Indien: Sondersynode soll Liturgiestreit lösen
Das höchste Entscheidungsgremium, dem die Bischöfe aller 35 syro-malabarischen Diözesen angehören, soll am 14. Juni in Form einer Online-Videokonferenz tagen. 31 Diözesen der Kirche liegen in Indien, vier weitere in den USA, Kanada, Australien und Großbritannien.
Die Versammlung werde sich ausschließlich mit „Fragen im Zusammenhang mit der Einführung der einheitlichen Heiligen Messe in der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly“ befassen, teilte die Syro-Malabarische Kirche mit. Diese Erzdiözese ist seit einiger Zeit zentraler Schauplatz heftiger und teils gewalttätiger Proteste. Sie richten sich gegen einige von der Synode beschlossenen Punkte zur Vereinheitlichung der Feier der „Heiligen Qurbana“, also des Gottesdienstes im syro-malabarischen Ritus. Vor allem geht es um die Frage, ob der Priester die Eucharistie mit dem Gesicht zur Gemeinde zelebrieren soll oder dem Altar zugewandt.
Zweitgrößte katholische Kirche „eigenen Rechts“ weltweit
Die Syro-Malabaren bilden nach den ukrainisch-griechisch-katholischen Gläubigen die zweitgrößte katholische Kirche „eigenen Rechts“ weltweit. Der 68-jährige Großerzbischof Thattil ist seit Jahresbeginn Großerzbischof. Ende Mai zeigte er sich in einem Interview zuversichtlich, dass der Streit um die Liturgie gütlich beigelegt werden kann. Zudem werde der Konflikt größer gemacht, als er tatsächlich sei, meinte Thattil. Die Kirche habe 35 Diözesen, und nur in einer einzigen gebe es Streit.
Mit der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly handelt es sich dabei allerdings um die größte syro-malabarische Diözese im Bundesstaat Kerala im Südwesten Indiens, dem Ursprungsgebiet der Ostkirche. Nach Schätzungen leben dort rund zehn Prozent der weltweit rund fünf Millionen Gläubigen der Kirche.
Deutliche Worte des Papstes
Der lange schwelende Konflikt um die Liturgie verschärfte sich ab Mitte 2021 erneut, nachdem die Synode der Kirche einen auch vom Vatikan gebilligten Kompromiss gebilligt hatte, wonach der Priester bis zum Hochgebet mit dem Gesicht zur Gemeinde am Altar steht, sich dann umdreht und sich erst zum Ende des Gottesdienstes wieder der Gemeinde zuwendet. Allerdings lehnen zahlreiche Priester und Laien in der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly dies ab und bestehen darauf, dass die Priester alle Teile der Liturgie mit dem Gesicht zur Gemeinde feiern.
Papst Franziskus hat sich in der Angelegenheit mit deutlichen Worten zu Wort gemeldet. Er rief zur Annahme des von der Synode beschlossenen Kompromisses auf und mahnte zur kirchlichen Einheit.
Thomaschristen mit stolzer Tradition
Die syro-malabarische Kirche ist die größte der heutigen Kirchen und Gemeinschaften der sogenannten Thomaschristen. Diese sollen im 1. Jahrhundert durch den Apostel Thomas auf seinen Missionsreisen gegründet worden sein. Durch Verbindungen zur Assyrischen Kirche des Ostens feiert sie ihre Liturgie im ostsyrischen Ritus.
Im Zuge der portugiesischen Kolonialisierung wurden die Thomaschristen zur Übernahme westlicher Formen und Hierarchien gezwungen und zerbrachen in mehrere Kirchen. Bereits jetzt gibt es zwei katholische Kirchen der Thomaschristen: Neben den Syro-Malabaren besteht die kleinere syro-malankarische Kirche, die ihre Liturgie im westsyrischen Ritus feiert.
(kna – sk)
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