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Kanada: Zwei religiöse Orden stehen sich vor Gericht gegenüber

Der karitative Orden der „Grey Nuns“ von Montreal hat bei einem kanadischen Gericht beantragt, dass sie die Kongregation des Heiligen Kreuzes entschädigen soll, falls sie Opfer sexuellen Missbrauchs durch Geistliche bezahlen müssten. Es handele sich um einen Teil einer Sammelklage, die gegen den Frauenorden genehmigt wurde.

Die Rechtsfrage stand im Mittelpunkt einer Gerichtsverhandlung am 16. November in Montreal, an der die beiden religiösen Orden beteiligt waren. Die Richterin des Superior Court von Quebec, Suzanne Courchesne, gab bei der Genehmigung der Sammelklage im März an, dass sie darauf abzielte, „jede Person oder den Nachlass einer verstorbenen Person“ einzubeziehen, die behauptet, an einem der drei Standorte, die von den „Grey Nuns“ im Raum Montreal betrieben werden, „Opfer sexuellen Missbrauchs und/oder körperlichen Missbrauchs und/oder psychischen Missbrauchs“ geworden zu sein.

Zu diesen Standorten gehören die Kindertagesstätte Crèche d'Youville, die Schule Notre-Dame de Liesse und das katholische Waisenhaus von Montreal. Das Gericht will Opfer entschädigen, die zwischen 1925 und 1973 einer der beiden Institutionen anvertraut worden waren.

Eines dieser Opfer, Jacques Beaulieu, wurde während seines Aufenthalts in der von den Ordensfrauen betriebenen Schule Notre-Dame de Liesse sowohl von Ordensleuten als auch von Laien körperlich und seelisch misshandelt. Er gibt an, auch von einem Priester sexuell belästigt worden zu sein. 

Vorwürfe

Aus den Gerichtsakten geht hervor, dass die Ordensfrauen den Jungen und einige andere Kinder sonntags einem Priester anvertraut hätten, der sie mit seinem Auto abholte, um sie „zur Messe zu fahren“. In den Gerichtsakten heißt es, dass der Kaplan die Gelegenheit nutzte, um die Kinder sexuell zu missbrauchen. Der Priester wird als Pater Conrad Larouche von der Kongregation vom Heiligen Kreuz identifiziert. Pater Larouche war 1967 und 1968 Kaplan, von 1947 bis 1967 lehrte er auch am Collège Saint-Laurent. Er starb am 16. September 2000 im Alter von 80 Jahren.

Die Anwälte der „Grey Nuns“ behaupten, dass die Kongregation vom Heiligen Kreuz „für die Fehler ihrer Mitarbeiter einstehen und somit gesamtschuldnerisch haftbar gemacht werden muss“, falls der mutmaßliche Missbrauch nachgewiesen würde. Auch die Leiter der Priester-Kongregation sollen „für ihre Unterlassungen und ihr Versäumnis zur Rechenschaft gezogen werden, sei es, um Missbrauch zu verhindern oder ihm ein Ende zu setzen, vorausgesetzt, sie hatten die volle Autorität und Macht dazu“, heißt es im Antrag der Anwälte der „Grey Nuns“.

Die Kongregation vom Heiligen Kreuz gab nach der Gerichtsverhandlung eine Erklärung ab, in der sie betont, sie „verurteile energisch und unmissverständlich alle unangemessenen Handlungen, die Minderjährige und schutzbedürftige Personen betreffen“. Die Gemeinde lehnte weitere Kommentare zu dem Verfahren ab.

Vierstündige Anhörung

Während der vierstündigen Anhörung wurde das Gericht von einem Anwalt der Kongregation vom Heiligen Kreuz auf einen entscheidenden Rechtspunkt aufmerksam gemacht.

Der Anwalt sagte, dass lange bevor die Sammelklage gegen die Nonnen genehmigt wurde, die Kongregation des Heiligen Kreuzes bereits Gegenstand einer separaten Sammelklage gewesen sei. In diesem Fall ging es um Opfer, die von Mitgliedern der Kongregation missbraucht wurden. Dabei wird auch Pater Larouche genannt. Die Tatsache, dass er in zwei Sammelklagen erwähnt wird, führt zu einer Reihe von Streitigkeiten, die ein zweiter Richter am Obersten Gericht von Quebec beilegen muss.

Das Gericht muss nun entscheiden, ob ein Opfer Anspruch auf zwei Entschädigungen hat, nachdem beide Sammelklagen genehmigt wurden. Auch eine andere Frage muss noch entschieden werden und zwar, ob das Gericht Opfer der Heilig-Kreuz-Kongregation von der Sammelklage gegen die „Grey Nuns“ ausschließen müsse und nur die Fälle gegen die „Grey Nuns“ akzeptiert werden könnten. Richter Pierre Nollet hat angekündigt, seine Entscheidung im Januar bekannt zu geben.

(ucan – mg)

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23. November 2022, 11:56