Kardinal Pizzaballa, der Patriarch von Jerusalem, bei einem Besuch in Gaza Kardinal Pizzaballa, der Patriarch von Jerusalem, bei einem Besuch in Gaza 

Kardinal in Jerusalem: „Aussichten für Waffenruhe hoffnungsvoll"

Der Lateinische Patriarch von Jerusalem sieht gute Chancen für einen Waffenstillstand in Gaza, der derzeit in Gesprächen in Doha und Kairo vereinbart werden soll. Es gebe aber auch viele Schwierigkeiten und Widersacher, erklärte Kardinal Pierbattista Pizzaballa im Interview mit den Vatikanmedien.

„Ich glaube, dass im Moment die besten Voraussetzungen für eine Einigung gegeben sind“, so der Patriarch. „Natürlich wird es immer Gegner geben, es gibt viele Hindernisse, aber ich denke, die Bedingungen sind gereift, um diese Phase des Krieges endlich zu beenden und damit auch eine Eskalation, eine Ausweitung des Konflikts mit dem direkten Eingreifen des Iran und die Ausweitung des Krieges auch im Libanon zu vermeiden.“ Pizzaballa verwies auf „beeindruckende Bemühungen“ von Seiten der Vermittler und der USA, um zu einer Waffenruhe zu gelangen. In Doha fanden bis Freitag Verhandlungen über den Abschluss eines Waffenstillstands im Gazastreifen und die Freilassung der dort festgehaltenen israelischen Geiseln statt, die nächste Woche in Kairo fortgesetzt werden sollen. Federführend sind die USA, Ägypten und Katar.

Trotz allem viel Solidarität

Unterdessen hält der Beschuss in Gaza an. Israel reagiert nach wie vor mit massiven Kriegshandlungen auf die konzertierte Attacke der Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober, bei der 1.200 Israelis mit extremer Brutalität getötet wurden. Nach Angaben der Hamas wurde am 15. August die Zahl von 40.000 getöteten Palästinensern in Gaza überschritten. „Unsere kleine Gemeinde im Norden des Gazastreifens, in Gaza-Stadt, versucht, in dieser Situation so gut und so gelassen wie möglich zu leben, egal wie schwierig sie ist“, sagte Pizzaballa. Katholische und andere christliche Organisationen lieferten Hilfsgüter, zuletzt habe die Mennonitische Kirche mehr als tausend Pakete geschickt. „Es ist sehr schön zu sehen, dass es in dieser sehr ernsten und tragischen Situation auch so viel Solidarität gibt“, so der Kardinal.

Konfliktherd, aber weniger im Blick: das Westjordanland

Indessen wird auch die Lage im Westjordanland alarmierender. Vor wenigen Tagen sei es zu einem Pogrom einiger Siedler gegen ein palästinensisches Dorf mit einem Toten und großen Schäden gekommen. Kein Einzelfall, sagte Patriarch Pizzaballa, der auf „Spannungen, ständige Zusammenstöße zwischen Siedlern und Palästinensern, sogar mit der Präsenz der israelischen Streitkräfte“ verwies. Das Leben der palästinensischen Bevölkerung werde dadurch immer komplizierter und schwieriger machen.

„Es besteht die Gefahr einer Explosion, und deshalb muss zunächst viel für einen Waffenstillstand im Gazastreifen und dann auch für die Wiederherstellung der Ordnung, der Sicherheit und des normalen Lebens - soweit man von normalem Leben sprechen kann - im gesamten Westjordanland getan werden“, so der Kardinal. Die Entwicklung im Westjordanland sei „ein greifbares, konkretes Beispiel dafür, wie Hass, Ressentiments und Verachtung zu immer extremeren und immer schwerer einzudämmenden Formen der Gewalt geführt haben“. Der Hintergrund dieser Gewalt sei auch religiös. „Deshalb müssen wir nicht nur politisch, sondern auch religiös hart daran arbeiten, dass diese Unruhestifter, diese Extremisten, ins Abseits gedrängt werden, dass sie isoliert werden und dass sie nicht mehr so viel Kraft haben wie jetzt“, so der Kardinal.

 

(vatican news – gs)

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17. August 2024, 12:06