. ... Und es wird eine Zeit sein, in der wir wichtige Gespräche über Themen führen, die die Kirche und die Welt betreffen.“

„Wir brauchen nur einen kurzen Blick auf unsere Bildschirme zu werfen, um Situationen der Ungerechtigkeit und Ungleichheit zu sehen.“

Weiter ging er in seiner über Facebook veröffentlichten Videobotschaft auf die Herausforderungen ein, über die die Anglikaner sprechen müssten.

„Auf der ganzen Welt erleben viele Menschen großes Leid. Wir brauchen nur einen kurzen Blick auf unsere Bildschirme zu werfen, um Situationen der Ungerechtigkeit und Ungleichheit zu sehen. Unsere Gespräche auf der Lambeth-Konferenz werden in einer Welt stattfinden, die mit großen Herausforderungen zu kämpfen hat. Vor allem geht es um Themen wie Klimakrise, aber auch um die Folge der Pandemie, Ungleichheiten, Konflikten, Massenmigration, Verfolgung und dem raschen wissenschaftlichen und technologischen Wandel.“

Aus Online-Gesprächen entstanden

In seiner schriftlichen Botschaft schreibt Welby, die Textentwürfe der Lambeth-Aufrufe seien aus Online-Gesprächen zwischen Bischöfen auf der ganzen Welt entstanden, die 2021 zur Vorbereitung der Konferenz stattfanden. „Sie wurden von einer vielfältigen Gruppe von Anglikanern entworfen - männlich und weiblich, Laien und Ordinierte, aus verschiedenen Generationen und aus jedem Teil der Gemeinschaft.“ Die Entwürfe seien Teil eines Prozesses, der auch lange nach dem Ende des Bischofstreffens fortgesetzt werde, da jede Kirchenprovinz ihre eigene Antwort auf die Aufrufe formulieren solle, so der Ehrenprimas der anglikanischen Weltgemeinschaft.

Welby verwies auf den Aufruf zur anglikanischen Identität, in dem es heiße: „Anglikaner streben danach, Gott treu zu sein - in ihrer Übereinstimmung und in ihren Meinungsverschiedenheiten.“

Die Lambeth-Konferenz werde sich „auf die großen globalen Krisen unserer Zeit, ihre Auswirkungen auf die Schwächsten und unsere Aufgabe aus dem Evangelium, einer Welt in Not zu dienen, konzentrieren“, so Welby. Er danke Gott für die „historische Gelegenheit, mit Bischöfinnen und Bischöfen aus der ganzen Welt „im Gebet, im Studium und im Gespräch zusammen zu sein“.

Keine Ablehnung möglich

Kritiker bemängeln, dass laut dem jetzt bekanntgewordenen Vorgehen die Bischöfe die Aufrufe entweder annehmen oder eine weitere Diskussion anmahnen können, eine konkrete Ablehnung jedoch nicht möglich ist. Ebenso wird befürchtet, dass die bereits 1998 beschlossene Haltung zum Umgang mit Homosexuellen nochmals auf den Prüfstand gestellt wird.

Zur 15. Lambeth-Konferenz werden bis 8. August mehr als 650 der rund 800 geladenen Bischöfe erwartet, weitere nehmen online teil. Kritiker einer vollen Anerkennung Homosexueller durch die anglikanische Kirche, vor allem aus dem globalen Süden, haben hingegen ihre Teilnahme abgesagt. Bei der letzten Konferenz 2008 beschloss man, aufgrund kontroverser Themen vom üblichen Zehnjahres-Rhythmus abzuweichen. Durch die Corona-Pandemie wurde sie nunmehr auf diesen Sommer verschoben.

(kna/facebook – mg)

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23. Juli 2022, 12:26