Jesuit Murhula: „Das Problem ist nicht das kongolesische Volk“
Dass die Menschen des Kongo Papst Franziskus hautnah erleben könnten, sei „an sich schon eine Botschaft“ und ein „Trost“ für Afrikas Gläubige, hebt der Jesuit hervor, „allein seine Anwesenheit erinnert uns daran, dass das Evangelium so sein soll“.
Der Papst komme nicht in den Kongo, „um die Hände von Staatschefs zu schütteln“, so der Priester weiter. Franziskus gehe mit seiner Afrikareise in „diese Wüste der Menschenrechte und des Leidens“, „um die Nähe Gottes und das Mitgefühl Gottes für die Menschen, die so viel gelitten haben, zum Ausdruck zu bringen“.
Das kongolesische Volk habe von der Kolonialisierung bis heute wegen des Reichtums des Landes viel gelitten. „Und selbst jetzt, wo Papst Franziskus die Nähe und das Mitgefühl Gottes zum Ausdruck bringt, ist er sich bewusst, dass das Problem nicht das kongolesische Volk ist, das ein sehr gastfreundliches und liebevolles Volk ist.“
Gier der Mächtigen
Vielmehr habe die Gier der Mächtigen das Land fest im Griff: „Die Mächte der Welt, die den Reichtum des Kongo begehren, wollen eine sehr schwache Regierung im Kongo halten, damit sie weiterhin die Vorteile von Holz, Coltan, Gold, allen Mineralien und sogar des Bodens genießen können. Wenn man heute in den Kongo kommt, ist man entsetzt darüber, wie eine Handvoll reicher Leute das Land, den Reichtum, fast alles, auf Kosten der Armen monopolisiert hat.“
Der Papst setze dem eine Botschaft der Liebe, Menschenrechte, sozialen Gerechtigkeit, gerechten Verteilung und der Würde entgegen. Franziskus habe diese „kraftvolle Botschaft“ in seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ an Politiker und Nationen weltweit gesandt, zeigt sich der Jesuit überzeugt, der eine Doppelmoral der entwickelten Länder beklagt, die „das eine sagen und das andere tun“.
Der Papst erinnere daran, „dass es in der Politik nicht darum geht, die Menschen zu belügen oder die Menschen auszubeuten, denen wir dienen sollen.“ Er trete für eine Bekehrung der Politik ein und mache auch deutlich, dass mit Korruption, Betrug und Selbstbereicherung die politische Glaubwürdigkeit gerade in den Augen der jungen Generationen aufs Spiel gesetzt wurde.
Völlig destabilisiert
Der Kongo sei in den letzten 30 Jahren „völlig destabilisiert worden, zum Teil wegen der internationalen Politik des Neoliberalismus, den selbst Papst Franziskus in vielerlei Hinsicht stigmatisiert hat“. Die Privatisierung und der Tod des öffentlichen Dienstes und des öffentlichen Sektors seien fast überall spürbar. Die katholische Kirche habe dieses Vakuum, das die Regierung hinterlassen habe, teils ausfüllen können – im Bildungswesen, in der Gesundheitsversorgung und in anderen sozialen Bereichen.
Die katholische Kirche des Kongo sei in diesen Bereichen „sehr, sehr aufgeschlossen“, „engagiert und hingebungsvoll“, so der Jesuit. „Ich glaube, die meisten Menschen in Afrika würden zustimmen, dass die Konferenz der katholischen Bischöfe des Kongo die lautstärkste und stärkste auf dem Kontinent ist, wenn es um politische und soziale Fragen geht.“
Der Priester problematisiert zugleich Probleme der Kirche des Kongo, die er mit deren „stark hierarchischer“ Struktur in Zusammenhang bringt. Etwa gebe es noch wenig Entscheidungsspielraum für Frauen. Auch in Afrika forderten Frauen einen Wandel, sie erwarteten, „dass sich etwas ändert, dass sich Räume öffnen für Diskussionen, für Gespräche, für ein Überdenken der Art von Gemeinschaften, die wir als katholische Kirche in Afrika aufbauen wollen: authentisch afrikanisch, authentisch katholisch.“
Wahrheit - die Dinge richtig stellen
In starren kirchlichen Machtverhältnissen sieht Murhula die Gefahr von Machtmissbräuchen; immerhin befassten sich auch in Afrika inzwischen Theologen mit spirituellem und sexuellem Missbrauch, der ansonsten immer noch kaum thematisiert werde. Über Sexualität zu sprechen werde angesichts von anderen Problemen in Afrika allgemein aber als „Luxusthema“ gewertet.
Als dringlichste Botschaft des Papstes an das Land sieht der Direktor des Bildungszentrums „Centre Arrupe“ von Lubumbashi „Wahrheit“ und klare Worte an die Mächtigen im Kongo und in ganz Afrika. Es seien weniger die einfachen Leute, sondern Politiker, „die ihre Herkunft, ihre Gemeinschaften, ethnische Gemeinschaften instrumentalisieren, um einfach nur Zugang zu dieser Macht, zu diesem Reichtum und zu so vielen anderen Dingen zu bekommen“, kritisiert Pater Murhula:
„Ich glaube, was wir jetzt in Afrika am dringendsten brauchen, ist, die Dinge richtig zu stellen und die Wahrheit zu sagen. Und diese Wahrheit muss den Politikern gesagt werden, die alles relativieren wollen.“
(vatican news – pr)
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