Schlangestehen an einer Essensausgabe in einem Flüchtlingscamp in Somalia, am 8. Februar Schlangestehen an einer Essensausgabe in einem Flüchtlingscamp in Somalia, am 8. Februar 

UNO: Rückschritte beim Kampf gegen Hunger

Der Kampf gegen Hunger und Unterernährung weltweit macht Rückschritte. Die Zahl der Hungernden ist 2021 auf 828 Millionen Menschen gestiegen: Das sind 46 Millionen Menschen mehr als im Jahr zuvor – und 150 Millionen mehr als vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie.

Das ergibt sich aus einem neuen UNO-Bericht mit aktuellen Zahlen und Daten zum Stand der Lebensmittelsicherheit und der Ernährung in der Welt; er wurde am Mittwoch von mehreren UNO-Organisationen veröffentlicht: der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), dem Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), dem Welternährungsprogramm (WFP) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Klar wird aus dem Zahlenwerk, dass sich die Weltgemeinschaft weiter von ihrem proklamierten Ziel entfernt, Hunger, Ernährungsunsicherheit und Unterernährung in all ihren Formen bis 2030 zu beenden. Die Zahlen zeichnen ein düsteres Bild: Zwar war der Anteil der hungernden Menschen an der Weltbevölkerung seit 2015 relativ unverändert geblieben. Doch dann stieg er 2020 und 2021 deutlich an und erreichte 9,8 Prozent der Weltbevölkerung.

Geschlechtsspezifische Diskrepanz bei Ernährungsunsicherheit 

Etwa 2,3 Milliarden Menschen weltweit (29,3 Prozent) waren im Jahr 2021 von mittlerer oder schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen, 350 Millionen mehr als vor dem Ausbruch derPandemie. 924 Millionen Menschen (11,7 Prozent der Weltbevölkerung) waren von schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen, ein Anstieg um 207 Millionen innerhalb von zwei Jahren.

Auch die geschlechtsspezifische Diskrepanz bei der Ernährungsunsicherheit hat sich 2021 weiter vergrößert: 31,9 Prozent der Frauen weltweit waren mit mittlerer oder schwerer Ernährungsunsicherheit konfrontiert, verglichen mit 27,6 Prozent der Männer. Das bedeutet eine Diskrepanz von mehr als 4 Prozentpunkten, gegenüber 3 Prozentpunkten im Jahr 2020.

Äthiopien, Ende Januar
Äthiopien, Ende Januar

Fortschritte im Bereich Stillen

Fast 3,1 Milliarden Menschen konnten sich 2020 keine gesunde Ernährung leisten, 112 Millionen mehr als 2019. Schätzungsweise 45 Millionen Kinder unter fünf Jahren litten an Auszehrung, der tödlichsten Form der Unterernährung, die das Sterberisiko von Kindern bis zu 12-fach erhöht. Darüber hinaus wiesen 149 Millionen Kinder unter fünf Jahren Entwicklungsdefizite auf, die auf einen chronischen Mangel an essenziellen Nährstoffen in ihrer Ernährung zurückzuführen waren, während 39 Millionen Kinder übergewichtig waren.

Fortschritte wurden immerhin im Bereich Stillen erzielt: Im Jahr 2020 werden weltweit fast 44 Prozent der Kinder unter sechs Monaten ausschließlich gestillt, auch wenn dies unter dem Ziel von 50 Prozent bis 2030 liegt.

Äthiopien, Anfang Februar
Äthiopien, Anfang Februar

Und dazu noch der Ukraine-Krieg...

Prognosen zufolge werden im Jahr 2030 immer noch fast 670 Millionen Menschen (8 % der Weltbevölkerung) von Hunger betroffen sein, selbst wenn man einen weltweiten Wirtschaftsaufschwung in Betracht zieht. Dies ist eine ähnliche Zahl wie 2015: Damals wurde das Ziel, Hunger, Ernährungsunsicherheit und Unterernährung bis zum Ende dieses Jahrzehnts zu beenden, als Teil der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ eingeführt.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts unterbricht der Krieg in der Ukraine, in den zwei der weltweit größten Produzenten von Getreide, Saatöl und Düngemitteln verwickelt sind, die internationalen Versorgungsketten und treibt die Preise für Getreide, Düngemittel und Energie in die Höhe.

Äthiopien, Ende April
Äthiopien, Ende April

„Deprimierende Zahlen für die Menschheit“

Von „deprimierenden Zahlen für die Menschheit“ spricht IFAD-Chef Gilbert F. Houngbo. „Wir brauchen einen robusteren Ansatz zur Beendigung des Hungers.“ UNICEF-Generaldirektorin Catherine Russell warnt, „das Leben und die Zukunft so vieler Kinder stehen auf dem Spiel“, und WFP-Exekutivdirektor David Beasley sieht die „die reale Gefahr, dass diese Zahlen in den kommenden Monaten noch weiter ansteigen werden“.

Das katholische deutsche Hilfswerk Misereor reagiert „mit großer Beunruhigung“ auf den UNO-Bericht. „Jeder fünfte Mensch in Afrika, 22 Prozent, ist von Hunger betroffen“, so das Hilfswerk. „828 Millionen Betroffene bedeuten eine 828-millionenfache Verletzung des Menschenrechts auf Nahrung und damit millionenfaches Leid – und das, obwohl es genug für alle am Tisch gibt.“

(vatican news – sk)
 

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07. Juli 2022, 11:11