Frankreich: Enttäuschte Bischöfe
Mario Galgano – Vatikanstadt
Erst vor Kurzem wurde in der französischen Verfassung das Recht auf Abtreibung festgeschrieben. Jetzt soll auch Sterbehilfe möglich werden, kündigte Macron an. Bischof Rougé sagte darauf im französischen Fernsehen:
„Das ist eine sehr unangenehme Überraschung, denn als der Präsident der Republik vor kurzem die Verantwortlichen der Religionen und auch Ärzte und Personen, die sich für dieses Thema engagieren, zusammenbrachte, kündigte er ein großes Gesetz zur Förderung der Palliativmedizin an, in das er eine Bestimmung einführen wollte, um auf unlösbare Situationen zu reagieren.“
Es werde im Übrigen mit Worten „unsauber hantiert“, moniert der Bischof. Macron spreche von „Sterbehilfe“ und das klinge nach einer „harmlosen, ja süßen Dienstleistung“:
„Aber in Wirklichkeit kann auch der Präsident der Republik, indem er diese Bestimmungen hinter einem etwas schwammigen und etwas weichen Wort ausdrückt, nicht verbergen, was im Übrigen schon jetzt von den Ärzte- und Pflegeverbänden festgestellt wird: Dieser Gesetzentwurf ebnet den Weg zur Einführung der Euthanasie oder klarer ausgedrückt des assistierten Suizids. Und in gewisser Weise würden wir, wenn wir ,Hilfe beim Sterben' sagen, untertreiben; wir würden die Menschen an der Nase herumführen.“
Deshalb sei die Haltung der Bischöfe klar: Sterbehilfe ist keine Lösung und verwerflich. Vielmehr müsste man schwerkranke Menschen, die im Sterben liegen, besser betreuen, fordert Bischof Matthieu Rougé von Nanterre:
„Heute besteht der wahre Fortschritt, mit dem der Präsident zweifellos in die Geschichte eingehen würde, darin, die Palliativmedizin massiv zu fördern, obwohl ein Viertel der französischen Departements nicht über eine solche Versorgung verfügt. Man müsste stärker auf die Palliativpflege setzen und deren Bedeutung hervorheben.“
Ein „Gesetz der Geschwisterlichkeit“?
Präsident Macron hob in seiner Gesetzesankündigung hervor, dass es sich um ein „Gesetz der Geschwisterlichkeit“ handeln würde, da es eine Linderung für Patienten wäre, deren „Lebensprognose kurz- und mittelfristig gefährdet ist“. Das sieht Bischof Rougé anders:
„Wenn man einen Menschen am Lebensende begleitet, geschehen entscheidende Dinge im gegenseitigen Dialog, in den letzten Momenten, in den letzten Stunden. Und man kann nicht von Geschwisterlichkeit sprechen, wenn man auf das Leiden mit dem Tod antwortet. Und so gibt es hier einen Gebrauch der Begriffe, der nicht akzeptabel ist.“
Noch ist nichts entschieden. Präsident Macron will zwar den Gesetzesenwurf zu aktiver Sterbehilfe, das kündigte er in einem Interview mit den Zeitungen „Libération“ und „La Croix“ an. Doch der Weg ist noch lang. Die Regierung werde bis April einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen, der dann ab Mai im Parlament diskutiert werden soll. Vorangegangen war ein langer Prozess mit Bürgerbeteiligung. Ein einberufener Bürgerkonvent hatte sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, den Weg zu aktiver Sterbehilfe zu ebnen. Auch Frankreichs Ethikrat erklärte eine ethische Anwendung aktiver Sterbehilfe unter bestimmten strengen Voraussetzungen für denkbar. Über 70 Prozent der Franzosen haben auf diese Änderung gewartet.
Bislang ist in Frankreich die aktive Sterbehilfe verboten, also einem Menschen ein tödlich wirkendes Mittel zu verabreichen. Passive Sterbehilfe durch das Abschalten von Apparaten und indirekte Sterbehilfe, bei der starke Medikamente Schmerzen lindern und als Nebenwirkung das Sterben beschleunigen, ist zulässig.
(vatican news)
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