Madelaine Kuns vom JRS Madelaine Kuns vom JRS 

Ukraine: Wie der Jesuiten-Flüchtlingsdienst hilft

Der Ukraine-Krieg hat bei den Spendern in Deutschland große Hilfsbereitschaft ausgelöst. Der Deutsche Spendenrat rechnet für das laufende Jahr mit einem ebenso erfolgreichen Spendenjahr wie 2021, das Jahr der Corona-Pandemie.

Brigitte Fairbanks

Die großen Player sind jene Organisationen, die dank ihrer Struktur schnelle humanitäre Nothilfe leisten können. Im kirchlichen Kontext konnte der „Jesuiten-Flüchtlingsdienst International“(JRS) deutlich mehr Spenden einsammeln, sagt Madelaine Kuns, verantwortlich für Fundraising beim Flüchtlingsdienst in Rom.

Die Erfahrung vorhergehender Krisen habe sich in den ersten Monaten nach Ausbruch des Ukraine-Krieges wiederholt, und dank koordinierter Kampagnen konnten die Jesuiten schnell Hilfe leisten.

Enorme Anstrengungen in Friedensstiftung und Wiederaufbau nötig

„Wir starteten eine umfangreiche Zusammenarbeit der Jesuiten in Europa. Es beteiligten sich der Flüchtlingsdienst International, die Kurie der Jesuiten und andere jesuitische Organisationen wie zum Beispiel das Xavier Netzwerk. Wir koordinierten unsere Hilfe und nannten es One Proposal.

Nikolausfest des JRS mit Flüchtlingen aus Ukraine und Nahost in Kroatien, am 7. Dezember
Nikolausfest des JRS mit Flüchtlingen aus Ukraine und Nahost in Kroatien, am 7. Dezember

Ohne die genaue Zahl zu kennen, würde ich heute schätzen, dass wir etwa 10 Millionen Euro an Spendengeldern gesammelt haben. Das Geld geht in kurzfristige, mittelfristige und langfristige Projekte, denn wir wissen: Selbst wenn der Ukraine-Krieg morgen zu Ende gehen sollte, so wird die massive Zerstörung und das Bedürfnis der Versöhnung enorm sein. Man denke nur an die Geflüchteten, die ihre Häuser verlassen mussten, und die Neuankömmlinge, die in diese Häuser einziehen. Das erfordert enorme Anstrengungen in Friedensstiftung und Wiederaufbau.

„Was wir am besten tun, ist die Bereitstellung von Bildung, die langfristig angelegt ist“

Wir vom Flüchtlingsdienst haben mit humanitären Hilfsprogrammen begonnen, also sofortiger Katastrophenhilfe, mit der psychologischen Betreuung der Geflüchteten. Doch was wir am besten tun, ist die Bereitstellung und Förderung von Bildung, die langfristig angelegt ist. Das umfasst Schulbildung genauso wie psychische Therapie.“

Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst hilft Opfern des Ukraine-Kriegs - ein Beitrag von Radio Vatikan

Für Spendensammler ist es immer eine Herausforderung, Gelder für langfristige Projekte zu finden. Katastrophen wie die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg, eine Hunger- oder eine Überschwemmungskatastrophe haben einen größeren Wirkungsgrad. Man sieht die Bilder der Zerstörung täglich im Fernsehen. Das Problem kennt auch der „Jesuiten-Flüchtlingsdienst“.

Deutlicher Anstieg der Online-Spenden

„Wir bemerkten einen deutlichen Anstieg der Online-Spenden. Das sind meistens Spenden auf Notfälle. Viele Menschen kamen zu uns und sagten, wir möchten wirklich helfen.“

Adventsessen mit ukrainischen Flüchtlingen in Warschau am 18. Dezember
Adventsessen mit ukrainischen Flüchtlingen in Warschau am 18. Dezember

Madelaine Kuns, die seit drei Jahren das Fundraising beim Internationalen Jesuiten-Flüchtlingsdienst verantwortet, schätzt, dass der Krieg zum größten Spendenaufkommen in ihrer Amtszeit führte. Sicher habe es Verschiebungen von laufenden Projekten zur Ukraine-Hilfe gegeben. Doch der JRS konnte mit guter Kommunikation reagieren.

„Wir starteten eine große Kommunikationskampagne über vergessene Krisen. Das war eine Kampagne zusammen mit der Jesuiten-Kurie. Wir informierten über das, was in der Ukraine geschah. Aber gleichzeitig riefen wir dazu auf, die Menschen nicht zu vergessen, die in ähnlichen Situationen leben. Die dürfen nicht vergessen werden.

„Wir sind nie die Ersten, sondern eher die Letzten...“

Wir sind nie die ersten, sondern eher die letzten, die bei einem Notfall in ein Land gehen. Unsere Aufgabe ist eine langfristige Verpflichtung. Wir sichern den Zugang zu Bildung in allen Lebenslagen und Altersstufen, jung und alt, wir helfen den Menschen, die am gefährdetsten sind, damit sie Zugang zu Hilfsprogrammen bekommen und damit ihre Stimme weltweit gehört wird.“

Blackout in Kyiv am 16. Dezember
Blackout in Kyiv am 16. Dezember

Angesichts der Grausamkeiten, die wir bei allen Kriegen sehen, stellt sich die Frage, wie man gegen den sich aufbauenden Hass in den Menschen vorgehen kann. Was tut der Flüchtlingsdienst?

Versöhnungsarbeit ist eine der zentralen Aufgaben

„Die Versöhnungsarbeit ist eine der zentralen Aufgaben in unserer Mission. Es geht darum, Frieden zu finden in schwierigen Situationen. Ein Beispiel ist, wenn ein Geflüchteter sich in eine Gastgemeinschaft integrieren muss. Oder wenn Geflüchtete anderen Geflüchteten helfen. Das kann sein, wenn sie aus dem gleichen Land kommen, aber Angehörige von verschiedenen Stämmen sind, oder wenn sie verschiedene Konfliktsituationen erleben, oder wenn sie in einem Konflikt auf unterschiedlichen Seiten gekämpft haben und vielleicht zu verschiedenen Camps geflüchtet sind.

Frieden zu stiften unter all diesen recht unterschiedlichen Lebenssituationen – darum geht es. Wir haben für unsere Organisation vor Jahren die Entscheidung getroffen, dass es das Wichtigste ist, diese Geflüchteten zu integrieren und gute Beziehungen zwischen ihnen zu fördern. Dazu gehört, dass jeder seine Geschichte erzählt, damit sein Schicksal verstanden wird.

„Man kann Geflüchteten nicht helfen, wenn man nicht gleichzeitig jene unterstützt, die sie willkommen heißen“

Wir haben auch ein Programm, an dem die aufnehmenden Gemeinschaften teilnehmen. Denn wenn man sich die Statistiken anschaut, dann sieht man, dass oft die Menschen in den Aufnahmeländern oder Gemeinden ähnlich prekäre oder sogar schlechtere Lebensbedingungen haben. Man kann Geflüchteten nicht helfen, wenn man nicht gleichzeitig jene unterstützt, die sie willkommen heißen. Das trifft auf alle Bereiche zu, sei es Bildung oder Versöhnung. Es geht darum, einfach das Richtige zu tun.“

Für die kirchliche Organisation sind weltweit mehr als 7.300 Mitarbeiter und Helfer tätig. In Deutschland ist der Jesuiten-Flüchtlingsdienst seit 1995 im Einsatz.

(vatican news)
 

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21. Dezember 2022, 11:53