Pakistan: Bischof beklagt Gewalt gegen Christen
Shaw leitet die Erzdiözese Lahore in der Provinz Punjab im Osten Pakistans. In der Region war es am 16. August zu schweren Übergriffen auf Christen gekommen. Auslöser waren Gerüchte, wonach zwei Christen den Koran entehrt hätten. Bei den Ausschreitungen wurden nach Angaben der Projektpartner von „Kirche in Not“ hunderte von Wohnhäusern, über 20 Kirchen verschiedener Konfessionen und ein christlicher Friedhof zerstört.
Personen kamen bei den Ausschreitungen glücklicherweise nicht zu Schaden. Berichten zufolge hatten muslimische Nachbarn christliche Bewohner vorgewarnt, so dass sie sich auf dem Land in Sicherheit bringen konnten. Dort mussten sie einige Nächte unter freiem Himmel kampieren. Bei der Rückkehr fanden sie ihre Häuser verwüstet vor.
„Am Tag nach den Ausschreitungen hatten wir in Lahore eine Pressekonferenz mit einigen muslimischen Gelehrten“, berichtete Erzbischof Shaw, der bis vor Kurzem Kommissionsvorsitzender der Pakistanischen Bischofskonferenz für den interreligiösen Dialog war. „Ich zeigte einem der muslimischen Geistlichen Bilder von den Kindern, die auf den Feldern schlafen mussten, und fragte ihn: ,Wir Christen sind nur zwei Prozent der Bürger Pakistans, ihr seid 97 Prozent. Warum tun eure Leute uns das an?’“
Der muslimische Vertreter sei von den Vorfällen sehr berührt gewesen und habe bei einer Pressekonferenz öffentlich für die Gewaltexzesse um Entschuldigung gebeten. Eine muslimische Gruppe habe für die christlichen Kinder, deren Schulsachen bei den Unruhen verbrannt wurden, Schulbücher gespendet. Das seien wichtige Zeichen, auch gegenüber extremistischen Muslimen.
Solidarität der Muslime wirkt sich auch auf Regierung aus
Nach den jüngsten Ausschreitungen seien zwar zahlreiche mutmaßliche Täter verhaftet worden, vor allem Mitglieder der dschihadistischen Partei „Tehreek-e-Labbaik Pakistan“ (TLP). Doch die pakistanischen Behörden täten sich häufig schwer, diese Extremisten zu bestrafen, da sie Unruhen in anderen Landesteilen fürchteten, sagte Shaw: „Traditionell versuchen sie, eine Versöhnung zwischen den Christen und den Angreifern zu erzwingen, und das werden sie vielleicht auch dieses Mal vorschlagen.“
Umso wichtiger sei es, dass sich jetzt muslimische Religionsvertreter mit den Christen soldarisierten und die Verfolgung religiöser Minderheiten in Pakistan anprangerten. Das sei die Frucht eines jahrelangen interreligiösen Dialogs, der anfangs auf viel Ablehnung gestoßen sei. „Nach mehreren Jahren haben viele muslimische Gesprächspartner nun ein Verständnis dafür, was wir tun und was wir gemeinsam erreichen können.“
Interreligiöser Dialog trägt Früchte
Als eine weitere Reaktion auf die jüngste Eskalation hätten islamische Geistliche eine nationale interreligiöse Konferenz in der Hauptstadt Islamabad geplant, berichtete Erzbischof Shaw: „Auf diese Weise nehmen sie auch Einfluss auf die Regierung, damit diese sich mehr für den Dialog und eine bessere Gesellschaft in Pakistan einsetzt.“
„Kirche in Not“ unterstützt den Dialog zwischen Christen und Muslimen in Pakistan. Ein Beispiel ist das „Friedenszentrum“ in Lahore, in dem zahlreiche Begegnungen und Schulungen stattfinden. In diesem Jahr hat „Kirche in Not“ unter anderem ein interreligiöses Fußballturnier unterstützt, das von den Salesianern Don Boscos in Khushpur organisiert wurde. Nach den Ausschreitungen in Jaranwala hat „Kirche in Not“ ein Hilfsprogramm gestartet, um die betroffenen Christen beim Wiederaufbau zu unterstützen und mit notwendigen Gütern zu versorgen.
(pm – mg)
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