Katholische Kirche in Haiti: Politik muss endlich Lösung finden
Jean-Benoît Harel und Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Die Bischofskommission hat für das Jahr 2023 einen Bericht über die Gewalttaten im Land erstellt, laut dem im Vorjahr mindestens 1.076 Menschen durch Gewalt ums Leben kamen, die meisten von ihnen wurden erschossen. In Folge der Gewalt seien aber noch viel mehr Menschen gestorben; die Kommission habe einfach nicht alle Fälle erfassen können. Seit dem 7. Februar dieses Jahres hat die Gewalt auch in der Hauptstadt Port-au-Prince und in einigen umliegenden Gemeinden erneut zugenommen. Sie gipfelte dann in Angriffen auf Gefängnisse, bei denen weitere Menschen starben; außerdem entkamen Tausende Häftlinge. Ähnliche Vorfälle gab es auch schon 2023, berichtet Jocelyne Colas. Auch die katholische Kirche ist immer unter den Opfern der Bandengewalt.
„Auch die Kirche ist mehrfach betroffen, zum Beispiel durch Entführungen. Im Januar wurden sechs Ordensleute entführt und in der Vorwoche fünf. Und bisher haben wir keine Informationen zu ihrem Verbleib. Vorgestern wurde ein Gemeindepfarrer entührt, er wurde ein paar Stunden später wieder freigelassen, aber zu den anderen Entführten wissen wir bisher nichts. Es ist eine Tatsache, dass diese Banden alle und jeden angreifen, fast alle Institutionen sind direkt oder indirekt betroffen. Es ist auch nicht das erste Mal, das Ordensleute oder Pfarrer entführt werden, aber man kann trotzdem nicht sagen, dass sich die Gewalt besonders gegen die katholische Kirche richtet."
Haiti steckt seit Jahren in einer schweren Krise, zu der neben Bandengewalt auch politische Instabilität und wirtschaftliche Not beitragen. Allein im Januar 2024 wurden nach UN-Angaben in Haiti mehr als 1.100 Menschen getötet, verletzt oder entführt. Die bewaffneten Banden schränken auch die Arbeit der Kommission Justitia et Pax stark ein. Sich frei zu bewegen, sei unmöglich, berichtet Colas. Man gehe nur noch sehr selten ins Büro, aus Angst, entführt oder sonst irgendwie Opfer von Gewalt zu werden. Schon in den vergangenen Jahren mussten zudem einige andere Kirchen-Einrichtungen, wie etwa katholische Schulen, komplett schließen. Die Politik wolle jedoch nicht handeln:
„Die Krise Haitis ist politisch gewollt. Wir haben den Eindruck, dass die Machthaber sich der bewaffneten Gruppen bedienen, damit sie an der Macht bleiben können. Und trotz aller Stimmen, die sich erheben, sogar der Stimme der Kirche, die die Behörden auffordern, Verantwortung für die zahlreichen Übergriffe der bewaffneten Gruppen zu übernehmen, tun sie nichts. Sie lassen einfach alles laufen", beklagt Colas im Interview mit Radio Vatikan.
Sie vermutet, dass Bischof Pierre André Dumas, Bischof der Diözese Anse-à-Veau e Miragoâne, der im Februar bei einer Explosion in der Hauptstadt Port-au-Prince verletzt worden war, ins Visir geraten ist, weil er die Politik zum Handeln aufgefordert hatte:
„Man weiß nicht genau, wer dieses Attentat begangen hat, aber es ist klar, dass der Bischof eine Stimme auf der Ebene der katholischen Kirche in Haiti war, die die Behörden und die verschiedenen politischen Akteure gebeten hat, sich zusammenzusetzen, einen Dialog zu führen, um eine Lösung für die politische Krise zu finden. Er hat mehrmals öffentlich und privat gesprochen. Es scheint also, dass das mit seinem Engagement zusammenhängt, mit seiner Forderung nach echtem Dialog und viel mehr Engagement auf der Ebene der staatlichen Behörden und anderer gesellschaftlicher Akteure, um die Krise, in der sich das Land befindet, zu beenden."
(vatican news/diverse)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.