Mexiko: Priester sollen Staatskundekurs besuchen
Das mexikanische Innenministerium hat Priester aufgefordert, an Kursen zur Förderung „bürgerlicher Werte“ teilzunehmen. Die Initiative folgt auf den Wahlsieg der regierenden Morena-Partei. Julio César Hernández Martínez, Generaldirektor für demokratische Kultur und bürgerliche Entwicklung, betonte, wie wichtig es sei, nationale Symbole zu fördern und ein Zugehörigkeitsgefühl zu stärken. In einem dazu veröffentlichten Brief hieß es: „Wir sind überzeugt von der Bedeutung der Stärkung unserer bürgerlichen Werte, um die Grundlagen für die Veränderungen zu legen, die die Kontinuität dieser Transformation des öffentlichen Lebens in Mexiko mit sich bringt.“
Reaktionen der Bischöfe und Priester
Die mexikanische Bischofskonferenz empfahl den Bischöfen und Priestern, eine respektvolle, aber unabhängige Beziehung zu den zivilen Behörden aufrechtzuerhalten und die Trennung von Kirche und Staat zu wahren. In einem Schreiben vom 29. Juni riet die Bischofskonferenz, keine Kontaktdaten von Priestern für den Kurs weiterzugeben, ließ aber den Priestern die Entscheidung zur Teilnahme offen.
Ein anonymer Priester äußerte sich skeptisch zur Notwendigkeit des Kurses: „Es ist seltsam, weil wir die Flagge ohnehin lieben,“ sagte er und verwies auf die historische Rolle der Kirche in der mexikanischen Unabhängigkeitsbewegung. So sei es ja auch ein Priester gewesen, „der die Unabhängigkeitsbewegung startete“. Gemeint ist Pater Miguel Hidalgo, eine zentrale Figur im mexikanischen Unabhängigkeitskrieg von 1810. Der anonyme Priester betonte auch, dass nationale Symbole seitens der mexikanischen Kirchenvertreter ohnehin ausreichend respektiert würden.
Bischofskonferenz besorgt über Zustand der Demokratie
Die Einladung zur Teilnahme am neuen „Staatskunde-Kurs“ stellt die Bischöfe vor Herausforderungen. Der derweil noch amtierende mexikanische Staatspräsident Andrés Manuel López Obrador identifiziert sich als Christ und spricht regelmäßig von Moral und Werten, zitiert Papst Franziskus und die Bibel. Kritiker werfen ihm jedoch vor, politische Gegner zu diffamieren und Verbündete trotz Korruptionsvorwürfen zu unterstützen.
Die mexikanische Bischofskonferenz gratulierte der neu gewählten Staatspräsidentin Claudia Sheinbaum nach ihrem Wahlsieg und betonte die Notwendigkeit der Einheit in einem polarisierten Land: Es sei an der Zeit, in Mexiko die „landesweite soziale Versöhnung" anzutreiben. Sheinbaum wird ihr Amt am 1. Oktober antreten.
Die Bischöfe zeigten sich besorgt über mögliche Verfassungsänderungen, die die Machtverhältnisse zugunsten der Regierung verschieben könnten. Diese derzeit noch anstehenden Verfassungsreformen wurden vom scheidenden Präsidenten López Obrador initiiert. Die Bischofskonferenz äußerte anlässlich dieser anstehenden Maßnahmen Bedenken über eine mögliche Beeinträchtigung der Unabhängigkeit von Gerichten oder Nichtregierungsorganisationen. Vielmehr solle man in die mexikanische Demokratie investieren sowie Inklusion und Partizipation in einem friedlichen Umfeld fördern, wie es Mexiko seit Jahrzehnten genossen habe.
(ucanews – rp)
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