Syrien: Internationale Hilfe kommt nicht in Aleppo an
Die Bewohner der Stadt, die vom Krieg und von der Naturkatastrophe zerstörten ist, verzweifelt. Für sie fehle jegliche Überlebens- und Zukunftsperspektive, sagt Wedan. Die letzten drei Wochen hatte er für „Jugend Eine Welt“ in Syrien verbracht. Dort begleitete er die Hilfsmaßnahmen seiner Organisation. Jetzt ist er nach Österreich zurückgekehrt. In der ganzen Zeit habe Wedan „keinen einzigen Hilfskonvoi“ gesehen. Berichten zufolge warteten in der Türkei viele Hilfs-LKWs, diesen drohe jedoch sofort die Plünderung, wenn sie über die Grenze führen, da die Not so groß sei. Hilfen aus Europa seien in Damaskus am Flughafen konfisziert worden und die Auslieferung verzögere sich. Nachdem Israel in der Nacht auf Dienstag einen Luftangriff auf den Flughafen der Stadt gestartet und den Flugverkehr damit lahmgelegt habe, sei auch die Luftbrücke wieder geschlossen. Überhaupt keine Hilfe gebe es derzeit im Ostteil Aleppos, der früher lange Zeit nicht unter Regierungskontrolle war.
Der Bedarf an Hilfs- und Basisgütern sei „enorm“. Preise für Treibstoffe und Gas seien „astronomisch“, Strom gebe es nur für wenige Stunden pro Tag, Medikamente seien „kaum erhältlich“ und Krankenhäuser größtenteils nicht in Betrieb. Selbst die Kosten für Lebensmittel hätten sich in den vier Wochen seit dem Erdbeben teilweise verzehnfacht. Das könnten sich viele Menschen nicht leisten. Weil sie keine Alternative haben, trinken viele kontaminiertes Wasser. Das hat dazu geführt, dass in der Stadt bisher 600 Fälle von Cholera bestätigt wurden. „Es ist schon abzusehen, dass Seuchen die nächste Katastrophe sein werden", warnt Wedan, der auch Experte für Wasserwirtschaft ist.
Kirchen kümmern sich um Obdachlose
Lob und Anerkennung bringt er den Kirchen in Aleppo entgegen. Sie kümmerten sich besonders um die Menschen, die seit dem Erdbeben obdachlos seien. Die Franziskaner, die Don Bosco Schwestern wie auch die Salesianer Don Boscos hätten in ihren Einrichtungen jeweils zwischen mehreren hundert bis über tausend Personen ungeachtet ihres Glaubens aufgenommen. "In allen Räumen werden nachts Matratzen dicht aneinander ausgelegt, jeder Quadratmeter wird genutzt", sagt Wedan. Freiwillige aus Aleppo unterstützen die Ordensleute dabei, die Unterkünfte zu organisieren und zu versorgen. Nahrungsmittel, Decken und Medikamenten vor Ort finanzierten Spenden aus Europa. Doch auch hier würden die Hilfsgüter angesichts der großen Nachfrage knapp.
Am 5. Februar hatte ein Erdbeben Aleppo sowie weitere Teile Syriens und der Türkei erschüttert, es folgten noch insgesamt 9.000 Nachbeben. Diese Naturkatastrophe habe die Stadtbevölkerung schwer traumatisiert und ihnen jede Perspektive genommen, sagt der Katastrophenexperte. Die Häuser der Altstadt, in der auch die christliche Minderheit gewohnt habe, seien irreparabel. "Schon vorher war die Lage in der Stadt aufgrund des langen Krieges verzweifelt. Jetzt durch das Beben wurden die Menschen mit dem Verlust ihrer Wohnungen auch noch um die letzte noch verbleibende Hoffnung gebracht", erklärt Wedan.
(kap – fg)
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