Heiliges Land: Überlebenskampf in Gaza
„Wir wollen nur überleben, es ist uns egal, was außerhalb des Gazastreifens passiert. Wir haben kein Essen, keine Medizin, kein Zuhause, keine Arbeit. Sie haben uns auch unsere Zukunft genommen“, fasst der italienische Nachrichtendienst Sir Stimmen aus dem Gazastreifen zusammen. Die größte Sorge bereite den Menschen das Überleben und ein möglicher Einmarsch der Israelis in Rafah.
Die Spannungen zwischen Israel und dem Iran und die mögliche Ausweitung des Nahostkonfliktes beunruhige die Menschen zwar, berichtet die ägyptische Ordensschwester Nabila Saleh, die bis vor wenigen Tagen noch in der katholischen Pfarrei von Gaza wirkte. Die größte Sorge der Menschen aber sei „das Überleben des Krieges“, berichtet sie weiter. Die Bombardierungen, der Mangel an Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten belasteten die erschöpfte Bevölkerung.
Zukunft ist ungewiss
Über den Roten Halbmond sei in der Pfarrei immerhin eine Hilfslieferung aus Kuwait eingetroffen: „Sie haben Pakete mit Mehl geliefert, so dass die Bäckerei die Brotproduktion wieder aufnehmen kann.“ Die katholische Schule mit ehemals 1.300 hauptsächlich muslimischen Lernenden, wo sie selbst als Direktorin wirkte, existiere nicht mehr: „Sie wurde bombardiert und zerstört. Wir hoffen, dass wir sie wieder aufbauen können, aber wie und wann? Es wird Jahre dauern, bis Gaza wieder auf die Beine kommt“, so die Ordensfrau, die einen Exodus auch der Christen befürchtet: „Und Gott weiß, wie wichtig ihre Präsenz in diesem Landstrich ist.“
Laut Angaben von Unicef wird aufgrund des Krieges in Gaza alle zehn Minuten ein Kind getötet oder verletzt, in sechs Kriegsmonaten seien 14.000 Kinder getötet worden, täglich gebe es bis zu 70 minderjährige Verletzte. 84 Prozent der Gesundheitseinrichtungen und 62 Prozent der Häuser im Gazastreifen seien beschädigt oder zerstört, 57 Prozent der Wasserinfrastruktur unbrauchbar gemacht worden. Auch die Müllproblematik nimmt laut Angaben der UNO zu, was zusätzlich schwere gesundheitliche Auswirkungen haben kann. Insgesamt gab es im Gazastreifen bis zu 34.000 Toten.
Angst vor Angriff auf Rafah
„Was alle fürchten, ist eine Invasion in Rafah“, berichtet der Krankenpfleger Rashid (fiktiver Name, Anm. d. Red.), der bis zuletzt noch in einem Krankenhaus im südlichen Gazastreifen gearbeitet hat. „Bombardierungen und Angriffe dauern an, ein Gebäude nach dem anderen stürzt ein, die Familien sind gezwungen, im Freien, in Trümmern oder behelfsmäßigen Unterkünften Schutz zu suchen. Krankenhäuser sind nicht in der Lage, die Kranken und Verletzten ausreichend zu versorgen, da es an allem mangelt, Verbandsmaterial, Spritzen, Medikamente“, berichtet der Mann. „Viele Ärzte und Spezialisten haben den Gazastreifen in Richtung Ägypten verlassen.“
Das Einzige, was die Menschen im Kriegsgebiet derzeit wollten, sei „am Leben zu bleiben“ und eine Zukunft: „Wir wollen, dass unsere Kinder wieder zur Schule gehen können, dass sie behandelt werden können, dass unsere älteren Menschen sicher leben können. Wir brauchen viel Hilfe, auch psychologische Hilfe, für unsere Kinder, um mit etwas Hoffnung nach vorne zu schauen. Wir haben nichts mehr, kein Zuhause, keine Arbeit, keine Betreuung, keine Schule, nichts, sie haben uns auch unsere Zukunft genommen“.
Für ein Ende der Feindseligkeiten
Der Nahe Osten steht „am Rande eines umfassenden regionalen Konflikts“, urteilt UN-Generalsekretär Antonio Guterres. „Ein Ende der Feindseligkeiten im Gazastreifen würde die Spannungen in der gesamten Region erheblich entschärfen“, zeigte er sich vor dem Sicherheitsrat überzeugt und bezeichnete die Lage im Kriegsgebiet als „humanitäre Hölle“.
Papst Franziskus hat mit Blick auf den Konflikt mehrfach zu einem Waffenstillstand, zur Freilassung aller Geiseln und zu Verhandlungen aufgerufen. Es brauche eine Zweistaatenlösung und vereinte Bemühungen aller Staaten um Frieden.
(sir – pr)
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